Grußwort
Liebe Kommilitoninnen und Kommilitonen,
es mag bei der dritten, vielleicht auch der vierten freundlichen Erinnerung der letzten Tage an das noch ausstehende Vorwort zu diesem Newsletter gewesen sein, als mich ein ebenso hässliches wie schreckenerregendes Wort zu beunruhigen begann: Prokrastination! Einem Reflex gehorchend, befragte ich meinen
als Schüler angeschafften Fremdwörterduden in der seinerzeitigen Neuauflage von 1966, und siehe da: Er kennt das Wort nicht. – Ein Fehler, ein Zeichen oberflächlicher Arbeit der Redakteure des Duden oder doch anderes? Kannten denn die 1960er Jahre das (extreme) Aufschieben von anstehenden Arbeiten, die Prokrastination, gar nicht, handelten denn die Eltern und Großeltern der heute Zwanzig-, Dreißigjährigen alle oder mehrheitlich nach der Devise: „Was Du heute kannst besorgen, …” statt nach dem Grundsatz, bloß nichts heute zu erledigen, was sich auf morgen verschieben lässt?
Heute sind wir weiter. Eine große deutsche Universität lässt folgendes wissen: „7% der Studierenden, die an einer unserer großen Querschnittsstudien […] teilgenommen haben, erreichen Prokrastinationswerte über dem Durchschnitt der Personen, die bei uns aufgrund dieses Problems um Behandlung nachsuchen.
Es gibt also viele Studierende, die dieses Problem so stark haben, dass es sich für sie lohnen würde, eine Behandlung in Anspruch zu nehmen.” – Das ist nicht schön gesagt, und ich, vielleicht auch Sie, wüsste ganz gerne, welche Werte sich ergäben, fragte man in derselben Universität ehrlich einmal danach, wie viele
ihrer Professoren unter der besonderen Form der Prokrastination leiden, die Bewertungen von Hausaufgaben und Abschlussarbeiten oder auch die Abfassung von Vorworten erst nach wiederholter Erinnerung vorzunehmen. Sie sehen, liebe Kommilitoninnen und Kommilitonen, der Alltag von Studenten und Professoren
hat manche Gemeinsamkeiten. Dann hilft, wie so häufig im Leben, erst recht im Leben am Institut für Sinologie und Ostasienkunde der WWU Münster, ein freundliches Wort oft weiter. Ich bewillkommne die Altvorderen und die Alumni gleichermaßen und wünsche Ihnen ein gutes Semester,
Ihr Reinhard Emmerich
Semestergruß der Fachschaft
Zum neuen Wintersemester möchten wir von der Fachschaft erst einmal alle Erstsemester herzlich willkommen heißen. Die Fachschaft, das sind eure studentischen Vertreterinnen und Vertreter innerhalb des Institutes. Unsere primäre Aufgabe ist es, euch außerhalb wie auch innerhalb des Institutes zu vertreten und für euch eine Anlaufstelle bei Problemen oder Fragen zum Studienalltag zu sein. Ihr könnt uns diesbezüglich gerne jederzeit persönlich ansprechen oder per Mail kontaktieren: fssino@uni-muenster.de.
Zudem sind wir zuständig für die Orientierungs-Woche, aus der uns einige von euch sicher auch schon kennen. Daneben organisieren wir weitere Veranstaltungen während des Semesters und bieten Gelegenheiten zur Vernetzung – institutsintern, aber auch institutsextern mit anderen Fachschaften,
Studiengängen und der chinesischen Community in Münster. Regelmäßig stattfindende Events sind:
Sino-Stammtisch
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Deutsch-Chinesischer Abend |
SinoKino
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Einmal im Monat laden wir euch herzlich zu einem entspannten Abend ein, zum Nachholen all der Gespräche, die in der Teeküche nicht beendet wurden oder gar nicht erst stattfinden konnten. Zudem bietet sich hier die Gelegenheit, auch Kontakte zur chinesischen Community zu knüpfen.
In der Regel jeden 4. Donnerstag im Monat, in wechselnden Locations. |
Mindestens einmal im Jahr organisieren wir ein größeres Event, zu dem wir uns jedes Mal aufs Neue ein reichhaltiges Programm einfallen lassen. Das letzte Mal bestand es aus musikalischer Unterhaltung, einem Buffet und Karaoke. Vor allem aber haben wir den Tee in den Fokus gestellt und den Gästen die Möglichkeit gegeben, in die Welt des Gong Fu Cha einzutauchen. |
Nach Inspiration durch unsere Freiburger Kolleginnen und Kollegen haben wir letztes Semester unser SinoKino gestartet: Wir wählen dafür vorab drei Filme aus. Am Abend selbst könnt ihr dann für euren Favoriten abstimmen. Snacks und Getränke stellt die Fachschaft. Das SinoKino findet etwa einmal im Monat statt. Filmvorschläge sind immer willkommen. |
Wie jede Fachschaft der WWU sind wir Teil der Fachschaftenkonferenz, einem regelmäßig tagendem Gremium zur Vernetzung der Fachschaften untereinander wie mit den übrigen hochschulpolitischen Instanzen, vor allem dem AStA. Als Fachschaft Sinologie haben wir seit letztem Wintersemester auch eine besonders enge Verbindung zur Fachschaft Arabistik & Islamwissenschaft, mit denen wir einen Chinesisch-Arabischen Kulturabend veranstaltet haben.
Zudem stehen wir in einer informellen Kooperation mit dem Collegium Johanneum in Ostbevern, das einen hohen Anteil Schülerinnen und Schüler aus der VR China hat. Hier bieten sich für Studierende unseres Institutes Möglichkeiten für Tandempartnerschaften, zur Nachhilfe für Schülerinnen und Schüler, zum Halten von Kursen (v.a. ergänzend zu den Geisteswissenschaften und zur deutschen Kultur) oder auch zur Forschung.
Seit Mai 2018 sind wir auch Gründungsmitglied des Bundes-Fachschaftentagung Sinologie e.V. (BuFaTa Sinologie). Falls ihr nun Lust bekommen habt, aktiver Teil von alledem zu sein: Neue Mitglieder sind immer willkommen! Wir freuen uns auf Euch.
Eure Fachschaft Sinologie
Jan Kubandt
Die Frage nach der Berufsorientierung und der Suche nach einem geeigneten sowie Sinologie-relevanten Arbeitsplatz kann sich durchaus als schwierig gestalten, weshalb Praktika besonders große Bedeutung haben. Für den Newsletter haben wir den Master-Studenten Kolja Quakernack befragt, was bei der Wahl und Richtung des Praktikums mit sinologischem Hintergrund wichtig ist.
Newsletter (im Folgenden NL): Hallo Kolja, danke, dass du dich bereit erklärt hast, ein paar Tipps zum Thema Praktikum zu geben. Du hast sowohl im Bachelor als auch im Master diverse Praktika absolviert. Kannst du zuerst einmal kurz aufzählen, wo du gearbeitet hast und was jeweils deine Arbeitsaufgabe war?
KQ: Mein erstes Praktikum war 2012 für zwei Monate in Taipei bei Swan Panasia 新天鹅保 (Xīn tiān'é bǎo), die deutsche Karten- und Brettspiele vertreiben. Dort habe ich vor allem in deren Café 女巫店 (Nǚwū diàn) ("Hexenhaus") beliebte Gesellschaftsspiele wie z.B. Carcassonne auf Chinesisch erklärt und auf Spielemessen mitgewirkt. Das zweite Praktikum fand 2014 an der Deutschen Schule in Shanghai statt, für das ich den Chinesischunterricht verschiedener Altersstufen begleitet habe. Es dauerte allerdings nur einen Monat, da ich dann fest angestellt wurde. Aus der Praktikumszeit kann ich da also nicht so viel erzählen.
Die beiden jüngsten und deswegen noch präsentesten Praktika habe ich in der Bertelsmann Stiftung in Gütersloh und bei Digitalcourage e.V. in Bielefeld absolviert. In der Bertelsmann Stiftung war ich von Februar bis Mai dieses Jahres tätig. Dort habe ich an einer englisch-chinesischen Publikation zu einem Wettbewerb der Deutschen Handelskammern in China mit dem Namen "China - More than a Market" mitgewirkt. Deutsche in China ansässige Unternehmen können sich dort mit ihren lokalen CSR-Projekten, also sozialen Hilfsprojekten neben dem eigentlichen Kerngeschäft, bewerben. Bei den Datenschützern von Digitalcourage, die auch den jährlichen Negativpreis für Datensünder, die Big Brother Awards, vergeben, habe ich von Juni bis September u.a. zum Social-Credit-System geforscht und für deren Blog einige Beiträge verfasst.
NL: Auf welchem Weg hast du diese Praktikumsplätze gefunden? Wo hast du gesucht und wie bist du speziell auf diese spezifischen Arbeitsfelder gestoßen?
