vor Ihnen liegt die 18. Ausgabe unseres Newsletters des Instituts für Sinologie und Ostasienkunde. Wie immer hoffen wir, dass er Ihnen nicht nur einen Einblick in, sondern auch einen Zugang zu unserem Institut bietet. Aus persönlicher Erfahrung kann ich mit Stolz sagen, dass hier ein Ort ist, an dem leidenschaftliche und wissbegierige Studierende zusammenkommen und wo eine Vielzahl anregender wissenschaftlicher Ideen und Diskussionen stattfindet. In der Bibliothek begegnet man immer wieder den eifrigen, in die Bücherwelt vertieften Gestalten, und in der Teeküche sieht man die herzlichen Szenen lebendiger Gespräche. Im August haben wir herzlich den beiden Studierenden gratuliert, die als erste erfolgreich das Greater China-Zertifikat erhalten haben. Wir haben uns gewünscht, dass immer mehr Studierende die Gelegenheit nutzen, sich intensiv mit Greater China auseinanderzusetzen. Im November werden wir die XXXV. DVCS-Jahrestagung 2024 mit dem Thema „Krieg und Frieden 戰爭與和平“ feierlich ausrichten. Vom 15. bis 17. November bieten wir eine Plattform für tiefgehende und umfassende Gespräche mit Experten und Wissenschaftlern. Dies ist das erste Mal seit zehn Jahren, dass die DVCS-Jahrestagung wieder an der Universität Münster und in unserem Institut stattfindet.
Dieses Jahr markiert das 12. Jahr der Herausgabe dieses Newsletters. In der chinesischen Sprache und Kultur steht eine Periode von 12 Jahre für einen Zyklus und einen Neubeginn. Im vereinfachten chinesischen Schriftzeichen bestehen „开始“ (Beginn) aus 12 Strichen, „未来“ (Zukunft) auch aus 12 Strichen, „我们“ (wir), „朋友“ (Freunde) und „快乐“ (Freude) ebenfalls aus 12 Strichen. Ob Sie nun ein langjähriger Freund unseres Instituts sind oder bald Ihr Studium hier beginnen werden, lassen Sie uns gemeinsam die Zukunft gestalten und Freude erleben!
Ihre Gao Yue (26.08.2024)
Ankündigungen
08.11.2024
Kalligraphie-Workshop zu chinesischer und arabischer Kalligraphie
Am Freitag, den 08. November 2024, von 15:00 bis 19:00 Uhr bietet das Asienzentrum einen spannenden Kalligraphie-Workshop an, der sich speziell an Studierende richtet. Der Workshop wird von Dr. Yu Hong und Iyad Shraim M.A. geleitet und bietet eine einzigartige Gelegenheit, sowohl in die chinesische als auch die arabische Kalligraphie einzutauchen. Nach einer theoretischen Einführung durch beide Dozenten erhalten die Teilnehmenden einen faszinierenden Einblick in die jeweiligen Stilrichtungen der Kalligraphie. Im praktischen Teil des Workshops können sie dann ihre ersten eigenen Schriftkunstwerke in einem der beiden Stile erstellen. Der Workshop ist eine tolle Möglichkeit, die Kunst der Kalligraphie näher kennenzulernen und selbst kreativ tätig zu werden. Anmeldung bitte per E-Mail an: asienzentrum@uni-muenster.de. Wann: 15:00 Uhr Wo: Seminarraum RS 23, Institut für Sinologie und Ostasienkunde, Schlaunstraße 2, 48143 Münster
22.01.2025
Neujahrsfest
Das Asienzentrum lädt Studierende und Lehrende ein, das Neujahrsfest gemeinsam zu feiern. Freuen Sie sich auf ein buntes Programm, gute Gespräche und den Austausch in einer entspannten Atmosphäre. Starten wir das neue Jahr mit einem starken Gemeinschaftsgefühl! Beginn ist um 18:00 Uhr.
