Wie viel Identitätspolitik braucht unsere Gesellschaft?
21. April 2021
Wolfgang Thierse, Andrea Geier, Mithu M. Sanyal diskutierten zusammen mit Prof. Mouhanad Khorchide und Prof. Detlef Pollack auf der Podiumsdiskussion „Wie viel Identitätspolitik braucht unsere Gesellschaft?“ des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ und des Zentrums für Islamische Theologie die ganze Breite des Themas. Die gut besuchte Online-Veranstaltung verdeutlichte eindringlich die verschiedenen Aspekte der Thematik. Der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse warnte vor aggressiven Anwürfen gegen die Mehrheitsgesellschaft. Um etwas für Minderheiten zu erreichen, dürfe man die Mehrheitsgesellschaft nicht angreifen, sondern müsse sie mitnehmen bei der Debatte. Die Autorin Mithu Sanyal betonte, dass die Rassismuskontroverse eine Chance sei, die Gesellschaft positiv zu verändern und die Literaturwissenschaftlerin Andrea Geier betonte, dass sich die Gesellschaft in einem Transformationsprozess befinde. Der islamische Theologe Mouhanad Khorchide wies daraufhin, dass durch die moralische Einteilung der Gesellschaft in Gruppen Fronten konstruiert würden. Er wünscht sich eine sachbezogene Auseinandersetzung. Der Soziologe Detlef Pollack schilderte als Beispiel für die Identitätspolitik einer Minderheit seine eigenen Erfahrungen als Ostdeutscher nach dem Mauerfall. Die gegenseitigen Schuldzuweisungen von Ostdeutschen und Westdeutschen direkt nach der Wende und die Entwicklung danach zeige, so Pollack, dass durch eine breite Diskussion mehr Offenheit und Verständnis für Minderheiten zu erreichen ist.