Archäologisches Museum
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Religion und Heilung – Über medizinische Praktiken und religiöse Heilungsrituale

Themenfeld der Ausstellung „Körper. Kult. Religion.“

Plakat zur Ausstellung „Körper. Kult. Religion.“
© exc/nur design/Stefan Matlik

Krankheiten gelten als Teil der Vergänglichkeit des Körpers. In manchen Gesellschaften werden sie bisweilen aber auch auf übernatürliche Ursachen, negative Energien, Disharmonien, schlechtes Karma und Ähnliches zurückgeführt. Religiöse Praktiken wie Gebete, Sündenbekenntnisse, Opfer, Beschwörungen oder andere rituelle Handlungen sollen dem entgegenwirken, der Heilung dienen oder den Kranken helfen, ihr Los leichter zu ertragen.

Im alten Ägypten wendet man sich beispielsweise an die Götter Isis und Horus um Hilfe, während in Griechenland vor allem der Heilgott Asklepios und seine Tochter Hygieia angesprochen werden. Die christliche Krankenpflege war getragen von dem Gedanken, dass die Barmherzigkeit den Menschen antreiben soll, d. h. der Dienst an der kranken Person mit dem an Gott gleichzusetzen ist.

In antiken jüdischen Gesellschaften existierten volkstümliche, magische Heilpraktiken, die von rabbinischen Autoritäten zumeist abgelehnt und mit Götzendienst assoziiert wurden. In den von der islamisch-arabischen Kultur geprägten Ländern werden unterschiedliche Heilpraktiken angeboten. Hierzu zählen beispielsweise astrologische, esoterische und andere Praktiken, die dem Bereich der Tradition zugeordnet werden können.

In den altindisch-brahmanischen heiligen Texten (Veden) werden Krankheit und Wohlergehen oft in einen kausalen Zusammenhang mit dem Handeln der Götter gebracht. Es entwickelte sich auch eine ausgeklügelte, bis heute praktizierte Medizin (Ayurveda), mit eigenen Erklärungsansätzen für Gesundheit und Krankheit. In China wurden Krankheiten teilweise auch auf eine Disharmonie der beiden unterschiedlichen Urpotenzen von Yin und Yang zurückgeführt, wogegen Diäten, Arzneien und diverse Körperübungen helfen sollten.

Ausgewählte Ausstellungsstücke

Die folgenden Texte basieren auf dem Katalog zur Ausstellung: 

Erhardt, S.; Graefe, J.; Lichtenberger, A.; Lohwasser, A.; Nieswandt, H.-H.; Strutwolf, H. (Hgg.): Körper. Kult. Religion. Perspektiven von der Antike bis zur Gegenwart. Münster 2024.

 

  • Sogenannte Hand der Fatima (hamsa) (Kat.-Nr. 100)

    © Yannick Oberhaus

    Die Ḫamsa (dt. fünf), auch Hand der Fatima genannt, ist in verschiedenen Formen in der materiellen Kultur und Kunst der Regionen Südwest-Asiens und Nordafrikas verbreitet – und das nicht nur in jüdischen (vgl. Kat.-Nr. 93 – eine jüdische Amuletthand) und muslimischen Kontexten. Auch heute erfreut sich das Symbol noch großer Beliebtheit. Das Symbol der rechten, ausgestreckten Hand soll vor dem sog. bösen Blick schützen und fungiert damit als Talisman. Der böse Blick, auf Arabisch ʿayn oder naẓar, findet im Koran selbst keine Erwähnung, jedoch wird der Neid (arab. ḥasad), der später von Kommentatoren mit dem bösen Blick in einen Zusammenhang gestellt wird, in mehreren Suren erwähnt. (exc/tst)

  • Bestandteil eines Tätowierinstruments (Kat.-Nr. 102)

