Fachgespräch „Religionsunterricht in säkularer Gesellschaft“
Am 9. Januar 2020 leitete Daniel Roters, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Islamische Theologie auf Einladung des Erzbistums Hamburg an einem Fachgespräch unter dem Titel „Religionsunterricht in säkularer Gesellschaft“ mit einer Keynote ein.
In seinem Vortrag ging Herr Roters auf die Notwendigkeit der gemeinsamen Organisation eines bekenntnisorientierten Islamischen Religionsunterrichts ein. Zunächst müssten hier eigene Erfahrungen gemacht werden und die Selbstverortung und Identität des Faches geklärt werden. Eine vorschnelle Abschaffung eines bekenntnisgebundenen Religionsunterrichts für muslimische Schülerinnen und Schüler bedeute diesen wichtigen Selbstverständigungsprozess zu unterbrechen.
Zwar könne man aus bereits geführten Diskursen lernen, doch sei es unabdingbar, dass Muslime diesen Diskurs selbst gestalten und ihre Erfahrungen machen. Gerade der Religionsunterricht sei für viele Kinder der erste Ort, an dem sie zum ersten Mal erfahren, welches Potential der Glaube für das Individuum und die Gesellschaft hat. Insofern habe Schule insbesondere den Bildungsauftrag zu erfüllen, eine vorhandene religiöse Weltsicht wertzuschätzen und einzubinden, denn Stimmen für einen Wertedialog unter Bürgern lasse sich nicht ohne Werteorientierung leisten. Gerade das Zusammenspiel und die Pluralität der Quellen, aus denen Werte generiert werden können, mache den säkularen Verfassungsstaat aus, in dem man glauben darf, aber nicht muss.
Als Analogie eignete sich die Erläuterung Böckenfördes zum säkularen Verfassungsstaat aus den 1960er Jahren: „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.“ Der Beitrag, der sich damals an andere KatholikInnen im Diskurs über den Begriff der Säkularität richtete, habe von seiner Aktualität nichts eingebüßt, wenn Muslime darüber nachdenken müssen, was Säkularität eigentlich bedeutet und inwiefern diese nicht schon in ihrem Glauben mitbedacht ist. (DR)