1 Der Name der Stadt
1428: Brodcza, Brodca (CDMP 5, Nr. 483). – 1451: Brodza. – 1452: Broczcze (Org.). – 1469: Rostoycze. – 1459: Grodzisk. – 1493: Brodcze alias Rosthocze antiquum. – 1501: Grodcza. – 1519: Brozycze. – 1563: Broycza. – 1793: Brätz, Broice. – 1818: Brätz, Broyce, Bracsj. – 1871: Bräz, Brätz. – 1939: Brätz.
1946, 2020: Brójce.
2 Die Lage der Stadt in der Landschaft
a Naturräumliche Lage
An der Faulen Obra (Gniła Obra) in einem breiten urstromartigen Talzug. Höhe: 67 m.
b Verkehrslage
An der 1859/60 zur Chaussee ausgebauten Str. von Schwiebus (Świebodzin) nach Tirschtiegel (Trzciel).
Kein Eisenbahnanschluss, noch 1910 der nächste Bhf. 7,2 km entfernt in Dürlettel (Lutol Suchy).
Heute liegt B. an der Nationalstr. (DK) 92 von Reppen (Rzepin) nach Kałuszyn.
3 Der Ursprung der Ortschaft
b Ortsgeschichte bis zur Stadtentstehung
Gründung aus wilder Wurzel im Wald „Bridcza“. 150 m ö des Obra-Kanals befindet sich ein undatierter Burgwall.
4 Stadtentstehung und Stadtherrschaft
b Ortsherr und „Gründer“ der Stadt
1428 erteilte der poln. Kg. dem Starosten von Bomst (Babimost) das Recht, im Wald „Bridcza“ eine Stadt zu Magdeburger Recht mit 20 Freijahren zu gründen. B. jedoch 1458 noch nicht unter den Städten gen. Das Privileg 1603 vom poln. Kg. bestätigt.
Unmittelbare Stadt unter dem Starosten von Bomst als Stellvertreter des Kg. – 1793: Starosteiliche Stadt.c Rechtsbezeichnungen der Stadt
1793, 1818, 1939: Stadt.
1946, 2020: Dorf.
5 Die Stadt als Siedlung
a Topografische Entwicklung
Eine Str. um einen geräumigen, zentral gelegenen Marktplatz; nur Ansätze von Nebenstr. 1793 offene Stadt ohne Mauern mit schlecht gepflasterten Str. Rathaus 1793 vorh.
1793: 160 H; 41 Scheunen (1 massives H, 1 wüstes H, 3 H mit Ziegel- und 157 mit Strohdach). – 1840: 205 H. – 1849: 207 Wohngeb.; 25 Fabrikgeb., Mühlen und Privatmagazine; 277 Ställe, Scheunen und Schuppen. – 1871: 212 Wohngeb. – 1885: 215 Wohngeb.; 395 Haushltg. – 1905: 213 Wohngeb. – 1925: 215 Wohngeb.; 348 Haushltg. – 1939: 340 Haushltg.
1988: 268 Wohnungen, davon 161 in Geb. vor 1918, 80 in Geb. von 1918-44, 1 in Geb. von 1945-70, 6 in Geb. von 1971-78 und 20 in Geb. von 1979-88; 91,4 % aller Wohnungen mit Anschluss an die Wasserversorgung, 49,6 % mit WC, 53,6 % mit Bad, 37,9 % mit Warmwasser und 23,9 % mit Zentralheizung. – 2002: 202 Wohngeb.; 293 Wohnungen, davon 166 in Geb. vor 1918, 84 in Geb. von 1918-44, 1 in Geb. von 1945-70, 5 in Geb. von 1971-78, 17 in Geb. von 1979-88 und 20 (mit im Bau befindl.) in Geb. von 1989-2002; 97,6 % aller Wohnungen mit Anschluss an die Wasserversorgung, 79,5 % mit WC, 78,2 % mit Bad, 66,2 % mit Warmwasser.b Markante Gebäude
1807: Kath. und ev. Kirche bei einem Stadtbrand zerstört.
1808: Ev. Kirche als Fachwerkbau mit Emporen errichtet, 1902 durch einen massiven Neubau ersetzt.
