„Das Krankenhaus als interreligiöser Arbeitsort“
– Nachbericht zum EinBlick Beruf am 10.05.2019
Am Freitag, den 10.05.2019 luden das Zentrum für Islamische Theologie, die Evangelisch-Theologische Fakultät und das Netzwerkbüro Theologie & Beruf an der Katholisch-Theologischen Fakultät dazu ein, das Krankenhaus als interreligiösen Arbeitsort kennenzulernen: Studierende der drei großen Theologien der WWU Münster und Interessierte konnten im Gespräch mit drei Krankenhausseelsorger_innen Einblicke in das Berufsfeld „Spiritual Care“ auch in interreligiöser Perspektive gewinnen.
Andreas Garthaus, der aus katholischer Perspektive von seiner Arbeit und den mit ihr verbundenen Herausforderungen erzählte, ist seit 22 Jahren in der Krankenhausseelsorge tätig und „noch immer leidenschaftlicher Krankenhausseelsorger“. Während seiner Laufbahn habe er einen „Wandel“ wahrgenommen: Im Krankenhaus bemerke man stärker, dass Menschen Spiritualität wünschten und brauchten. Um diesem Bedürfnis nachkommen zu können, seien Mittel aus der Kirche erforderlich – das Bistum Münster stelle deshalb Krankenhausseelsorger ein. Diese stießen jedoch auf neue Übersetzungsanforderungen, da eine Einbindung in kirchliche Strukturen bei den Patient_innen längst keine Selbstverständlichkeit mehr sei.
Andrea Klausmann ist evangelische Pfarrerin und seit 9 Jahren beschäftigt in der Krankenhausseelsorge. Die abzusehende Tendenz, im vergrößerten Arbeitsfeld Gemeinde zunehmend Verwaltungs- und Management-Aufgaben übernehmen zu müssen, stellte die entscheidende Motivation für ihren Wechsel ins Krankenhaus dar, denn: „Mein Herz schlägt für die Seelsorge.“ Klausmann betonte den zunehmenden Bedarf an Krankenhausseelsorge bei steigenden Patient_innenzahlen, doch kritisierte, dass die Struktur der Stellen diesem Bedarf nicht gerecht werden könne – die Arbeitgeber hinkten „massiv hinterher“.
Songül Yasar ist Lehrerin für Metalltechnik und Politik/Wirtschaft. Während ihres Referendariats wurde sie vom Verein „Grüner Halbmond“ angeworben, um in Frankfurt eine Ausbildung zur islamischen Krankenhausseelsorgerin zu durchlaufen. Von besonderer Relevanz für diese Tätigkeit sei hierbei ihre türkische Sprachkompetenz gewesen. Als entscheidende Motivation für ihr Ehrenamt verwies Yasar auf die Pflicht von Muslimen, Kranke zu besuchen. Da sich multikulturelle Vielfalt auch im Krankenhaus spiegle, sei die Präsenz islamischer Seelsorger_innen dort extrem wichtig – dennoch werde der Nachfrage nur in Form ehrenamtlicher Stellen begegnet.
Als die drei Seelsorger_innen über ihren beruflichen Alltag sprachen, wurde schnell deutlich, dass sie einige Herausforderungen und Sorgen teilen. Begegnungen seien oft von Unsicherheit begleitet. Nicht alle Kranken reagierten gleichermaßen erfreut über einen Besuch: „Ich klopfe an der Tür und bekomme Herzklopfen: Was erwartet mich?“, berichtete Yasar von ihrer Tätigkeit. Klausmann betonte: „Man übt sich in Demut.“ Erfolg im Beruf sei für sie bereits der Krankenbesuch als solcher.
Die Umsetzung interkultureller Seelsorge im Krankenhaus ist nach Meinung der Referent_innen mit einigen Schwierigkeiten verbunden. Garthaus sagte, im Zusammenhang mit muslimischen Patient_innen fehlten oft Ansprechpartner. Klausmann betonte aber auch, dass Familien der Patient_innen sowie multikulturelles Personal eine große Hilfe darstellten. Als Ansprechpartner könnte man sich an gemeinnützige Vereine wenden, erklärte Yasar. Sie problematisierte vor allem das Fehlen islamischer Seelsorger_innen in hauptamtlicher Tätigkeit sowie die mangelnde Sensibilität vieler muslimischer Patient_innen in Bezug auf die Seelsorge als wertzuschätzende Dienstleistung.
Am Ende steht die Erinnerung an ein lebhaftes Gespräch, das viele Fragen beantwortet und einige eröffnet hat. Die rege Auseinandersetzung zwischen den drei Seelsorger_innen und interessierten Studierenden hinterließ allen Beteiligten einen prägenden Eindruck: von der Praxis wie auch von den Theologiestudierenden unterschiedlicher Religionen und Konfessionen heute.