Das Praktikum in Taiwan habe ich tatsächlich über Google gefunden. Ein deutscher Arbeitgeber war mir für mein erstes Praktikum im chinesischsprachigen Ausland wichtig, um den Kulturschock etwas abzuschwächen. Ich habe dann Kontakt mit dem Geschäftsführer, Johannes "YOYO" Goeth, aufgenommen. In Shanghai hatte ich ohnehin schon eine enge Verbindung zur Deutschen Schule, das war also nur eine Frage der Zeit, bis ich da selbst aktiv werde. Mit der Bertelsmann Stiftung hatte ich schon länger geliebäugelt und immer mal ein Auge auf deren Stellenangebote geworfen. Die Praktikums-Ausschreibung für das Programm "Deutschland und Asien" kam da natürlich genau richtig. Dazu kam noch, dass Bernhard Bartsch, Senior China Expert der Stiftung und langjähriger Journalist, mein Vorgesetzter sein würde. Zu Digitalcourage bin ich über eine Freundin, Jessica Wawrzyniak, gekommen, die mir von ihrer Arbeit dort berichtet hatte. Das hörte sich alles sehr interessant an, so dass ich mich initiativ beworben habe, erfolgreich.
NL: Auf welche Fähigkeiten haben deine Arbeitgeber bei den Praktika besonderen Wert gelegt? Und welche dieser Stärken gehen auf dein Sinologie-Studium zurück?
KQ: Bernhard Bartsch sagte mir, dass er meinen untypischen Lebenslauf (mit 23 Jahren verheiratet, eine Tochter, abgeschlossener B.A. und Auslandsaufenthalt in China, später mit 28 noch keinen fertigen Master, dafür aber eine gewisse Lebenserfahrung) sehr ansprechend fand. Noch dazu hätte ich mich beim Bewerbungsgespräch, einer Telefonkonferenz zu viert, gut verkauft. Es gäbe viele Bewerber, die sich im Alter von 23 Jahren mit abgeschlossenem Master bewerben. Da fehle oft Lebenserfahrung, Kenntnis der eigenen Person, während gleichzeitig ein hohes Mastergehalt bezogen wird. Lebenserfahrung, Auslandsaufenthalte, über den Tellerrand hinausschauen – all das ist neben der reinen Qualifikation ein großer Pluspunkt.
NL: Die Bertelsmann Stiftung ist ein großer Name. Welche Verbindung hat die Stiftung zur Sinologie?
KQ: Die Stiftung deckt ganz unterschiedliche Bereiche ab, von denen "Deutschland und Asien" wohl der mit dem konstantesten Chinabezug ist. Die Hauptthemen sind politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen in der Volksrepublik und Indien, zu denen u.a. kostenlose Publikationen entstehen. Als AsienwissenschaftlerIn, besonders mit China- und/oder Indienbezug, ist man hier also genau richtig.
NL: Wie konntest Du bei Digitalcourage die Sinologie mit einbringen?
KQ: Die Datenschützer und Bürgerrechtler von DC haben auf den ersten Blick keine Berührungspunkte mit China. Da geht es derzeit eher um das Verhindern von geplanten Gesetzesänderungen bzgl. Datenschutz wie z.B. das neue Polizeigesetz oder (Kinder-)Tracking-Projekte wie "Schutzranzen", eine Verfassungsbeschwerde gegen den geplanten Staatstrojaner (eine Smartphone-Überwachungs-App, die Chatverläufe, E-Mails, etc. mitlesen und auf Verdacht an den Staat weiterleiten kann), die Big Brother Awards, etc. China ist mit seiner Form der sozialen Kontrolle schon viel weiter als Deutschland. Immer wieder neue Versuche von Social-Scoring-Konzepten (wie das Social-Credit-System), bei dem völlige Überwachung helfen soll, die Gesellschaft umzuerziehen, werden langfristig aber auch Deutschland beeinflussen. China plant nämlich, nach einigen Anpassungen sein Konzept zu exportieren. Man findet also auch oft dort Chinabezug, wo man ihn nicht auf den ersten Blick vermutet.
NL: Du hast zwei sehr unterschiedliche Praktika - in einer Stiftung und einem durch Spenden finanzierten Verein - absolviert. Welche Unterschiede hast Du im Arbeitsalltag gespürt?
KQ: Zuerst einmal: Was die beiden verbindet, ist, dass die Finanzierung der Projekte von extern kommt, man also nicht den Erfolg seiner Arbeit am erwirtschafteten Kapital messen kann. Trotz dieser Gemeinsamkeit wurde innerhalb der beiden Praktika unterschiedlich mit Geld umgegangen: Im Verein werden unnötige Ausgaben gerne vermieden, da es sich ja um "fremdes Geld" handelt, das uns zur Verfügung gestellt wird. In der Stiftung geht es da schon lockerer zu, wohl auch weil es ja letztlich das eigene Geld, nämlich das des Bertelsmann-Konzerns, ist. In der Stiftung ist genau geregelt, ab welcher Flugdauer ins Ausland die Business Class gebucht werden muss. Kleiner Ansporn für meine KommillitonInnen: Für eine Geschäftsreise nach China gibt es bereits ein Ticket für die Business Class. Ansonsten gibt es natürlich noch viele weitere Unterschiede, schon allein weil in der Stiftung über 500 feste MitarbeiterInnen arbeiten, bei Digitalcourage sind es nicht einmal 15.
NL: Was kannst Du aus Deiner Erfahrung für Tipps geben, die für Sinologiestudenten aus Münster hilfreich sein könnten?
KQ (überlegt): Ich denke, ein Praktikum sollte dafür da sein, sich selbst auszuprobieren und, ja, auch Raum für Fehler zu lassen. Natürlich sollte man seine Arbeit gewissenhaft erledigen, aber Fehler, die du in einem Praktikum machst, passieren dir vielleicht nicht mehr im späteren Beruf, in dem du dich dann mit anderen Dingen beschäftigen kannst. Zum Beispiel damit, die Vorgesetzten zu beeindrucken (lacht). Da kannst du dann nämlich selbstbewusster und erfahrener starten, ohne die üblichen "Anfängerfehler" zu begehen und dich als "Neuling" zu erkennen zu geben. Deswegen halte ich ein Praktikum, ein freiwilliges soziales Jahr und/oder einen Nebenjob im Studium für extrem wichtig.
NL: Noch eine abschließende Frage: Was sind deiner Meinung nach Kriterien für einen guten Praktikumsbetrieb, und welche Art von Praktika sollte man lieber meiden?
KQ: Ich finde es gar nicht so einfach, ein geeignetes Praktikum zu definieren. Natürlich gibt es einige ungeschriebene Gesetze, wie zum Beispiel nicht den ganzen Tag nur Kaffee kochen und für den Chef Dokumente kopieren zu müssen. Andererseits gehört je nach Job genau das auch mit dazu. Es kann im Übrigen nicht schaden, wenn man in einem Mitarbeitergespräch zusätzlich mit gutem Kaffee punkten kann, wenn man weiß, welche Themen die Vorgesetzten gerade beschäftigen und die alltäglichen Vorgänge in der Firma kennt. Man sollte sich auch nicht zu fein dafür sein, sich mal die Hände schmutzig zu machen – sonst zwingt man andere dazu, es zu tun. Die Kunst ist meiner Meinung nach, die eigenen Qualitäten in eine schon bestehende Unternehmensstruktur mit einbringen zu können, ohne dass sie langfristig überbeansprucht werden. Dafür braucht es eine gewisse Selbstreflektion und auch Zeit, einen Arbeitsalltag in einem bis dato unbekannten Team mit wechselnden Themen zu verinnerlichen. Mit unterschiedlichen Menschen über einen längeren Zeitraum an verschiedenen Projekten effektiv und gleichbleibend motiviert zusammen zu arbeiten, ist eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. Wer das schafft, hat schon viel erreicht. Zudem stellt man oft erst mit etwas zeitlichem Abstand fest, auf wie vielen Ebenen und wie sehr das Praktikum verändert und geschult hat. Deshalb: Auch wenn das Praktikum zwischendurch seine Längen hat, halte durch – wer weiß, wofür es gut ist!
NL: Danke und weiterhin viel Erfolg!
Weitere Links:
Swan Panasia (Taiwan): http://www.swanpanasia.com/about [en]
Deutsche Schule Shanghai (Pudong): http://www.pudong.ds-shanghai.de/ [de]
Bertelsmann Stiftung (Programm "Deutschland und Asien"): https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/unsere-projekte/deutschland-und-asien/ [de]
Information zur More-than-a-Market-Initiative 2018 und die dazugehörige Broschüre (EN/CH) zum kostenlosen Download: http://www.morethanamarket.cn/ [en]
Digitalcourage: https://digitalcourage.de/ [de], https://bigbrotherawards.de/ [de]
Wiebke Quader, Kolja Quakernack
Kantonesisch bereichert bald als Freizeitangebot das Programm der münsteraner Sinologie.
Wer nicht weiß, wovon die Rede ist: 粵語 Yuèyǔ oder 廣東 話 Guǎngdōngyǔ ist einer der Dialekte Chinas, der vor allem in Südchina verbreitet ist. Er ist aber auch in anderen Teilen der Welt, die mit der chinesischen Diasporageschichte in Berührung kamen, vorzufinden. Neben der Anzahl an Tönen, grammatikalischen Eigenheiten und eigenartigen Schriftzeichen, dient als weiteres Merkmal, dass Kantonesisch besonders schwer zu erlernen sein soll. Wer es noch nicht ausprobiert hat, bekommt jetzt die einmalige Chance dazu. Schon letzten Sommer wurde von studentischer Seite ein kleiner Kantonesisch-Schnupperkurs angeboten, der kommendes Semester weitergeführt werden soll.