    © Leihgabe Rautenstrauch-Joest-Museum

    Langstielige Tätowierwerkzeuge mit geradem Stiel, wie dieses aus Birma (heute Myanmar) werden mit verschiedenen ethnischen Gruppen in Thailand, Myanmar, Laos, Kambodscha und Teilen des südwestlichen Chinas in Verbindung gebracht. Bei dem abgebildeten Stück handelt es sich um das obere Element eines aus drei Teilen zusammensetzbaren Instruments aus Messing. Am oberen Ende ist das Objekt mit einer Figur verziert, die ein Geisteswesen oder heiliges Tier darstellt. Dieser obere Teil wurde in einen dünnen röhrenförmigen Stiel gesteckt, in dessen unteres Ende man wiederum die eigentlichen austauschbaren Tätowiernadeln einführte. Die Figur beschwert das Tätowierinstrument und unterstützt die Stabilisierung und Schwungkraft während des Tätowiervorgangs. Zum Einsatz kamen solche Tätowierwerkzeuge bis ins 20. Jh.bei der sogenannten Yantra-Tätowierung, die den Tätowierten magischen Schutz, mystische Kräfte oder Glück verleihen. Auch heutzutage ist ein erneutes Aufkommen solcher traditioneller Tätowiermethoden feststellbar. (exc/pie)

  • Keilschrifttafel mit Formel zur Geisterbekämpfung (Kat.-Nr. 80)

    © Olaf M. Teßmer

    Diese assyrische Tontafel enthält Anweisungen, wie man eine Person heilen kann, die unter bösartigen Geistern leidet. Für die Menschen im alten Mesopotamien waren Geister reale Phänomene, die ihrem geistigen und körperlichen Wohlbefinden Schaden zufügen konnten. Geister galten als Seelen von Verstorbenen, die nicht die richtigen Bestattungsriten erhalten hatten und deshalb die Lebenden anfielen und belästigten. Ein solcher „Anfall“ konnte viele medizinische Probleme verursachen, wie Lähmungen, Kopfschmerzen, Erbrechen und sogar Depressionen. Eine Person, die unter Geisterbelästigung litt, konnte von einem medizinischen Fachmann, dem Exorzisten (āšipu), behandelt werden. Dieser nutzte sein umfassendes Wissen über medizinische und rituelle Verfahren, um den Geist aus dem Körper des Opfers zu vertreiben. (exc/tst)

  • Nkisi Nkondi, ein sogenannter Nagelfetisch, aus dem Kongo aus dem 19./20. Jahrhundert (Kat.-Nr. 101)

    Thumbnail: © Soul of Africa Museum, Essen

    Bei dieser Figur handelt es sich um eine sogenannte Kraftfigur, die von rituellen Spezialisten verwendet wird, um übernatürliche Kräfte zu aktivieren und deren Wirken in der physischen Welt heraufzubeschwören. Eingesetzt werden können die Figuren sowohl für wohlmeinende als auch für übelwollende Zwecke – die minkisi nkondi, zu denen auch diese Figur gehört, wurden etwa für die Jagd auf Übeltäter oder Hexen verwendet. Die Figur besitzt den für minkisi typischen Zusatz eines verspiegelten Behälters im Zentrum des Bauchs, der als bevorzugter Ort und Quelle magischer Kraft gilt. Ebenfalls typisch ist der starre Blick, der oft durch das Anbringen zusätzlichen Materials an den Augen bewirkt wird. (exc/fbu)

  • Altägyptische Frauenfigur mit Tätowierungen (Kat.-Nr. 84)

    © Ägyptisches Museum und Papyrussammlung Berlin

    Die kleine Figur aus blauer Fayence, die aus dem ägyptischen Mittleren Reich stammt, zeigt eine nackte, mit Tätowierungen, Ketten und Armreifen geschmückte Frau. Die Oberschenkel der Frau sind mit rautenförmigen Mustern aus zusammengesetzten Punkten bemalt, die vermutlich Tätowierungen darstellen sollen, die in dieser Art auch auf mumifizierten, meist weiblichen Körpern belegt sind. Die Rauten könnten Kaurischnecken symbolisieren, die in der Form an die weibliche Vulva erinnern und daher als Zeichen für Fruchtbarkeit aufgefasst wurden. Die Dreiecke hatten dagegen eine schützende Funktion. Sie wehrten Dämonen ab, die durch Körperöffnungen eindringen und Krankheiten bis hin zu Fehlgeburten verursachen konnten. Da die Figuren meist in Grabkontexten gefunden wurden, liegt eine Verwendung als Opfergabe an verstorbene Verwandte nahe, da man so hoffte, dass diese in ihrer jenseitigen Form das Diesseits, speziell hier bei der Erfüllung von Kinderwünschen, beeinflussen konnten. (exc/pie)