1859/60: Kath. Kirche am Stadtrand als massiver Backsteinbau gebaut.c Brände und andere Zerstörungen
1657 und 1807: B. zu großen Teilen verbrannt.
6 Die städtische Bevölkerung und das Sozialgefüge
a Herkunft und Zahl der Bewohner
1793: 894 Ew. – 1800: 979 Ew. – 1816: 1176 Ew. – 1849: 1530 Ew. – 1871: 1657 Ew. – 1880: 1735 Ew. – 1890: 1625 Ew. – 1910: 1381 Ew. – 1925: 1196 Ew. – 1939: 1053 Ew.
1961: 1011 Ew. – 1988: 983 Ew. – 2002: 999 Ew. – 2011: 996 Ew.
Die ersten Siedler stammten vermutl. aus Schlesien.c Soziale, konfessionelle, Alters- und Geschlechtsstruktur sowie soziale Bewegungen
1793: 229 M, 222 F; 90 Söhne < 10 J., 76 Söhne > 10 J., 95 Töchter < 10 J., 79 Töchter > 10 J.; 14 Gesellen, 16 Lehrjungen; 15 männl. und 58 weibl. Domestiken. – Erwerbstätige mit Angehörigen ohne Hauptberuf 1939: 28,5 % (260 Pers.) Selbstständige, 17,5 % (160) mithelfende Familienangehörige, 8,8 % (80) Beamte und Angestellte, 45,2 % (413) Arbeiter.
1793: 798 Ev., 11 Kath., 85 Juden. – 1849: 1277 Ev., 70 Kath., 180 Juden. – 1871: 1401 Ev., 173 Kath., 2 sonst. Christen, 81 Juden. – 1885: 1425 Ev., 266 Kath., 46 Juden. – 1905: 1126 Ev., 258 Kath., 1 Jude. – 1925: 932 Ev., 256 Kath.
1849: 736 M, 791 F. – 1871: 786 M, 871 F; < 10 J.: 434. – 1885: 845 M, 892 F. – 1895: 756 M, 797 F; 19 einzeln lebende M und 45 einzeln lebende F mit eigener Hauswirtschaft. – 1925: 559 M, 637 F. – 1939: 509 M, 544 F; < 6 J.: 10,3 %, 6-13 J.: 12,3%, 14-64 J.: 65,1 %, ≥ 65 J.: 12,3 %.
1988: 484 M, 499 F; 0-19 J.: 30,8 %, 20-39 J.: 29,9 %, 40 59 J.: 22,3 %, ≥ 60 J.: 17 %. – 2002: 483 M, 516 F; 0 19 J.: 28,4 %, 20-39 J.: 29,3 %, 40-59 J.: 24,6 %, ≥ 60 J.: 17,7 %. – 2011: 489 M, 507 F; 21,3 % der Bev. im vorproduktiven, 62,7 % im produktiven und 16,1 % im postproduktiven Alter.d Bevölkerungsverzeichnisse
Ev. Kb von 1680-1874 in der Zentralstelle für Genealogie im StA Leipzig und als Kopie im FHL Utah, von 1902-45 im Diözesanarchiv Grünberg (Zielona Góra) und von 1933-38 im APP, ev. Kb-Duplikate von 1817-74 im BLHA und als Kopie im FHL Utah.
Kath. Kb von 1902-46 im Dözesanarchiv Grünberg, kath. Kb-Kopien von 1864-74 im BLHA, in der Zentralstelle für Genealogie im StA Leipzig und als Kopie im FHL Utah, kath. Kb-Duplikate von 1867-74 im APG und als Kopie im FHL Utah.
Standesamtsreg. von 1874-1944 lückenhaft im APG, von 1916-45 lückenhaft im StadtA Meseritz (Międzyrzecz) und von 1874-1944 lückenhaft im LAB.
Jüd. Standesreg. von 1817-47 lückenhaft im APG.
Jüd. Bevölkerungslisten von 1848-88 als Kopie im FHL Utah.
Wohnungsbuch für die Städte Schwiebus, Liebenau, Lagow und B. von 1929.