Es wird kein Sprachkurs im klassischen Sinne sein (keine Diktate und unangekündigten Vokabeltests, außer es wird sehnsüchtig danach verlangt) und ist für Studierende ausgerichtet, die bereits in der chinesischen Sprache bewandert sind, sprich Sinologie-StudentInnen oder Mandarin-MuttersprachlerInnen. Der Schwerpunkt wird darin liegen, die Sprache als Umgangssprache kennenzulernen und dabei immer mehr nutzen zu können, bis man theoretisch in Hongkong sein Dim Sum, seinen Milktea, oder was einen sonst im Leben bewegt, bestellen kann.
Besonders interessant wird Kantonesisch für diejenigen sein, die sich mit der Tang-zeitlichen Sprache und Lyrik auseinandersetzen, da es durch seine konservierte Aussprache der der altertümlichen vermutlich am nächsten kommt. Aber auch Fans von modernen kantonesischen Filmen und Popmusik kommen sicher auf ihre Kosten.
Die Termine werden jeweils freitags von 14 bis 16 Uhr stattfinden. Start in diesem Wintersemester ist der 26.10.
Jennifer Joa
Schon als Studentin lernte Dr. Kerstin Storm im Institut für Sinologie und Ostasienkunde in Münster die Grundlagen der chinesischen Sprache und des wissenschaftlichen Arbeitens. Heute, nach einem Magister in Sinologie und einer bestandenen Promotion sowie einigen Jahren Arbeitserfahrung in der freien Wirtschaft, ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Sinologie angestellt und auf dem Weg zu ihrer Habilitation. Für den Newsletter berichtet sie über ihre Erfahrung als Vertretungsprofessorin in Trier.
NL: Frau Storm, Sie haben im vergangenen Jahr Herrn Professor Christian Soffel in Trier vertreten. Wie sind Sie an diese Stelle gekommen?
KS: Professor Soffel war der Zweitbetreuer meiner Doktorarbeit, und wir waren sechs Jahre lang gemeinsam im Vorstand der Deutschen Vereinigung für Chinastudien (DVCS), so dass wir uns schon eine Weile kannten. Er hatte im Rahmen der interdisziplinären Kolleg-Forschungsgruppe "Lyrik in Transition" der Deutschen Forschungsgemeinschaft zwei Forschungsfreisemester bekommen. Auch wenn Professor Soffels Lehrstuhl grundsätzlich einen Schwerpunkt auf Philosophie hat und dies nicht mein Schwerpunkt ist, handelt es sich bei der Sinologie in Trier eben doch um ein ganz traditionelles Institut. Und ich meine, ich stehe ja auch durch meine Ausbildung in Münster, dadurch, dass ich hier akademisch groß geworden bin, für die traditionelle Sinologie. Also hat er am Institut in Münster angefragt, ob ich die Stelle übernehmen würde – er hat zuerst bei Professor Emmerich angefragt, ob er mich ein Jahr lang entbehren könne, was in jedem Fall sehr anständig ist – und ich habe zugesagt.
NL: Dies war Ihre erste Erfahrung in der Rolle als Professorin. Was waren für Sie die größten Herausforderungen?
KS: Zuerst einmal habe ich generell großen Respekt vor der Lehre, und mit der Professur hat sich mein Arbeitspensum in dieser Sache mehr als verdoppelt. Das war auch deswegen eine Herausforderung, weil ich aktuell an meiner Habilitation schreibe. Also, wenn ich nun sagen würde, ich hätte in diesen neun Monaten der Vertretungsprofessur intensiv an der Habilitation gearbeitet, wäre es gelogen. Durch das hohe Arbeitspensum und das Pendeln zwischen Münster und Trier hatte ich ohnehin schon viel zu tun, sodass ich kaum zum Schreiben gekommen bin. Weil Professor Soffel ja weiterhin in Trier war, habe ich aber keine wirklichen Administrationsaufgaben übernehmen müssen, mein Fokus lag also wirklich auf der Lehre. Studierende vergessen vielleicht manchmal, dass wir DozentInnen auch nervös sind, gerade am Anfang des Semesters. Die KollegInnen in Trier haben es mir aber sehr leicht gemacht und mich behandelt, als sei ich schon immer da gewesen, sodass ich mich vom ersten Tag an in Trier sehr willkommen gefühlt habe. Und auch mit den Studierenden war es nach dem ersten Kennenlernen leichter, entspannter und es hat Spaß gemacht.
Die Vorbereitung auf die Vorlesungen und das Unterrichten selbst habe ich größtenteils als positiven Stress empfunden, negativer Stress war eher die Pendelei zwischen Münster und Trier. Gerade der Rückweg nach Münster, bei dem ich die Zeit im Zug einfach nicht mehr nutzen konnte, weil ich zu erschöpft war. Trotzdem habe ich meine Zeit vor allem als gute Übung für die Praxisphase empfunden.
NL: Welche Fächer haben Sie in Trier unterrichtet?
KS: Ich habe sowohl Bachelor- als auch Master-Studierende unterrichtet. Ich habe ein Seminar zum Thema Alter und Altern in China gegeben, das sehr spannend war. Sehr gut gefallen hat mir auch das Thema China und die Fremden. Ein anderes Thema war Traditionelle chinesische Lyrik, damit hatte ich mich schon vorher beschäftigt. Im Gegensatz dazu brauchte ich deutlich mehr Zeit, um mich in die Geschichte der chinesischen Philosophie und die Geschichte des modernen China einzuarbeiten. Philosophie ist nicht so meins, und da konnte ich glücklicherweise auf Materialien von Professor Soffel zurückgreifen. Für die moderne Geschichte dagegen habe ich mich sehr begeistert und mir vieles selbst erarbeitet. Ihr wisst ja, bei mir hört es nach der Tang auch irgendwann auf [lacht]. Aber ich muss sagen, dieses Thema hat mir sehr viel Spaß gemacht. Auch wenn die Vorbereitung völlig neuer Unterrichtsinhalte viel Zeit in Anspruch nahm und ich mich teilweise selbst bremsen musste, habe ich doch einfach allein für mich unfassbar viel gelernt. Dazu habe ich noch ein Kolloquium gegeben, das überhaupt keinen guten Start hatte, aber dann unglaublich produktiv war und zu sehr lebhaften Diskussionen unter den Studierenden führte. Am Ende der ersten Sitzungen hatten wir zahlreiche fiktive Abschlussarbeitsthemen auf der Liste stehen. Die Studierenden hatten sich warmgeredet und fingen nun an, Ideen für die eigene Arbeit zu entwickeln. Das war eine tolle Erfahrung. Insgesamt fand ich es sehr schön, nach Ende eines Semesters bei den Studierenden den Erfolg zu bemerken.
NL: Welche Unterschiede konnten Sie zwischen der Universität in Trier und der WWU feststellen, und wie unterscheiden sich die beiden Institute?
KS: Zunächst einmal ist Trier ja Karl-Marx-Stadt, und vor allem in der Zeit des Jubiläums [der Geburtstag von Karl Marx, der am 5. Mai 1818 in Trier geboren wurde, Anmerkung der Redaktion], als ich dort war, hat man das natürlich verstärkt gemerkt.
Im Gegensatz zur WWU ist die Uni in Trier eine Campus-Universität, und die liegt auch nicht mitten in der Stadt, sondern außerhalb. Natürlich ist es ein Vorteil, dass man alle Gebäude schnell erreicht, aber auf der anderen Seite geht der Kontakt mit der Stadt ein wenig verloren. Zudem kann man die Städtepartnerschaft sehr positiv hervorheben, welche die Stadt Trier mit Xiamen in China hat. Durch diese Partnerschaft und das Engagement der Deutsch-Chinesischen Gesellschaft Trier e.V. gibt es immer wieder Veranstaltungen in Trier, die für Studierende interessant sind und auch einen Kontakt mit anderen Interessierten außerhalb der Universität ermöglichen.
Wie die WWU ist die Universität Trier auch um eine Internationalisierung der Lehre bemüht. Aktuell finden sich chinesische und taiwanische Studierende hauptsächlich unter den Doktoranden, es wird aber mehr. An unserem Institut in Münster lernte ich auf der anderen Seite wirklich sehr zu schätzen, dass wir eine eigene Institutsbibliothek haben, direkt vor Ort.
NL: Was ist Ihr Fazit nach einem Jahr in Trier?
KS: Insgesamt habe ich meine Zeit in Trier sehr genossen, und das Institut und die Menschen dort sind mir sehr ans Herz gewachsen. Trier ist für mich ein bisschen zu einer zweiten Heimat geworden. Nichtsdestotrotz, und den Satz will ich auch noch einmal ganz laut sagen: Ich bin sehr, sehr froh, wieder hier zu sein [lacht]. Trier ist ganz, ganz, ganz, ganz nah dran auf Platz zwei, aber Münster ist die Nummer eins.
NL: In diesem Sinne: Herzlich Willkommen zurück und vielen Dank für Ihre Zeit!
Jan Kubandt, Wiebke Quader
Edward L. Shaughnessy: Vom Staubfegen und westlicher Forschung zu Bronzeinschriften
Am 3. Juli 2018 durfte das sinologische Institut in Münster seinen Studierenden wieder einen namhaften Gast vorstellen: Edward Louis Shaughnessy, Professor für frühe chinesische Geschichte an der University of Chicago, kam auf eine Stippvisite vorbei. Professor Emmerich stellte seinen amerikanischen Kollegen zunächst vor und präsentierte dabei eine beeindruckende Auswahl durch Shaughnessy verfasster oder herausgegebener Werke aus unserer Bibliothek.