Wann: 18:00 Uhr
Wo: Baracke, Scharnhorststr. 106, 48151 Münster
Unsere Fachschaft stellt sich vor
Die Fachschaft der Sinologie Münster ist ein engagiertes Team von Studierenden, das sich für die Interessen der Sinologie-Studierenden einsetzt. Wir organisieren regelmäßig Veranstaltungen wie kulturelle Events, Stammtische oder kleine Feten, die das studentische Leben bereichern und den Austausch untereinander fördern. Bei Fragen rund ums Studium oder Problemen stehen wir jederzeit als Ansprechpartner zur Verfügung. Ob Hilfe bei der Kurswahl, Tipps zum Auslandssemester oder allgemeine Anliegen – schreibt uns gerne jederzeit unter fssino@uni-muenster.de. Schaut vorbei und lernt uns kennen, wir freuen uns auf euch!
Yannis Karathanassis
Start des Asienzentrums
Feierliche Eröffnung im Mai 2024.
Am 13. Mai 2024 fand im Heereman'schen Hof die Eröffnungsfeier des Asienzentrums statt. Sprecherin Prof. Dr. Kerstin Storm stellte das neue Logo vor und erklärte die Aufgaben und Ziele des Asienzentrums. Ziel des Asienzentrums ist es, Kompetenzen und Interessen, die sich auf Asien beziehen, sichtbar zu machen und asieninteressierte Wissenschaftler*innen und Studierende miteinander zu vernetzen. Das Asienzentrum ist zum jetzigen Zeitpunkt ein virtuelles, informelles Zentrum ohne Satzung und eigene Räumlichkeiten, aber mit einem umfangreichen Veranstaltungs- und Serviceangebot.
Ein Höhepunkt war die Präsentation der drei Zertifikate, welche seit dem Sommersemester dieses Jahres nun von Studierenden aller Fachrichtungen erworben werden können: das Zertifikat Islamische Kulturen, das Study India Certificate und das Greater China-Zertifikat. Genauere Informationen sind auf der Homepage des Asienzentrums zu finden.
Seit Juli gibt es eine telefonische Beratungssprechstunde, in der alle Fragen mit Asienbezug an der Uni Münster gestellt werden können. Insbesondere Studierende sind herzlich dazu eingeladen, das Angebot zu nutzen.
Alle Studierenden, die sich für Kooperationen mit Universitäten in Asien interessieren, oder die sich mit asiatischen Studierenden und Studierenden anderer Fachbereiche vernetzen wollen und mehr über Forschung mit Asienbezug an der Uni Münster wissen wollen, können sich an das Asienzentrum wenden. In Münster neu angekommenen Studierenden aus dem Ausland kann außerdem Orientierungshilfe geboten werden. Für Studierende ist das Asienzentrum eine Beratungsstelle und soll eine lebendige Austauschplattform werden.
Studierende und Mitarbeiter*innen der Universität Münster und alle darüber hinaus interessierten Personen sind herzlich eingeladen, Mitglieder des Asienzentrums zu werden. Dazu steht auf der Internetseite das entsprechende Anmeldeformular zur Verfügung. Die Mitgliedschaft ist kostenlos. Mitglieder werden über den Mail-Verteiler über alle Neuigkeiten des Zentrums informiert und haben darüber hinaus die Möglichkeit, an den Mitglieder-Versammlungen teilzunehmen. Am 10. Juli 2024 fand als Auftaktveranstaltung des zukünftigen Programms am Asienzentrum der Vortrag „Wissenschaftlich kooperieren mit China“ statt.
Der Einladung von Jun.-Prof. Dr. Anne Schmiedl folgend, referierten die beiden Gäste Dr. des. Sabine Weber von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (Verbundprojekt KoWinChi – Kompetent wissenschaftlich interagieren mit China) und Dr. Daniel Sprick von der Universität zu Köln (Lehrstuhl für chinesische Rechtskultur). Thema war der Umgang mit wissenschaftlichen Kooperationen angesichts der aktuellen politischen Situationen der EU und Chinas und die Frage nach der Rolle der Sinologie bei der Klärung solcher Fragen.
Für das kommende Wintersemester sind folgende Veranstaltungen geplant: Am Freitag, den 8. November wird im Institut von 15-19 Uhr ein Kalligraphie-Workshop zu chinesischer und arabischer Kalligraphie stattfinden. Weitere Informationen sind auf der Website des Asienzentrums im Veranstaltungskalender zu finden. Am 22. Januar 2025 ist das Neujahrsfest des Asienzentrums in der Baracke geplant.