7 Sprache, Bräuche und Vereine
a Sprache und Mundart
Dt., ein dem Schlesischen ähnl. Dialekt.
Die Dokumente auf Latein und Polnisch mit dt. Übersetzung. – 1793: Alles Dt. und sprechen Dt. – 1905: 24 Polnischsprachige.c Vereine und politische Organisationen
1864: Männer-Turnverein gegr. – Vereine 1928: Deutscher Ostbund, Ev. Frauenhilfe, Ev. Jungmädchenverein, Ev. Verein junger Männer, Gartenbauverein, Gemischter Chor, Handwerker- und Gewerbeverein, Kath. Gesangverein, Landwirtschaftl. Verein, Männer-Gesang-Verein „Harmonie“, Männer-Turnverein, Reichsbund der Kriegsbeschädigten, Reiterverein, Schützengilde, Stahlhelm, Vaterländischer Frauenverein, Verein der Pferdebesitzer, Verein ehemal. Waffengefährten.
2007: Sportklub „Chrobry” B. gegr.
Die poln. Liste erhielt bei den Landtagswahlen 1928 und 1932 sowie bei den Reichstagswahlen 1930 je 1 Stimme.
8 Die Wirtschaft
a Wirtschaftliche Entwicklung
1428 erhielt der Stadtvogt das Recht, eine Wassermühle zu errichten, was jedoch nicht geschah. Außer dem 1438 verliehenen Jahrmarkt 1603 ein zweiter Jahrmarkt zu Reinigung Mariä (Feb. 2) verliehen, 1633 zwei weitere am Montag vor Johanni und am Montag vor dem Christfest. – 1793: Keine Wochenmärkte. – Im 16. Jh. für Tuche und Schuhe bekannt. 1649 gestattete der Kg. dem Magistrat, 6 weitere Schusterbänke zu errichten.
Seit der poln. Zeit Tuchmacherei (1816: 100 Tuchwebstühle und 25 Spinnmaschinen). Um 1820 Niedergang durch Schließung der russ. Grenze.
Zünftige Handwerksmeister 1793: 3 Bäcker, 1 Böttcher, 6 Fleischer, 2 Hufschmiede, 10 Kürschner, 1 Maurer, 7 Müller, 1 Schlosser, 20 Schuster, 2 Tischler, 2 Töpfer, 112 Tuchmacher, 1 Walkmüller, 2 Zimmerleute.
Nichtzünftig: 5 Branntweinbrenner, 1 Brauer, 1 Chirurg, 1 ev. Pfarrer, 1 Gastwirt, 1 Kaufmann, 1 Küster, 1 Nachtwächter, 1 Organist, 3 Weinschenker. – Damals 49 Bg. in der Braukommune, die Stadt besaß ein öfftl. Stadtbrauhaus.
Anfang des 19. Jh. war in B. wie in Betsche (Pszczew) eine weitverzweigte Verbrecherbande aktiv, ein Teil der Bev. lebte von Diebstahl und Hehlerei. Erst 1832 wurden die Gaunernester ausgehoben.
1838: 7 Bockwindmühlen; 61 Spinnmaschinen, 2440 Spindeln zu Streichgarn, 61 gewerbsweise gehende Webstühle in Wolle und Halbwolle.
4 Kaufleute mit offenen Läden (3 zu Gewürz- und Materialwaren, 1 zu sonstigen Waren), 3 Weinhändler; 16 Händler ohne kaufmänn. Rechte (12 Krämer mit Kurzwaren und Nadlerkram, 4 Viktualienhändler und Höker).
Bäcker (4 Meister/1 Gehilfe), Böttcher (3/1), Drechsler (1/0), Fleischer (10/4), Grobschmiede (2/0), Hut- und Filzmacher (2/1), Kürschner (5/1), Maurer (1/3), Putzmacher(innen) (2 für eigene Rechnung arbeitende Pers.), Riemer und Sattler (2/1), Schlosser (2/2), Schneider (8/3), Schuster und Altflicker (25/15), Schwarz- und Schönfärber (1/0), Seiler (2/1), Steinmetze (0/3), Tischler (9/7), Töpfer und Ofenfabrikanten (2/0), Zimmerleute (1/3).