Shaughnessy selbst begann seinen Vortrag mit einem Rückblick auf seine Zeit in Münster, im Sommer 1972. Als junger Student besuchte er damals vor allem die Vorlesungen des Lehrstuhlinhabers für philosophische Anthropologie, Josef Pieper.
Doch Studierende brauchen immer Geld, und so erzählte Shaughnessy auch von seiner Arbeit bei Hazemag in Dülmen – Staubfegen, eine Arbeit, von der er allen Anwesenden augenzwinkernd abriet. Schließlich begann Professor Shaughnessy seinen Vortrag: "Looking Back and Across Western Sinologists‘ Study of Ancient Chinese Bronze Inscriptions".
Den Beginn der westlichen Bronzeforschung verortete Shaughnessy um das Jahr 1936, mit den Arbeiten des schwedischen Sinologen Bernhard Karlgren. Die Entwicklung der westlichen Forschung wurde im ersten Teil ("Looking Back") durch die Einführung in Werk und Rezeption weiterer Pioniere des Feldes verfolgt: der in Chicago zeitlebens einen Lehrstuhl innehabende Herrlee Creel, der ehemalige Harvard-Professor Max Loehr, der damals in der VR China und den USA tätige Chen Mengjia 陈梦家, Noel Barnard von der Australian National University und abschließend auch der frühere Münsteraner Professor Ulrich Unger.
Im zweiten Teil ("Looking Across") stellte Shaughnessy in ähnlicher Art und Weise große Namen der zeitgenössischen Forschung zu antiken chinesischen Bronzeinschriften dar: Lothar von Falkenhausen (University of of California, LA), Li Feng 李峰 (Columbia University), Wolfgang Behr (Universität Zürich) und Maria Khayutina (Ludwig-Maximilians-Universität München).
Shaughnessys Erzählstil war dabei durchweg humoristisch und gespickt mit lebendigen Anekdoten. Fast schon entschuldigend hatte Shaughnessy zu Beginn seines Vortrages die Befürchtung geäußert, die Studierenden zu langweilen. Doch davon war im Raum, der regelmäßig von Lachen gefüllt wurde, nicht viel zu spüren.
Wer sich weiter mit dem Thema auseinandersetzen möchte, kann sich auf Shaughnessys in Shanghai erscheinendes Werk 西方漢學家中國出土文獻學研究成 果一百 (多) 年 freuen, das auch in englischer Übersetzung unter dem Titel "A hundred (or more) years of Western Sinologists’ contributions to the study of Chinese unearthed texts" veröffentlicht werden soll.
Oder man schaut sich besagte Bronzen aus nächster Nähe an: Köln (Museum für Ostasiatische Kunst), Stockholm (Östasiatiska Museet) und Zürich (Museum Rietberg) verfügen über reiche Sammlungen altertümlicher chinesischer Bronzen. Von Professor Shaughnessy empfohlen.
Jan Kubandt
Mediathek
Hier wollen wir euch in jeder Ausgabe einen Einblick in verschiedene Themenbereiche geben. Das Thema dieser Ausgabe: Teekunde—Tee einkaufen im Internet
Wer nur sporadisch Tee trinkt oder gerade erst beginnt, sich etwas mehr damit zu beschäftigen, kann im deutschen Einzelhandel ordentlichen Tee bekommen. Beim Teekauf im Internet können die Sorten natürlich nicht vorher probiert werden. Um das Risiko zu vermeiden, lohnt sich ein Blick auf einen guten Anbieter. Wer sich auf Dauer mehr mit Tee beschäftigen und mehr ausprobieren möchte und nicht persönlich viel durch Asien reist, um dort vor Ort zu kaufen, sollte den Internetkauf auf jeden Fall in Erwägung ziehen. Im Folgenden liste ich Empfehlungen aus persönlicher Erfahrung mit einem vielfältigen Angebot von Tee auf, hauptsächlich aus dem chinesischen Raum.
Yunnansourcing.com [en] – Die Website, bei der ich am meisten bestelle. Der Inhaber bezieht die Tees äußerst transparent und hat einen hervorragenden Ruf. Das Angebot ist groß und umfasst alle Preisklassen, beschränkt sich aber, wie im Namen impliziert, auf Tees aus Yunnan. Japanischen Grüntee oder Darjeeling findet man hier also nicht.
Taiwanoolongs.com [en] – Ein relativ junges Nebenprojekt von Yunnansourcing, diesmal allerdings aus Taiwan statt Yunnan. Glänzt im Grunde durch die gleichen Attribute, auch wenn die Tees der Herkunft geschuldet etwas teurer sind. Meine Empfehlung für taiwanesische Oolongs.
What-cha.com [en] – Tee im wahrsten Sinne des Wortes aus aller Welt, aber transparent und sorgfältig ausgewählt. Hier gibt es viel zu probieren!
White2tea.com [en] – auf Pu'er spezialisierter Händler, der aber inzwischen auch Anderes anbietet. Genießt dank "no bullshit"-policy einen hervorragenden Ruf.
Crimsonlotustea.com [en] – Eine Seite ausschließlich für Pu´er Tees, bietet aber auch gutes Teegeschirr an. Darüber hinaus ist der Blog äußerst lesenswert!
Thomas Grosser
Er stand wieder an, der Deutsch-Chinesische Abend. Für die Fachschaft heißt das erstmal: Brainstorming. Es ist nicht immer leicht, ein ansprechendes Programm auf die Beine zu stellen. Es musste ein Fokus her, ein Kernprogrammpunkt, mit dem sich gut werben lässt. Tee zum Beispiel.
關係 Guānxi – Beziehung – war auch an dieser Stelle wieder ein Kernbegriff. Über Kontakte, innerhalb wie außerhalb des Institutes, konnten zwei Teeliebhaber dazu gewonnen werden, ihre Begeisterung und ihr Wissen mit den Gästen zu teilen. Drei Musikerinnen und Musiker erklärten sich zudem bereit, den musikalischen Teil des Programms zu stemmen. Mit einem Buffet und der obligatorischen Karaoke wurde das Konzept abgerundet.
Am 26. Juni war es dann soweit: Das Café Couleur im Internationalen Zentrum "Die Brücke" war sehr gut besucht. Nach einer kurzen Begrüßung vonseiten der Fachschaft übernahmen die Musikerinnen und Musiker die Bühne und füllten den Raum mit einer wichtigen Komponente: Atmosphäre. Etwa dreißig Minuten lang beherrschten Musik und Gesang den Raum. Im Anschluss wurde das Buffet eröffnet und die Gäste konnten sich bei chinesischem Essen in kleinen Gruppen unterhalten. Bevor dem Tee mehr Aufmerksamkeit eingeräumt wurde, zeigte eine chinesische Schülerin des Collegium Johanneum Mut und bereicherte das Programm mit einer improvisierten Tanzeinlage.
Nach einer kurzen Einführung war es dann am Duft des Tees, den Raum zu füllen.
Für das auf Tee bezogene Programm des Abends waren ein ehemaliger und ein aktueller Kommilitone, Sebastian und Thomas, verantwortlich, die im Laufe des Abends für jeweils drei bis fünf Personen gleichzeitig eine chinesische Tee-"Zeremonie" - oft Gong Fu Cha genannt - anboten. Bei dieser "Zeremonie" handelt es sich um eine aufwendige und fokussierte Zubereitungsart des Tees, den man in einem kleinen Gefäß 5-10 mal aufgießt und dabei in noch kleineren Schälchen verköstigt.
Dafür hatten Sebastian und Thomas in einer Ecke des Raumes auf zwei Tischen ihr Zubehör aus Teetischen, Geschirr und einer Auswahl an Tees aufgebaut. Zu diesen Tees zählten neben klassischen Grün- und Schwarztees auch Oolong und Pu'er Tee.
In den nächsten Stunden kamen im Wechsel kleine Gruppen an die Tische, um einen Tee zu trinken, sich über ihn zu unterhalten und sich allgemein über Tee auszutauschen. Je nach Gruppe entwickelten sich die Gespräche in unterschiedliche Richtungen - mal wurde der Geschmack des getrunkenes Tees analysiert, mal wurde über die Teezubereitung im Allgemeinen gesprochen, mal über ganz anderes philosophiert.
Während einige der TeilnehmerInnen bereits die Gong Fu Cha-Zubereitung kannten, kannten andere sich weniger aus. Aber Anfänger wie Experten brachten allesamt großes Interesse und Begeisterungsfähigkeit mit.
Die Begeisterungsfähigkeit ist wichtig, weil es bei der Gong Fu Cha-Zubereitung letztendlich genau um diese Bereitschaft, sich auf den Tee einzulassen und sich auf diesen zu konzentrieren, geht. So gelang es dank dem Interesse der Gäste und der guten Stimmung des Abends, dass die Beteiligten auf zwanglose Weise und quasi im Selbstversuch etwas über Tee lernen konnten.
Das ganze wurde begleitet von ebenfalls regem Anlauf an der Karaoke-Station. So gelang es schlussendlich allen Mitwirkenden, einen schönen und entspannten Abend zu gestalten. Übrigens: Wer der Fachschaft beim nächsten Brainstorming über mögliche Themen für den nächsten interkulturellen Abend helfen möchte, kann gerne Themenvorschläge einreichen. Sprecht einfach eure Kommilitoninnen und Kommilitonen von der FSV an.