Ein kleiner Guide zu Sprachkursen an der NTNU in Taiwan
Eine Master-Studentin gibt interessierten Studierenden einen wichtigen Einblick in die Chinesisch-Kurse an der National Taiwan Normal University.
Liebe Studis,
ich hatte das Glück, sowohl im Bachelor als auch im Master einige Zeit an der National Taiwan Normal University (NTNU) in Taipeh verbringen zu dürfen. Während dieser zwei Auslandsaufenthalte konnte ich die wichtigsten Bereiche der Universität kennenlernen und mich mit den angebotenen Chinesisch-Kursen vertraut machen. Allen voran sind dabei die Angebote des Mandarin Training Center (MTC) und des Institutes für Chinesisch als Zweitsprache (華語教學係) nennen. Um zukünftigen Studierenden die Wahl zwischen diesen beiden Institutionen etwas zu erleichtern, möchte ich sie im Folgenden kurz vorstellen.
Das Mandarin Training Center (MTC)
Allgemeines und Kursangebot
Das 1956 gegründete Mandarin Training Center, kurz MTC, ist mit rund 1.000 Studierenden pro Jahr eines der größten Zentren zum Erlernen der chinesischen Sprache weltweit. Es befindet sich auf dem Campus der NTNU, direkt gegenüber der Bibliothek. Studierenden werden Kurse auf sechs verschiedenen Sprachleveln angeboten, deren Schwierigkeitsgrade von Anfängern ohne Vorkenntnisse bis zu weit Fortgeschrittenen reichen. Neben den allgemeinen Sprachkursen gibt es auch Kurse zu chinesischer und taiwanischer Kultur, Kalligraphie oder themenspezifische Sprachkurse, etwa Chinesisch in den Nachrichten und Medien. Besonders bekannt ist das MTC für seine dreimonatigen Intensivsprachkurse (über die ich jedoch nichts sagen kann, weil ich die nicht besucht habe :D).
Unabhängig davon, welches Host-Department ihr für euren Austausch an der NTNU wählt, steht Austauschstudierenden unseres Instituts ein kostenloser Sprachkurs am MTC zu. Intensivkurse, Sommerprogramme und andere Angebote müssen selbst bezahlt werden, wobei Austauschstudierende auf Anfrage Rabatt erhalten. Achtung: Die NTNU selbst unterscheidet zwischen Exchange Students und Visiting Students. Als Visiting Student seid ihr keine offiziellen Austauschstudierenden eurer Universität und bekommt daher auch keinen kostenlosen Kurs am MTC. Dafür habt ihr die freie Wahl, was euer Gastinstitut angeht und seid auch ansonsten bei Leistungs- und Kurswahl relativ ungebunden. Für Exchange Students der Sinologie Münster stehen in der Regel zwei Gastinstitute zur Auswahl, auf die ihr euch, im Rahmen der Ausschreibung, bewerben könnt.
Die kostenlosen Kurse sind meist nachmittags und können ergänzend zu euren NTNU-Kursen gemacht werden. In meinem Fall fand der Kurs zwei Mal pro Woche für jeweils drei Stunden statt. Zwar konnte man eine Präferenz angeben, ob die Kurse montags und donnerstags oder dienstags und freitags stattfinden sollten; ob dies jedoch wirklich umgesetzt werden kann, hängt von der Menge der Kursteilnehmer ab. Bei mir wäre ein Freitagskurs beispielsweise nicht zustande gekommen.
Einstufungstest und Registrierung
Zu Beginn des Semesters müsst ihr online einen Einstufungstest abschließen, der Hör-, Lese- und Schreibverständnis auf ein entsprechendes Buchniveau einordnet. Bei der Registrierung vor Ort findet dann auch noch ein kurzes mündliches Gespräch mit einer MTC-Lehrkraft statt. Auch hier gilt allerdings zu beachten: Ob ein Kurs zustande kommt, hängt letztlich von der Menge der möglichen TeilnehmerInnen ab.