14 Knechte und 46 Mägde in Landwirtschaft und Gewerbe.
1849: 30,8 % der Bev. berufstätig (77 % im Gewerbe, 13,2 % in Handel und Dienstleistungen, 9,8 % in der Landwirtschaft); im Gewerbe waren tätig: 11,6 % im Baugewerbe (Dachdeckerei 3 Pers., Maurerei 3, Schornsteinfegerei 2, Tiefbau 29, Zimmerei 5), 35 % im Bekleidungsgewerbe (Hut- und Putzmacherei 3, Kürschnerei 10, Schneiderei etc. 11, Schusterei 65, Weißnäherei 38), 0,25 % in der chem. Industrie (Pharmazie 1), 0,6 % in der Eisen-, Stahl- und Metallverarbeitung (Gold und Silber 2), 6,1 % in der Holz- und Schnitzstoffverarbeitung (Tischlerei 22), 0,8 % in Lederverarbeitung und Gummifabrikation (Lederverarbeitung 1, Sattlerei 2), 3,3 % in Maschinen- und Werkzeugbau, Feinmechanik, Optik (Maschinenbau etc. 5, Uhren 1, Wagenbau 6), 9,1 % in der Nahrungs- und Genussmittelproduktion (Bäckerei 8, Brauerei 2, Genussmittel 3, Müllerei 8, Schlachterei 12), 1,9 % in der Fabrikation von Steinen, Erden, Glas, Keramik (Steingut etc. 6), 31,4 % im Textilgewerbe (Seilerei 4, Spinnerei 57, Weberei 50, Zubereitung etc. 3).
Um 1860: Brauerei, Gemüsebau, Viehzucht. Insg. 7 Kram- und Viehmärkte. – 1890: Pferdemärkte, Stärkefab. – 1910: Brauerei, Kram-, Pferde- und Viehmärkte, Mühle, Stärkefab., Ziegelei. – 1920: 3 Mühlen, 1 Stärkefab., 1 Ziegelei. – Um 1939: Stärke- und Flockenfab. – 1939 lebten 9,5 % der erwerbstätigen Bev. (87 Pers. mit ihren Angehörigen ohne Hauptberuf) von Handel und Verkehr, 47 % (429) von Industrie und Handwerk, 30,4 % (277) von der der Land- und Forstwirtschaft und 13,1 % (120) von sonst. Berufen.
Land- und forstwirtschaftl. Betriebe mit einer Fläche von: 0,5 bis < 5 ha: 74, 5 bis < 10 ha: 23, 10 bis < 20 ha: 15, 20 bis < 100 ha: 5, ≥ 100 ha: 1.
Die Kartoffelflockenfab. noch 1965 tätig.
Betriebsgrößen 2019: 0-9 Beschäftigte: 94, 10-49: 4.b Organisationsformen der Wirtschaft
Schusterinnung 1602 erw., Privileg von 1633, bestätigt 1649. – 1655 wurde bestimmt, dass die Zünfte der Brauer, Fleischer, Kürschner, Schmiede, Schneider, Schuster, Tuchmacher u.a. neu errichtet werden sollten. – Privileg der Schneider von 1663, der Schneiderzunft gehörten ebenf. die Kürschner an sowie zeitweise die Töpfer. – Statut der Schustergesellen von 1664. – Privileg der Fleischer von 1667, 1723 bestätigt. – Privileg der Brauer von 1676. – 1730 gab es in der ev. Kirche besondere Kirchensitze für die Kürschner-, Schneider, Schuster- und Tuchmacherinnungen sowie die Schustergesellen und Tuchknappen. – 1777: Privileg der Bäcker, die zusammen mit den Müllern eine Zunft bildeten. – 1793 waren die Innungen der Bäcker, Fleischer und Schuster geschlossene Innungen, die der Kürschner, Schneider und Tuchmacher ungeschlossene.