Thomas Grosser, Jan Kubandt
Die Sinologin Dr. Soon-Chim Jung ist seit 2015 Kulturbotschafterin für das koreanische Druckwerk "Jikji". In Zusammenarbeit mit Dr. Martin Kittlaus half sie am 8. Juni 2018 interessierten Studierenden der Sinologie sowie SchülerInnen des Annette-Gymnasiums dabei, die alte Kunst des traditionellen Buchdrucks wieder zum Leben zu erwecken. Über die Veranstaltung informieren Dr. Jung und Dr. Kittlaus in diesem kurzen Bericht.
Die koreanische Buchdruckkunst blickt auf eine mindestens 800-jährige Geschichte zurück. Das älteste erhaltene Buchfragment namens "Jikji" aus dem Jahr 1377, das mit beweglichen Metalllettern auf 39 Seiten gedruckt wurde, ist damit älter als die berühmte Gutenberg-Bibel aus dem Jahr 1455. Beide Bücher gehören zum Weltdokumentenerbe der UNESCO. Frau Dr. Soon-Chim Jung, Münsteraner Sinologin und koreanische Ehrenbotschafterin für das "Jikji" in Deutschland, hatte im Juni zu einem Workshop in unser Institut eingeladen. Teilnehmen konnten nicht nur Studierende des Instituts, sondern auch Schülerinnen und Schüler des Münsteraner Annette-Gymnasiums, die in der Jahrgangsstufe 11 Chinesisch lernen.
Zunächst ordnete Frau Dr. Jung das buddhistische Lehrwerk "Jikji", das in chinesischen Schriftzeichen gedruckt ist, kunsthistorisch und inhaltlich ein. Es stammt ursprünglich aus dem Heungdeok-Tempel der südkoreanischen Stadt Cheongju und beinhaltet sowohl Worte Buddhas als auch Kommentare buddhistischer Mönche.
Nach seiner Präsentation durch den französischen Diplomaten und Kunstsammler Collin de Plancy bei der Pariser Weltausstellung im Jahr 1900 wird es heute in der Französischen Nationalbibliothek in Paris aufbewahrt und gilt als eines der herausragendsten Artefakte koreanischer Kultur.
Anschließend hatten die Teilnehmer Gelegenheit, sich mit originalgetreuen Kopien der handwerklichen Druckinstrumente, wie z.B. hölzernen Druckplatten, vertraut zu machen und unter Verwendung ölhaltiger Tusche aus Kiefernholzasche eigene Kunstwerke auf koreanischem Maulbeerbaum-Papier zu schaffen.
Frau Dr. Jungs Vortrag hatten die jüngeren Annette-Schülerinnen und -Schüler des Chinesischkurses der Jahrgangsstufe 10 bereits im März gehört, als sie im Rahmen einer Exkursion unsere Institutsbibliothek besichtigen konnten. Der langjährige Lehrbeauftragte für moderne Chinawissenschaften Dr. Martin Kittlaus ist zugleich auch Chinesischlehrer am Annette-Gymnasium, so dass in regelmäßigen Abständen Kooperationsprojekte zwischen Schule und Universität stattfinden können.
Soon-Chim Jung, Martin Kittlaus
Elf Jahre sind schnell vergangen. Für mich fühlt es sich an wie elf Tage. Dank unserem Newsletter möchte ich meine schönen Erlebnisse in Deutschland mit euch teilen und den bisherigen Erinnerungen ein kleines Denkmal in meinem Leben setzen.
Raus, ins Ausland!
Vor 11 Jahren war ich 24 Jahre alt. Damals war mein Horizont noch sehr beschränkt. Wie viele lokale Shanghaier war ich zufrieden mit dem alltäglichen Leben in Shanghai und auch sehr stolz auf die Heimat, wie manch ein Bayer auf den Freistaat. Bevor ich auf die Idee mit dem Studium im Ausland kam, hatte ich nur einmal Shanghai verlassen. Es war in den Sommerferien. Ich war mit fünf Mitschülerinnen nach Nanchang, die Hauptstadt der Provinz Jiangxi, gereist.
Meine Gründe, nach Deutschland zu gehen, waren einige. Natürlich der wichtigeste Grund dafür war die Deutsche Nationalmannschaft im Jahr 2002 und Philipp Lahm. (Ironischerweise bin ich bisher noch nie in Bayern gewesen und Philipp Lahm hat sich bereits von seiner Fußballkarriere verabschiedet.) Ein weiterer wichtiger Grund, der mich ins Ausland trieb, war, dass ich damals kein mittelmäßiges Leben wollte. Für mich erschien das Leben, so wie es verlief, langweilig und mir fehlten Herausforderungen. Ziel nach dem Abschluss meines Studiums war eine Arbeit zu finden, und dann einen Lebenspartner zu finden, und dann die Heirat, dann ein Kind, dann das Kind aufzuziehen, dann.......
Im Alter von 22 bis 23 Jahren war ich etwas enttäuscht von dem Leben in Shanghai. Für mich war das Leben wie eine durchsichtige Röhre, durch die man von Anfang bis Ende durchschauen konnte. Im Chinesischen sagt man "无知者无畏" wúzhī zhě wú wèi (die Unwissenden haben keine Angst). Wahrscheinlich war ich eine solche „Unwissende“. Deshalb habe ich nicht sehr viel nachgedacht und bin auf den Weg nach Deutschland aufgebrochen, um mich in ein völlig fremdes Land und in eine unberechenbare Zukunft zu stürzen.
Am 07.08.2007 bin ich nach Deutschland gekommen. Damals wusste ich noch nicht, dass ich so lange Zeit in Deutschland bleiben würde. Heute kann ich mich gar nicht mehr daran erinnern, in welcher Stimmung ich mich befand. Aufregung, Angst, große Erwartungen? Eine gute Freundin von mir, die in Köln BWL studierte, holte mich am Frankfurter Flughafen ab. Meine erste Mahlzeit mit ihr in Deutschland war eine Pizza mit ihr bei Pizza Hut. Anschließend bin ich nach Bonn gefahren. Bis heute werde ich oft von deutschen Freunden gefragt, ob ich einen Kulturschock hatte, als ich in Bonn ankam. Leider hatte ich keinen Kulturschock, allerdings fand ich es nur seltsam, warum sich die BRD eine so kleine Stadt als Hauptstadt ausgesucht hatte.
Der Rhein, Bonn und Freunde
Als ich den Roman "Jean-Christophe" von Romain Rolland las, war ich bereits voller Bewunderung für den großen Fluss. Nun existierte dieser kraftvolle, rauschende, große Fluss in Bonn nicht mehr nur in meiner Vorstellung aus dem Roman, sondern er lag direkt vor meinen Augen. Die Strömung ist manchmal langsam und manchmal reißend, wie die Symphonie von Beethoven. Die moderne ULB der Universität Bonn liegt direkt am Rhein. Die Studenten können ihn durch eine große Glaswand direkt sehen. Sie schreiben die Arbeiten oder bereiten sich für die Klausuren vor. Ist man müde, kann man den Rhein durch das Glas betrachten.
Wenn man mit dem Bus an der Haltestelle Uni-Markt aussteigt, geht man ein bisschen geradeaus und kommt zu einer Ampel. Dann geht man über die Straße und ist schon am Hauptgebäude der Universität Bonn. Danach geht man rechts und macht die erste Tür auf, nimmt die Treppe hoch bis zur 1. Etage. Sofort sieht man die Aula, dann ist rechts der Hörsaal X. Dort habe ich mit ungefähr hundert anderen Asienwissenschaftlern zusammen die schöne Nachmittagszeit des Grundstudiums verbracht. Die Vorlesung über die Geschichte von ganz Asien im Altertum und der modernen Zeit fand immer von 14 Uhr bis 16 Uhr im Hörsaal X statt. Die Stimme der Professorinnen und Professoren war wie der Sonnenschein im Winter, versetzte den Hörsaal in eine entspannende und lässige Stimmung.
Bei der Vorbereitung auf die Klausur der Geschichte Asiens hatte ich oft Probleme, die Namen der arabischen, persischen und indischen Könige auswendig zu lernen, während die nicht-chinesischen Studenten Probleme mit den Namen der chinesischen Kaiser hatten.
Während des Studiums in Bonn habe ich viele Freunde kennengelernt. Außer den chinesischen und deutschen Freunden habe ich Japaner, Koreaner, Osteuropäer, Südamerikaner usw. kennengelernt. Die bunte Freundschaft hat mir neue und interessante Perspektiven eröffnet. Besonders durch die Freundschaft mit den koreanischen und japanischen Freunden habe ich sehr viel gelernt. Teilweise sind wir sehr ähnlich. Mir ist aufgefallen, dass meine japanischen und koreanischen Freunde auch wie ich schnell verlegen und schüchtern lächelten, als wir neu in Deutschland angekommen waren und unser Deutsch nicht gut war. Am Anfang hatten wir alle fast die gleichen Probleme, mit Europäern zu kommunizieren. Wir trauten uns nicht, laut zu sprechen, anderen direkt in die Augen zu schauen oder direkt „Nein“ zu sagen, denn dies ist sehr unhöflich in unserer Kultur. Aber teilweise sind wir doch auch ganz anders! Ehrlich gesagt, in Südkorea ist die konfuzianische Kultur noch viel besser erhalten als in China. Japan ist sehr ähnlich wie Deutschland, sauber, ordentlich und ruhig. China ist eine gemischte Einheit. Man kann fast alle Elemente in den verschiedenen regionalen chinesischen Kulturen finden. Manchmal ist es zwar sehr schickimicki und man findet keine orthodoxe oder homogene chinesische Kultur, aber man fühlt doch, wie stark und wie lebendig die chinesische Kultur ist!
