Paderborn - Königspfalz (A), später Bischofssitz
Die Aufenthaltsstatistik lässt ganz deutlich zwei Hauptphasen der Nutzung der Paderborner Pfalzen hervortreten: die Karolingerzeit von 776/777 bis 845 und die erste Hälfte des 11. Jahrhunderts, genauer die Regierungszeit Bischof Meinwerks (1009–1036). Die karolingische Pfalz war das Zentrum Karls des Großen in Sachsen, und zwar – das ist für die Beurteilung seiner Ziele bei Eroberung, Mission und Integration Sachsens in das Frankenreich wichtig – bereits seit dem vierten Jahr der kriegerischen Auseinandersetzungen mit dem Bau der Karlsburg 776. Während Eresburg und auch Herstelle als Wohn- und Winterpfalzen dienten, war Paderborn Versammlungspfalz. Das belegen die Aufenthalte Karls des Großen dort im Vergleich mit denen in Paderborn, zu denen die in Lippspringe hinzugerechnet werden dürfen; das unterstreichen erneut die Versammlungen Ludwigs des Frommen und Ludwigs des Deutschen in Paderborn, die eine symbolische Inbesitznahme des vom Vater bzw. Großvater eroberten Reichsteils am traditionellen Ort dokumentieren. Diese Funktion als Versammlungspfalz reflektierte bereits der Verfasser der Translatio S. Liborii am Ende des 9. Jahrhunderts. Der Empfang des Papstes in Paderborn bedeutete zunächst das Festhalten an der ursprünglichen Planung für den Sommer 799, er bot Karl aber vor allem die Möglichkeit, seine neue "Residenz" (sedes) und insbesondere seine Missionierungsleistungen herauszustellen, und zwar ganz konkret mit der soeben vollendeten "Kirche von erhabener Größe" (ecclesia mirae magnitudinis), der künftigen Bischofskirche.
Wenn für das 10. Jahrhundert nur der Aufenthalt Ottos I. belegt ist, heißt das sicher nicht – wie in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts –, dass Paderborn nicht vom reisenden Hof aufgesucht wurde. Dafür ist die Frequenz der Hellwegbenutzung, wie Dortmund, Soest, Erwitte und Corvey zeigen, zu groß. Es bedeutet aber, dass die möglicherweise erschließbaren Aufenthalte eher kurz waren, ohne besondere Regierungshandlungen verliefen und daher keinen schriftlichen Niederschlag fanden. Mit den neuen Gastungsgewohnheiten seit der Regierungszeit Heinrichs II. änderte sich das dann radikal, wobei der Persönlichkeit Bischof Meinwerks und seiner Königsnähe zusätzlich ein großer Stellenwert zukam. Er baute seinen Bischofssitz zu einer hohen Ansprüchen genügenden bischöflichen und königlichen Residenz aus, leistete stetigen Königsdienst auch außerhalb seines Sprengels und wurde mit immer neuen Schenkungen und Diplomen belohnt. Die Bedeutung des persönlichen Elements leuchtet unmittelbar ein, wenn man die anfängliche Distanz Konrads II. und seine Bevorzugung Mindens mit der erneuten Aufenthalts- und Schenkungsdichte auch dieses Kaisers seit dem Romzug von 1027, an dem Meinwerk teilnahm, vergleicht.
Paderborn war im 11. Jahrhundert Festtagspfalz mit Oster- und insbesondere Weihnachtsaufenthalten Heinrichs II. und Konrads II. Heinrich III. hat den Bischofssitz noch für die Feier des Pfingst- und einmal des Osterfestes geschätzt, während nach ihm die Bedeutung als Aufenthaltsort des reisenden Königs signifikant zurückging: in den 146 Jahren vom Regierungsantritt Heinrichs IV. 1056 bis zum letzten Besuch Ottos IV. 1202 gab es insgesamt nur noch fünf Besuche.
Manfred Balzer
Literatur
Manfred Balzer, Paderborn im frühen Mittelalter (776–1050): Sächsische Siedlung – Karolingischer Pfalzort – Ottonisch-salische Bischofsstadt, in: Paderborn. Geschichte der Stadt in ihrer Region, Bd. 1: Das Mittelalter. Bischofsherrschaft und Stadtgemeinde, hrsg. v. Jörg Jarnut, Paderborn 1999, S. 2–118.
Manfred Balzer, Art. Paderborn, in: Die deutschen Königspfalzen. Repertorium der Pfalzen, Königshöfe und übrigen Aufenthaltsorte der Könige im deutschen Reich des Mittelalters, Bd. 7: Westfalen (in Vorbereitung).