1910: Sparkasse, Spar- und Darlehenskasse vorh. – 1928: Zweigstelle der Kreisbank Meseritz (Międzyrzecz), Spar- und Darlehenskasse, Landwirtschaftl. Bezugs- und Absatzgenossenschaft, Zweigstelle.c Verkehrseinrichtungen in der Stadt und zum Umland
1818: Botenpost nach Meseritz (Międzyrzecz) und Bomst (Babimost). – 1838: 1 Fuhrmann mit 2 Pferden. – Um 1928: 2. tgl. Kraftpost von Tirschtiegel (Trzciel) nach Schwiebus (Świebodzin) über B.
2020: Busverbindungen u.a. nach Meseritz.d Bedeutung der Stadt für ihr Umland
1885: Polizeidistrikt B.
1948: Sitz einer Landgemeinde, die 7 Ortschaften (Gromada) umfasste.
9 Recht, Verwaltung und Verfassung der Stadt
a Stadtrecht
1428: Verleihung des Magdeburger Rechts. – Das Kommissionsdekret von 1655 bestimmte, dass die Stadt einem unbescholtenen Neuankömmling weder die Einbürgerung noch die Aufnahme in eine Zunft verwehren durfte. – 1853: Einführung der Städteordnung.
b Politische und Verwaltungsstrukturen
1655 wurde den Bg. das Recht der freien Magistratswahl erteilt. Aus 14 jährl. von diesen gewählten Kandidaten bestimmte der Starost den Bgm. und 6 Ratsherren, die wiederum den Stadtrichter und die Geschworenen wählten. – 1793-1807: Preußischer Magistrat. Kämmerer und Stadtsekretär identisch. – 1793: 1 Stadtschreiber und 1 Stadtdiener erw., 1797 erschienen im Etat außerdem 1 Seigersteller, 1 Torschreiber und 1 Waagemeister.
1795 unterschrieben das Judenprivileg der Starost von Bomst (Babimost) und aus B. der Bgm., der Stadtrichter sowie die Ältesten der Innungen der Fleischer, Kürschner, Schuster und Tuchmacher. – 1807-15: Verwaltung nach franz. Muster, bis 1853 weitgehend beibehalten. – Magistrat 1928: Bgm., Beigeordneter und 3 Magistratsmitgl.c Gerichtsbarkeit
Die Gerichtsbarkeit vom Stadtrichter oder Vogt mit den vom Rat bestimmten Schöffen ausgeübt. Ab 1793: Justizbgm. – 1793: 1 Stadtrichter und 6 Beisitzer. Der Magistrat war für Polizeisachen zuständig, Stadtgefängnis vorh. – 1807-15: Code Napoléon. – 1849: Kr.-Gericht Meseritz (Międzyrzecz), Gerichtstage. – 1879: Amtsgericht Meseritz.
2020: Amtsgericht Meseritz (Sąd Rejonowy w Międzyrzeczu).d Wichtige nichtstädtische Ämter und Behörden
1801: Postanstalt gegr. – 1874: Standesamt. – 1879: Distriktsamt von Paradis (Paradyż) nach B. verlegt. – 1880: Oberförsterei, Post- und Telegrafenamt vorh. – 1910: Telefon vorh.
1945 54: B. Sitz der Gemeinde B., die 1952 aus 7 Ortschaften (Gromada) bestand. Die Gemeinde wurde 1954 aufgelöst. – 1973 76: B. Sitz der wiedererrichteten Gemeinde B., die 1976 aufgelöst wurde. – Heute ist B. ein Dorf in der Gemeinde Tirschtiegel (Trzciel).
10 Landesherrschaft und staatliche Zugehörigkeit
a Stadt- und Landesherren
Polen. – Ende 16. Jh.: Wojewodschaft Posen (Poznań), Kr. Kosten (Pow. kościański). – 1656: Kurzzeitig Brandenburg. – 1793: Preußen. – 1796: Kr. Unruhstadt (Kargowa). – 1807-15: Hzm. Warschau. – 1815-1922: Preußen, Prov. Posen; 1818: Kr. Meseritz (Międzyrzecz). – 1922: Prov. Grenzmark Posen-Westpreußen. – 1938: Prov. Brandenburg.
1946: Wojewodschaft Posen (Poznań), Kr. Meseritz (Międzyrzecz). – 1950: Wojewodschaft Grünberg (Zielona Góra), Kr. Meseritz. – 1975: Wojewodschaft Landsberg/W. (Gorzów Wielkopolski). – Seit 1999: Wojewodschaft Lebus (Województwo lubuskie), Kr. Meseritz.