Meiner Meinung nach ist es sehr schade, dass Korea, Japan und China nicht wie die Länder der EU eine Allianz aufbauen können, weil wir tausend Inselkonflikte, Geschichtskonflikte und Grenzprobleme haben. Ich habe auch gelernt, die Meinungen und Interpretationen meiner Freunde über China, Korea und Japan zu tolerieren, zu respektieren und vernünftig zu diskutieren. Mit meinen koreanischen und japanischen Freunden habe ich immer so viel zu quatschen.
Ich vermisse immer noch so sehr die Stadt Bonn, jede Gasse, das Hauptgebäude der Universität, die Kirschbäume in der Altstadt, den Bertha von Suttner-Platz, Woki, den Drachenfels, den Marktplatz, die Kneipen, das Caféleben, den Hofgarten usw. Aber vorbei ist vorbei. Der Blick zurück macht einen nur schwach. Im Ruhestand habe ich genug Zeit für die alten und schönen Erinnerungen. Das Leben und die Freunde in Münster gefallen mir immer mehr.
Erster Nebenjob
Ab dem 2. Jahr in Bonn habe ich angefangen, eine Nebentätigkeit zu suchen. Für mich bedeutet dies nicht nur, ein bisschen Taschengeld zu verdienen, sondern auch die deutsche Gesellschaft intensiver kennenzulernen und mich besser zu integrieren. Die Atmosphäre bei der Arbeit ist ganz anders als auf dem Campus. Es ist überall so und man muss es lernen.
Die erste Wahl von mir war, als Kellnerin im Café zu arbeiten. Es war ein kleiner Traum von mir, als Kellnerin im Café in Europa zu arbeiten. Denn im märchenhaften französischen Film "Le fabuleux destin d'Amélie Poulain" ist die Hauptdarstellerin, Amélie, Kellnerin im Café. Aber Realität ist Realität, Film ist Film. Die Arbeit im Café war viel anstrengender, als ich gedacht hatte. Danach habe ich als Rezeptionistin in einer Praxis für TCM (Traditionelle Chinesische Medizin) und in einem traditionellen, schönen Familien-Hotel und als Chinesisch-Nachhilfe und Mitarbeiterin bei der Kölner Messe gearbeitet. Natürlich sind nicht alle Jobs so einfach, aber ich habe wirklich sehr viel davon gelernt. Zusammenfassend kann ich sagen, dass die Kunden und Mitarbeiter hier zumeist echt nette Menschen sind.
Europa, Lesen und Ich
In meiner Kindheit hat meine Mutter mir bereits viele ausländische Märchenbücher gekauft. In den 80er und 90er Jahren waren dank der Öffnungspolitik zahlreiche internationale Werke ins Chinesische übersetzt worden. Damals war es in Shanghai wirklich sehr beliebt, die ausländischen klassischen Romane zu lesen. Es war auch in der Schule sehr in Mode, besonders unter den Schülerinnen, die übersetzte Literatur zu lesen. Eine sehr gute Freundin und ich haben sehr viele ins Chinesische übersetzte Romane gekauft. Wir waren wie hungrige Bücherwürmer, lasen die Bücher nacheinander.
Die ausländischen Gedichte und Romane haben mich während meiner ganzen Schulzeit begleitet. Der erste Roman, den ich in der 6. Klasse gelesen habe, war "Notre-Dame de Paris". Danach folgten "Jane Eyre", "Rebecca", "Wuthering Heights", "Oliver Twist", "Gone with the Wind", "Pride and Prejudice", "The Moon and Sixpence", "Der brave Soldat Schwejk", "1984", "The Thorn Birds", "Anna Karenina", "Krieg und Frieden", "Don Quijote", "Göttliche Komödie", "L’amour", "Die Kameliendame", "Die Leiden des jungen Werther", "Die Wahlverwandschaft", "Im Westen Nichts Neues", "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins", "Das Leben ist anderswo", "Odyssee" usw. und noch die Gedichte von Shakespeare, Yeats, Shelley, Robert Burns, Puschkin, Heinrich Heine und Charles Pierre Baudelaire etc. zu der Geschichte meines Lesens.
Zehn Jahre später, als ich die Pariser Friedhöfe Père Lachaise (Le Cimetière du Père-Lachaise), Montmartre (Cimetière de Montmartre) und Panthéon besuchte, kamen die bekannten Namen Victor Hugo, Jean-Jacques Rousseau, Émile Zola, Alexandre Dumas, Marie Curie, Pierre Curie, Alexandre Dumas der Jüngere, Voltaire, Frédéric Chopin, Heinrich Heine, Balzac, Oscar Wilde etc. wieder zu mir. Für mich war es eine komplizierte Emotion. Ich dachte, ich hätte sie schon längst kennengelernt. Als ob wir uns regelmäßig getroffen und viel über Europa diskutiert hätten. Aber jetzt stand ich vor ihren Gräbern und hatte sie endlich persönlich besucht! Ich hätte weiße Rosen mitbringen sollen. Leider habe ich keinen Blumenstand in der Nähe der Friedhöfe gefunden!
Heimweh und Abschied
Heimweh tritt jederzeit und überall auf. Eine Landkarte von China und Bilder von Shanghai lösen sofort das Heimweh aus. Aber nachdem ich 9000 Kilometer nach Shanghai geflogen bin, kann ich immer noch nicht dem Heimweh entkommen. Nach zwei Wochen sehne ich mich sehr danach, Deutsch zu sprechen. Nach drei Wochen vermisse ich immer mehr die Wälder und das Zwitschern der Vögelchen in Deutschland.
Ich habe verschiedene Museen in Europa besucht. Jedes Mal, wenn ich die chinesische Keramik, Statuen, Bilder usw. sehe, frage ich mich, ob die alten Kunstgegenstände wie ich auch Heimweh haben. Vermissen sie noch die Shang, Zhou, Qin, Han, Sui, Tang, Song, Yuan, Ming, Qing? Erinnern sie sich noch an ihre ursprünglichen Besitzer?
An viele Leiden kann man sich nicht gewöhnen. Der Abschied ist einer davon. Ich dachte, ich könnte mich irgendwann an den Abschied gewöhnen, aber so ist es nicht. An verschiedenen Flughäfen, z.B. am Shanghai-Pudong Flughafen, am Hongkonger Flughafen, am Düsseldorfer Flughafen und Frankfurter Flughafen habe ich mehrmals von Freunden und Familie Abschied genommen. Die Schmerzen und die Leiden sind immer da, wie nie verheilte Narben.
Das Gleiche und der Unterschied
Ich weiß nicht mehr, wie oft ich von chinesischen und deutschen Freunden gefragt wurde, was der Unterschied zwischen Chinesen und Deutschen ist. Meine Antwort enttäuscht sie normalerweise. Aber die Realität ist, egal welche Kultur, Tradition, politische Ideologie wir haben, wir sind alle Menschen. Das heißt, es gibt für mich keinen großen Unterschied zwischen Chinesen und Deutschen. Es liegt nicht an der Kultur oder der Geschichte, sondern dem Menschsein. Wir alle sind vernünftig und egoistisch. Wir alle wollen mehr Geld verdienen, mehr Urlaubstage und weniger Arbeitsstunden.
Die Welt
Nach elf Jahren ist mir vollkommen klar geworden, dass es kein perfektes Land auf der Welt gibt. Das Leben in Deutschland ist, besonders in wohlhabenden Kleinstädten, idyllisch und ruhig, wie die Landschaft in den Gemälden des Expressionismus. Als ob man in einem geschlossenen und ruhigen Brunnen leben würde. Im Gegensatz zu dem ordentlichen Leben in Deutschland ist das Leben in China so chaotisch, wie Unkraut in der unbezähmbaren Natur, keine Ordnung, keine Regel, aber voller Vitalität.
Mein Leben befindet sich in diesen zwei Welten. Ab und zu war ich total genervt, aber selbstverständlich habe ich inzwischen sehr viel davon profitiert. Mein Sichtfeld hat sich sehr erweitert und meine Gedanken sind vielfaltiger geworden. Bisher bin ich echt sehr glücklich in Deutschland.
Ehrlich gesagt weiß ich nicht, wie ich diesen Artikel enden lassen soll. Mein Leben setzt sich fort. In drei oder fünf Jahren werden mir wahrscheinlich wieder neue Gedanken kommen.
An dieser Stelle möchte ich einen Vorschlag machen. Deutschland ist nicht die Welt, China ist auch nicht die Welt. Also geht raus aus eurer angenehmen Lebensumgebung, habt keine Angst vor der Herausforderung und dem Abenteuer! Du weißt noch nicht, was du in der Zukunft schaffen kannst!
Min Li-Mönkediek
Alumni-Tag und Sommerfest des Instituts
Katharina Erdtmann (geb. Kurth), Projektmanagerin der Deutsch-Chinesischen Wirtschaftsvereinigung e.V. (DCW GmbH)
Dr. Matthias Hahn, Referent von Prof. Dr.-Ing. Dr. Sabine Kunst, Präsidentin der HU zu Berlin, mit Schwerpunkt auf dem Humboldt Forum.