1848: Ende März trat B. dem Antrag von Meseritz bei, vom Großherzogtum Posen abgetrennt zu werden und zu Brandenburg zu kommen.b Kriegsereignisse und Kriegsfolgen
1735: Einquartierungen und Kontributionen während des poln. Erbfolgekriegs. – 1771: B. musste an die Konföderierten von Bar Kontribution leisten. – 1940-45 ca. Jan. 20: N von B. befand sich ein Arbeitslager, in dem bis Mitte 1942 Juden für den Autobahnbau eingesetzt wurden. Danach Arbeitserziehungslager für männl. und weibl. Häftlinge verschiedener Nationalitäten, vor allem Polen und Russen. 1942-43 waren hier gleichzeitig 400-700 Menschen inhaftiert, später 800-1200. Von den insg. ca. 10000 Häftlingen starben mindestens 2646 aufgrund der Lebens- und Arbeitsbedingungen.
11 Die Wehrverfassung
a Wehrhoheit und Wehrpflicht
1885: Landwehr-Btln. Neutomischl (Nowy Tomyśl). – 1910: Bezirkskommando Neutomischl.
b Wehrverbände
Ab 1664: Schützengilde. – 1849 und 1919: Bildung von Wehrverbänden zur Bekämpfung der poln. Aufstände.
c Garnison
1849: 3 Militärpers. (2 M, 1 F). – 1905: Keine.
12 Die Wahrzeichen
a Siegel
Ein um 1600 geschnittenes Siegel (33 mm) mit der Umschrift „CIVITATIS BREDIENSIS R : POLONIAE“ zeigt auf bewachsenem Boden einen nach links gewendeten Schwan mit Ring im Schnabel. – Ein Siegel von 1656 (32 mm) mit der Umschrift „SIGILLUM CONSULARE OPPIDI BROCAE S ∙ R ∙M∙ (im Wappenschild: 1656)“ zeigt den Schild mit den gekreuzten Schlüsseln. – Das „SIEGEL DES POLICEY MAGISTRATS DER IḾEDIAT STADT BRAETZ (im Feld:) 1799“ (33 mm) zeigt auf bewachsenem Boden 2 kl. Türme, zw. denen auf einem gr. Postament, auf dem die Jahreszahl steht, der gekrönte, linksgewandte, preuß. Adler sitzt, der im linken Fang die beiden gekreuzten Schlüssel hält.
b Wappen
In Rot 2 schräggekreuzte silberne Schlüssel mit abgewandten Bärten.
13 Das Münz- und Finanzwesen
b Städtischer Haushalt
1655: Das 1669 vom poln. Kg. bestätigte Kommissionsdekret bestimmte, dass die Stadt Einnahmen aus der Stadtwaage, Jahrmarkts- und Marktgelder erhielt sowie das Recht, den Erlenwald nahe der Stadt zu nutzen. Der Starost sollte künftig nur noch die Einkünfte aus den Zöllen, der Walke sowie einen Tag Dienst von 80 Mann auf dem VW Bomst (Babimost) haben. Statt Abgaben der Bg. vom Malzmahlen, Bierbrauen und Branntweinbrennen an den Starosten hatte die Stadt fortan jährl. zu Martini 600 Gulden an den Bomster Hof zu erlegen. – Vor 1793: B. entrichtete an die poln. Krone jährl. 206 Tlr. 4 Gr. Rauchfanggeld und 201 Tlr. 8 Gr. Tranksteuer, an den Starosten 298 Tlr. 18 Gr. 8 Pf Schutzgeld und 21 Tlr. Tranksteuer. Von den Juden ab dem 1. Lebensjahr wurde eine Kopfsteuer von 2 poln. Gulden erhoben, die 1775 auf 3 poln. Gulden erhöht wurde. – 1793: B. besaß keine Kämmerei. – 1797: Einnahmen: 559 Tlr. 1 Gr. 4 Pf.; Ausgaben: 559 Tlr. 1 Gr. 4 Pf.
Ende des 18. Jh.: B. war dem Lukas von Brunski 311 Tlr. zinspflichtig. – 1883: Zuschläge zur klassifizierten Einkommens- und Staatsklassensteuer, ferner Hundesteuer und sonst. besondere Realsteuern; Einnahmen: 6341 Mk.; Ausgaben: 6341 Mk. – 1911: 170 % der Staatseinkommenssteuer und der staatl. veranlagten Betriebs-, Geb.-, Gewerbe- und Grundsteuer, ferner Bier-, Brau- oder Braumalzsteuer, Lustbarkeits- und Hundesteuer, Umsatzsteuer; Einnahmen: 19067 Mk; Ausgaben: 17587 Mk; Kapitalvermögen: 8980 Mk; Schulden: 8837 Mk; Stiftungsvermögen (Grundbesitz): 3677 Mk.
14 Das Gebiet der Stadt
a Stadtfläche
1784: Stadtflur noch nicht vermessen. – Landwirtschaftl. Nutzflächen 1849: 1075 mrg. Acker, 218 mrg. Gärten etc., 62 mrg. Hütung, 378 mrg. Wald, 758 mrg. Wiesen. – 1885: 744 ha. – 1905: 743,9 ha. – 1930: 745,4 ha. – 1931: Grundsteuerreinertrag pro ha: 6,27 Mk.
15 Das Kirchenwesen
a Katholische Kirche
Bst. Posen (Poznań). – 1428: 2 Hufen als Kirchendos vorgesehen. – 1614: Die Kirche vom poln. Kg. den Kath. zurückerstattet und zur Filia von Bomst (Babimost) gemacht. Da kaum Kath. in B. lebten, wurde die Kirche nicht genutzt und stürzte im 18. Jh. ein. – 1793: In der kath. Kirche wurde nur während der Jahrmärkte Messe durch den Kommendarius aus Bomst gefeiert. – 1860: Bau einer kath. Kirche. – 1866: Errichtung einer kath. Pfarrei. – 1938: 1 kath. Pfarrer.
Seit 1972 bzw. 1992: Die Pfarrei der heiligsten Gottesmutter (Parafia pw. Imienia Najświętszej Maryi Panny) gehört zum Bst. Landsberg-Grünberg (Diecezja zielonogórsko-gorzowska), Dekanat Bomst (Babimost).b Reformation, evangelische Kirche und andere Religionsgemeinschaften
1591: Der erste ev. Pfarrer erw., als er B. verließ. – Nach der Reformation, die in B. wohl Mitte des 16. Jh. Einzug hielt, übernahmen die Ev. die Pfarrkirche am Markt, die 1614 wieder kath. wurde. Die Ev. hatten danach ein Bethaus, das 1657 abbrannte. Nach dem Wiederaufbau wurde es zahlreich von schles. Protestanten (u.a. aus Schwiebus [Świebodzin]) besucht, zw. 1680 und 1744 waren ca. 41 % der Täuflinge Auswärtige. – 1865: Diözese Meseritz (Międzyrzecz). – 1938: 1 ev. Pfarrer.