Beide haben in Münster ein Sinologiestudium abgeschlossen, beide im Anschluss ein Auslandsjahr in der Volksrepublik absolviert (er in Nanjing, sie in Peking) und beide zweifeln an der Vereinbarkeit von Vollzeitjob und Familie:
Katharina Erdtmann und Dr. Matthias Hahn kennen sich nicht aus dem Studium. Matthias Hahn hat von 2001 bis 2006 seinen Magister studiert, Katharina Erdtmann im allerersten Bachelor-Studiengang unseres Instituts von 2006 bis 2009. Trotz diverser Gemeinsamkeiten ging es für die Beiden nach dem Studium ganz unterschiedlich weiter.
Seit 2013 ist Katharina Erdtmann Projektmanagerin bei der DCW GmbH in Köln. Nach einem halbjährigen Praktikum und einer anschließenden Stelle als Projektkoordinatorin arbeitet die Sinologin/Betriebswirtschaftlerin mit Abschlüssen aus Münster, Köln und einem Auslandsjahr in Peking für die Vereinigung, die anfangs nahezu ausschließlich deutsche Unternehmen in China unterstützte. Inzwischen ist das Aufgabenrepertoire um diverse Veranstaltungen und Networking-Events erweitert worden. Das dabei entstandene Netzwerk zählt über 420 Mitgliedsunternehmen und mehr als 25.000 Kontakte. Durch zehn ehrenamtliche Repräsentanten in Deutschland und drei in Peking, Suzhou und Shenzhen werden deutsch-chinesische Kontakte und Freundschaften hergestellt, gefestigt und gepflegt.
Für ihren Beruf benötige es keine außergewöhnlichen Begabungen, so Erdtmann. Als Qualifikation brauche es "erst Sinologie und den Rest kann man dann so lernen". Besonders gut gefalle ihr die Start-up-Mentalität ihres Teams: Eine junge, hochmotivierte Gruppe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die viel Neues aufgebaut hat. Einziger Wermutstropfen, der leider kein Einzelfall ist: "Ich arbeite nur 30 Stunden die Woche, weil sich die volle Berufstätigkeit mit einem Kind nicht vereinbaren lässt." Dabei scheint es genug Arbeit zu geben; PraktikantInnen für ein (derzeit noch unbezahltes) Praktikum werden jederzeit gesucht: www.dcw-ev.de [de].
Dr. Matthias Hahn hat es für seine jüngste Berufswahl ganz aus dem Westen Deutschlands hinaus verschlagen. Er ist als Referent für die Präsidentin der Humboldt-Universität zu Berlin, Prof. Dr.-Ing. Dr. Sabine Kunst, tätig. Sein Schwerpunkt liegt dabei auf dem Humboldt Forum, dem größten Kulturforum Deutschlands. Auch ihm reiche das Sinologie-Studium (plus Promotion) als Qualifikation aus, auch wenn er derzeit wenig Chinabezug in seinem Beruf ausfindig machen könne. Es seien eben nicht nur die konkreten Inhalte, sondern vor allem auch die im Studium vermittelten Fähigkeiten an sich, die ihn auf seinen Beruf vorbereitet hätten. Zum Beispiel kämen ihm seine Recherchefähigkeiten und die Fähigkeit zur systematischen Annäherung und Auseinandersetzung mit einem fremden Thema oft zu Gute. Er schreibt für die Präsidentin der HU Berlin Reden, Grußworte und Impulsreferate, mit deren Hilfe sich seine Vorgesetzte vor jeder Besprechung über die Inhalte und die Person(en) ihr gegenüber kurzfristig informieren kann. "Ein zehnminütiges Impulsreferat kostet mich schon mal drei Arbeitstage." Dabei spreche er im Auftrag seiner Chefin mit Firmenchefs, die seine Anliegen umgehend erfüllen. Das fühle sich toll an.
Hahn weiß aber auch, dass er nur als Vermittler auftritt: "Man arbeitet sehr viel mit geliehener Macht." Es braucht keinen lückenlosen Lebenslauf, um seinen Traumberuf zu finden. "Dass Sie als Geisteswissenschaftler eine Beschäftigungslücke von einem halben oder sogar einem ganzen Jahr haben, ist ganz normal." Spätestens seit seiner Promotion weiß Hahn: "Durststrecken gehören dazu – Durchhaltevermögen ebenso." Neben dem Job ist die Zeit mit der Familie knapp bemessen, seine Frau und er wechseln sich mit der Kinderbetreuung ab. Sein Fazit: "Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist etwas, worüber wir erst nachdenken, wenn wir es uns leisten können."
Das Sommerfest, das anschließend im Hof unseres Instituts stattfand, war ein würdiger Abschluss für zwei Ausflüge in so unterschiedliche Berufswelten. Gedanklich wieder vereint, kamen Studierende und DozentInnen hinterher zusammen, um den Abend miteinander scherzend, philosophierend und schmausend zu genießen. Dafür waren jetzt wieder die Studierenden gefragt, die mit einem ordentlichen Buffet für das leibliche Wohl sorgten. Und auch die FachschaftlerInnen, die mit Unterstützung von Frau Sapich das Sommerfest vorbereitet hatten und nun den Grill am Laufen hielten. Weniger reibungslos verlief zunächst der Aufbau für Frau Huangs Karaoke-Wettbewerb – es hakte schlichtweg an den Mikrofonen. Doch die Teilnehmenden ließen sich die Motivation nicht nehmen. Besonders die chinesischen KommilitonInnen sorgten mit ihrem ersten Auftritt für gute Stimmung, die von den weiteren KandidatInnen nahtlos aufrechterhalten wurde.
Das ganze endete in einer Siegerehrung und der Verabschiedung von unserer Sprachassistentin, Frau Huang. Das deutsche Fantrikot, das man ihr vonseiten der Studierenden überreichte, hatte als Abschiedsgeschenk in diesem WM-Sommer wohl mehr emotionalen als sportlichen Wert.
Zum Glück waren es die Teams aus Belgien und Brasilien, die mittels Live-Übertragung für weitere Unterhaltung sorgten. Wer sich nicht um Fußball scherte, begab sich nun wieder in den Hof und traf dort bei Buffet und gutem Wetter auf Gleichgesinnte. Und so ein Spiel ist schließlich schnell vorbei, sodass die meisten den Ausklang des Abends mit Getränk in der Hand unter einem lauen Sommerhimmel erleben konnten.
Wir danken allen HelferInnen und Engagierten, nicht nur für das reichhaltige Buffet, sondern auch für einen würdigen Alumnitag!
Kolja Quakernack, Jan Kubandt
袁教授访学记 - Gastprofessor Herr Yuan
三月的图书馆,来了一个陌生人,天天坐在门口的位子,摞着一堆《考古》、《文物》,不说话,也不理人。
Im März kam ein Fremder in die Bibliothek. Er saß jeden Tag auf dem Platz nah am Eingang, auf dem Tisch häuften sich die Zeitschriften 考古 Kaogu (Archäologie) und 文物 Wenwu (Kulturgegenstand). Er redete selten und schenkte uns keine Aufmerksamkeit.
我们在茶水间开起小会。顺心问你们知道那个中国男人是谁么?我不知道,媛妮宝儿也不知道,Alex说他知道。他捧出手机掐按一阵,翻出郑州大学的网页,上面是这位"中国男人"的讲学照片,下面一大段职称和著作:袁延胜,郑州大学历史学博士,现任郑州大学历史学院教授、博士生导师、中国史系主任,主要研究秦汉史……
Wir plauderten in der Teeküche. Soon-Chim fragte uns: "Kennt jemand den chinesischen Mann?" Ich kannte ihn nicht, Yuanni und Paul auch nicht. Alex sagte, er wisse, wer der Mann war. Er zog sein Handy aus der Tasche und suchte die Webseite der Universität Zhengzhou. Dort stand: Yuan Yansheng, Doktor in Geschichtswissenschaft, Professor und Doktorvater am Institut für Geschichtswissenschaft der Universität, Dekan der Fakultät für Geschichte Chinas, mit Forschungsschwerpunkt auf den Dynastien Qin und Han…
"他来这里交换六个月。"Alex 盖棺定论。四月开学,于老师姗姗把袁老师介绍给我们——其实是给袁老师介绍我们。文清和他是郑州的邻居,赵圆和他是Nienberge的邻居,我们才有时一起休息聊天。袁老师离了书桌话也不少,他说起国内大学的故事,好像给《儒林外史》作续作补;看到明斯特博物馆繁荣,又痛惜中国基层文物保存不善。
"Er bleibt hier als Gastwissenschaftler für sechs Monate“, schloss Alex.
Erst im April, als das Sommersemester begann, wurde Herr Yuan uns von Herrn Yu vorgestellt – besser gesagt wurden wir Herrn Yuan vorgestellt. Zufällig stellte sich heraus, dass Herr Yuan in Zhengzhou Nachbar von Wenqing und in Nienberge Nachbar von Zhao Yuan ist, daher machten wir manchmal zusammen eine Pause und unterhielten uns. Wenn Herr Yuan seinen Schreibtisch verließ, redete er nicht wenig. Er erzählte uns Anekdoten von den chinesischen Universitäten, als schreibe er eine Fortsetzung für 儒林外史 Rulin waishi (die inoffizielle Geschichte des Gelehrtenwalds); als wir von den vielfältigen Museen in Münster sprachen, beklagte er die Kulturgegenstände, die in Kreisen oder Gemeinden aufbewahrt, aber nicht gut geschützt sind.