Die Kirche heute als Kirche des Erzengels Michael (Kościół św. Michała Archanioła) Filia der Stadtkirche.c Juden
Nach dem Stadtbrand 1657, nach dem die überwiegend ev. Bev. von B. auch die kath. Kirche wiederaufbauen sollte, erklärte der Starost von Bomst (Babimost), dass Juden bereit seien, die Stadt aufzubauen, falls die Bg. dies nicht täten. – 1738 Dez. 4: Der Starost genehmigte, dass Juden sich in B. vor dem Meseritzer Tor in 10 H ansiedeln durften. Das Privileg gestattete ihnen, u.a. mit Gewürzen, Tabak und Wolle zu handeln, Tuch durften sie im Ganzen verkaufen, aber nicht aufschneiden. Dem Starosten in Bomst hatten sie jährl. zu Martini 100 Tympf zu leisten. Die Stadt verpflichtete sich, den Juden einen Platz für einen Friedhof zu verkaufen, der ca. 1 km n von B. angelegt wurde. Vermutl. ebenf. in der 2. Hälfte des 18. Jh. wurde in der Meseritzer Vorstadt die Synagoge in Fachwerkbauweise errichtet. – 1765: 55 Juden. – 1793: 85 Juden. – 1823: 149 Juden. – 1834: 1 jüd. Schule gegr., die sich vermutl. in der Synagoge befand. – Vor 1850: 1 Ritualbad errichtet, das heute als Wohngeb. genutzt wird. – 1840: 209 Juden, die eine Gemeinde bildeten. – 1842: 212 Juden, Synagoge mit Rabbiner, 14 Juden beschäftigten sich mit Handel, 2 waren Hausierer, 1 Jude betrieb Schank- und Gastwirtschaft, 13 selbstständige Handwerker oder Fabrikation, darunter 1 Arzt, 1 Jude arbeitete in der Landwirtschaft. – 1889: Gemeinde aufgelöst. Die Synagoge wurde nach längerem Leerstand von der Stadt übernommen und dient heute als Wohngeb. – 1905: 1 Jude. Filiale der Gemeinde Tirschtiegel (Trzciel), die das Vermögen der Gemeinde B. übernommen hatte. – Auf dem ehemal. Friedhof sind noch 1 Grabstein und Fragmente von weiteren 10 Grabsteinen erhalten, die übrigen wurden nach Zeugenberichten vermutl. in den 1970er-Jahren für die Fundamente des benachbarten kommunalen Friedhofs benutzt.
16 Sozial-, Versorgungs- und Freizeiteinrichtungen
a Wohlfahrtspflege
1793: 1 Chirurg erw. – 1849: 1 Apotheke; 1 Zivilarzt, 1 geprüfte Hebamme. – 1905: Eröffnung einer Herberge für Obdachlose. – 1938: 1 Apotheke; 2 Ärzte, 1 Dentist, 2 Tierärzte.
2020: 1 priv. Gesundheitszentrum, 1 Apotheke.b Versorgungseinrichtungen
1793: Die Str. als schlecht gepflastert beschrieben. 6 öfftl. und 68 priv. Brunnen. – 1862: Einführung der Straßenbeleuchtung. – 1909: Anschluss der Stadt an das Stromnetz.
1911: Freiwillige Feuerwehr gegr., Badeanstalt vorh.
2002: 98,1 % aller Wohngeb. mit Anschluss an die Wasserversorgung, 90,7 % mit Anschluss an die Kanalisation.c Freizeiteinrichtungen
1793: 1 Gastkrug am Markt vorh. – 1838: 1 Gasthof für die gebildeten Stände, 2 Krüge und Ausspannungen, 11 Schankwirte. – 1849: 1 Gasthof für die gebildeten Stände, 3 Krüge und Ausspannungen, 1 Speise- und 7 Schankwirte. – 1928: 1 behelfsm. Spiel- und Sportplatz, 1 Jugendherberge, 1 Schießsportanlage, 1 Turn-, Spiel- und Sportplatz. – 1938: 2 Gaststätten, 1 Hotel.
17 Das Bildungswesen
a Schulen
1669: 1 Schul- und Kirchendiener erw. – 1793: 1 ev. Volkschule mit 1 Lehrer (Kantor). – 1849: 2 Elementarschulen. – 1871: 10,1 % der Bev. > 10 J. Analphabeten. – 1928: Simultanschule. – Um 1939: Volksschule.
2018: Je 1 öfftl. Vor-, Grund- und Mittelschule.b Kulturelle Einrichtungen
2008: Bibliothek vorh. – 2019: 9703 Bde.
18 Das Pressewesen
Keine Informationen.
19 Literatur zur Stadtgeschichte
a Bibliografien
Verzeichnis Grenzmark, S. 397. – Rister, S. 218.
c Gesamtdarstellungen
Wuttke, Städtebuch des Landes Posen, 1864, S. 247. – W. Haempel, Heimatbuch von Brätz 1428-1928, 1928. – DSB 1, 1939, S. 509f. – SHGZP Poznań 1, 1987, S. 118f. – M. Tureczek, Brójce: zarys dziejów miasta, 1428-1946, 2003.
20 Die Sammlungen der stadtgeschichtlichen Quellen
Akten von 1793-1945 im APG.