四五六月,袁老师应系里邀请做了三场学术报告:《中国简帛出土与研究》,概述中国简帛研究发展过程;《二年律令户律中的户籍问题》,介绍1983年湖北张家山汉墓出土吕后二年(前186年)的户律竹简,反映当时地方户籍、居住土地和财产继承的大概情况;《里耶秦代户版研究》,2005 年出土于湘西里耶古城的秦简,是现存最早的实物户籍资料(类似今日户口簿),详细记载了当地的家庭构成情况。自上世纪初大量发掘出土,简帛文书成为秦汉史研究的重要资料,近年又不断有新简帛问世,引起海内外学界的关注。听众不仅有明斯特在读的研究生,也有远道而来的专业学者,德国人接二连三细心提问,我们中国学生都自愧不如。
Jeweils im April, Mai und Juni wurde Herr Yuan vom Institut eingeladen, einen Vortrag zu halten. Der erste, "Die Forschung über ausgegrabene Bambus- oder Holztäfelchen und Seiden (mit Text) in China", war ein Rückblick auf die Entwicklung der Forschung in diesem Bereich. Bei dem zweiten, "Probleme bezüglich der Einwohnerverzeichnisse in den Haushaltsgesetzen des 二年律令 Ernián lǜlìng (Gesetz des zweiten Jahres)", stellte er die 1983 in Zhangjiashan in der Provinz Hubei ausgegrabenen Bambustäfelchen vor, auf denen das Haushaltsgesetz des zweiten Jahres der Regierungsperiode der Kaiserin Lü in der Han-Dynastie (186 v. Chr.) verzeichnet ist. Dadurch kann man die Struktur der lokalen Haushalte, der Grundstücke von deren Wohnsitzen und der Erbschaft im Allgemeinen erkennen. Der dritte war "Die Forschung über die Qin-zeitlichen Einwohnerverzeichnistäfelchen von Liye"; diese Täfelchen wurden 2005 in der Altstadt von Liye im Westen der Provinz Hunan gefunden und sind das älteste erhaltene Einwohnerverzeichnis, in dem die Struktur eines Haushaltes detailliert aufgezeichnet wurde. Seit im letzten Jahrhundert eine große Menge von Bambus- oder Holztäfelchen und Seiden ausgegraben wurden, sind die Aufzeichnungen auf ihnen zum wichtigen Material für die Untersuchung der Qin- und Han-Zeit geworden. In vergangenen Jahren wurden viele neue Täfelchen und Seiden freigelegt und haben die Aufmerksamkeit von Wissenschaftlern weltweit erregt. Die Hörer der Vorträge waren nicht nur die Studierenden unseres Instituts, sondern auch von weit hergekommene Wissenschaftler. Deutsche stellten eine Frage nach der anderen, ich schämte mich, nicht so detailliert zuhören zu können.
袁老师每天清早来系里看书,尤其关注大陆少见的图书资料;傍晚六七点回住处,给家人做饭。暑期放假,总算“长辞”一回图书馆,带女儿出去玩了五天。女儿读高中,喜欢陶渊明的诗,有时也随父亲来系里读书。
Jeden Tag kam Herr Yuan frühmorgens in die Bibliothek. Er schenkte den auf dem chinesischen Festland selten gesehenen Veröffentlichungen besondere Beachtung. Erst um sechs, sieben Uhr abends ging er nach Hause und kochte für seine Familie. In den Sommerferien kam es zum ersten Mal vor, dass Herr Yuan sich "für eine lange Zeit" vom Institut verabschiedete, um seine Tochter auf eine Reise zu begleiten. Seine Tochter geht aufs Gymnasium. Sie mag die Gedichte von Tao Yuanming und las manchmal mit ihrem Vater in der Bibliothek.
袁老师几次称赞明斯特汉学系的“人性化管理”,周末、放假,要用功的学生仍可以进来,不像国内有些地方,铁门一锁,万夫莫开。学生少而努力,藏书多且易得,确实是做学问的好地方。
Herr Yuan schätzt die "menschliche Verwaltung" unseres Instituts. Auch am Wochenende können Studierende die Bibliothek betreten, während an manchen chinesischen Universitäten verschlossene Türen alle Besucher abwehren. Hier sind die Studierenden wenig, aber fleißig, und die Büchersammlung ist umfangreich und zugänglich; es ist wirklich ein guter Ort zum Studieren.
Lu An
Praktikum bei der analyse asia GmbH
Im vergangenen Jahr absolvierte Sinologie-Studentin Jasmin Shadid ein Praktikum bei der analyse asia GmbH. Hier berichtet sie über ihre Erfahrungen und den Bewerbungsprozess.
Bewerbungsablauf
Zunächst habe ich auf diversen Praktika-Portalen nach einer geeigneten Stelle gesucht und bin schließlich bei meinpraktikum.de auf die Stellenausschreibung der analyse asia GmbH in Bochum aufmerksam geworden. Ich fühlte mich von der Stellenausschreibung direkt angesprochen, vor allem dadurch, dass Studenten aus verschiedenen Studiengängen gesucht und Chinesischkenntnisse als vorteilhaft gesehen wurden. Daraufhin habe ich mich sofort mit der Firma in Kontakt gesetzt und meine Bewerbung inklusive Lebenslauf abgeschickt. Ich bekam in nur wenigen Tagen bereits eine positive Antwort, in der ich zum Vorstellungsgespräch nach Bochum eingeladen wurde.
Am Tag des Vorstellungsgesprächs wurde mir das Konzept des Unternehmens sowie dessen Tätigkeiten vorgestellt. Außerdem lernte ich das ganze analyse asia-Team und die derzeitige Praktikantin kennen. Danach lief alles relativ schnell und unkompliziert. Ich kam eine Woche später nochmal vorbei, um meinen Praktikumsvertrag zu unterzeichnen und bekam dort noch meinen Arbeitsplatz zugewiesen. Die damalige Praktikantin war bereits am Ende ihres Praktikums und ich löste sie somit ab.
Das Unternehmen
Die analyse asia GmbH ist im Auftrag deutscher und chinesischer Unternehmen in den Bereichen Beratung und Handel tätig. Sie versteht sich in erster Linie als Beratungsunternehmen (Management Consulting), sowohl für Gründer neuer Unternehmen als auch für bestehende Unternehmen. Dabei entwickelt sie Businesskonzepte und erstellt Markt- und Wettbewerbsanalysen. Bei diesen und ähnlichen Tätigkeiten durfte ich einen Einblick gewinnen und viel mitgestalten. Das Unternehmen ist relativ klein, jedoch hatte dies zum Vorteil, dass unsere Arbeitsstruktur flexibel war. Seit mehreren Monaten beschäftig es sich auch intensiv mit Exporten deutscher Produkte nach China. Außerdem war das Unternehmen während meines Praktikums dabei, zusammen mit einem chinesischen Partnerunternehmen die Gründung einer chinesisch-deutschen Einkaufsgesellschaft in China vorzubereiten.
Meine Aufgaben
Mein Arbeitstag begann um 9 Uhr und ging bis 16 Uhr, wobei ich an zwei Tagen in der Woche von zu Hause aus an meinem eigenen PC arbeiten durfte (Home Office). Somit bin ich meistens nur drei Mal die Woche nach Bochum gefahren, um vor Ort im Büro zu arbeiten. Während meines Praktikums hatte ich sehr abwechslungsreiche und unterschiedliche Aufgaben. Zum einen bestand ein Großteil meiner Aufgaben aus Datenrecherche und der Unterstützung bei der Erstellung von Marktanalysen. Zum anderen durfte ich diverse Dokumente vom Englischen oder Chinesischen ins Deutsche übersetzen, wie z.B. Bedienungsanleitungen der zu verkaufenden Produkte und deren Produktbeschreibungen. Ich war auch für Social Media-Beiträge, wie z.B. auf Twitter, zuständig und habe auch diese in anderen Sprachen veröffentlicht. Für die Pflege und Verwaltung der Webseite eines Verkaufsportals, über die von der analyse asia GmbH verschiedene Produkte verkauft wurden, war ich mit einem Mitarbeiter zusammen verantwortlich. Das Unternehmen war außerdem für die Verwaltung und Kundendienstleistung einer Kochschule in Bochum zuständig, in der ich auch eingebunden war.
Ich habe mich u.a. um die Kundenbetreuung per Telefon und E-Mail gekümmert und für die Kochschule Flyer, Rezepte und Menükarten erstellt. Einmal hatte ich die Chance, einen wichtigen Geschäftspartner aus Hong Kong über Skype zu einem interessanten Thema zu interviewen, und darüber anschließend einen Blogeintrag zu schreiben, der auf dem Blog des Unternehmens veröffentlicht wurde.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass mir das Praktikum aufgrund der Vielfalt an Aufgaben und der guten Arbeitsatmosphäre sehr gut gefallen hat und ich es auf jeden Fall weiterempfehlen würde! Ein guter Tipp: sehr gute Microsoft Office-Kenntnisse, vor allem in Excel, sind von Vorteil!
Jasmin Shadid