Die Kursmaterialien müssen selbst gekauft werden; in der Regel handelt es sich dabei um die hauseigene Buchreihe A Course in Contemporary Chinese, die neben Grammatik, Vokabeln und Lektionstexten auch Audios für Hörverständnis beinhaltet. Vor allem in den höheren Leveln sind die Bücher zudem auf Diskussionen mit der Klasse ausgelegt und bieten die Möglichkeit zur Sprachpraxis. Wie genau der Unterricht abläuft, hängt jedoch, ihr ahnt es, von den Lehrkräften und der Kursgröße ab. Kleinere Kurse haben in der Regel deutlich mehr Gestaltungsfreiraum.
Für wen ist das MTC geeignet?
Das MTC bietet euch Freiheit bei der Kurswahl an der NTNU und regelmäßige Sprachpraxis. Wer das volle Angebot der Universität nutzen und viele Kurse aus verschiedenen Fachbereichen wählen, aber trotzdem auch in klassischen Sprachkursen die eigenen Chinesisch-Kenntnisse verbessern will, kann die kostenlosen Kurse am MTC dazu gut nutzen. Wenn genügend KursteilnehmerInnen da sind, kann trotz Einstufungstest in der Regel auch in ein höheres oder niedrigeres Sprachlevel gewechselt werden, was vielleicht für diejenigen interessant ist, die sich gerne selbst herausfordern oder entlasten möchten. Meist gibt es wöchentliche Vokabeltests, Hausaufgaben sowie Midterms und Finals. Gerade in den höheren Kursleveln sind die Gruppen jedoch oft kleiner und bieten größere Freiheit bei der Kursgestaltung. Wer sich vollständig auf das Chinesischlernen konzentrieren möchte, sollte, vor allem als Anfänger, einen Intensivkurs in Erwägung ziehen, um das volle Potential des MTC zu nutzen. Die aktuellen Preise (ohne Rabatt) finden sich auf dessen Website.
Zuletzt sollten Studierende jedoch auch vorgewarnt sein: Die Organisation am MTC verläuft nicht immer reibungslos. Ich musste beispielsweise die mündliche Prüfung zwei Mal machen und mich neu registrieren, weil man meine alten Registrierungsunterlagen verloren hatte. Leider gab es auch bei einigen anderen KommilitonInnen solche Schwierigkeiten. Gerade in der Anfangszeit kann einen das in einem fremden Land etwas einschüchtern. In der Regel lässt sich aber alles mit etwas Geduld und Nachfrage vor Ort lösen. Lest euch dennoch vorher die Informationen auf der Website und die E-Mails vom MTC gut durch und fotografiert zur Sicherheit eure Testergebnisse und eure Unterlagen ab.
Das Institut für Chinesisch als Zweitsprache (華語教學系)
Fokus und Geschichte
Das Institut für Chinesisch als Zweitsprache gehört zur NTNU und wurde 1995 als Master-Programm gegründet. Seit 2007 gibt es auch ein Bachelor-Programm. Beide Programme waren die ersten ihrer Art in Taiwan und genießen deswegen noch heute einen hervorragenden Ruf. Der Master ist darauf ausgelegt, Studierenden beizubringen, wie man Chinesisch als Zweitsprache unterrichtet und bildet zukünftige Lehrkräfte aus. Unsere Gastlehrkräfte aus Taiwan sind beispielsweise Studierende dieses Studiengangs. Das Bachelor-Programm richtet sich hingegen hauptsächlich an internationale Studierende der NTNU, die sich sprachlich auf ein weiteres Studium an der Universität oder auf das Leben und Arbeiten in Taiwan vorbereiten möchten. Das Institut hat sich das Ziel gesetzt, die chinesische Sprache und chinesische sowie taiwanische Kultur zu vermitteln, und legt besonderen Wert auf kulturellen Austausch in einem offenen, bunten Bildungsumfeld. Auch Austauschstudierende sind daher herzlich am Institut willkommen. Die Lehrkräfte, welche das Institut teilweise bereits seit 30 Jahren begleiten und teilweise auch die MTC-Bücher gestalten, orientieren sich an den neuesten pädagogischen Entwicklungen zum Erlernen der chinesischen Sprache. Lehrpläne und Kursinhalte werden daher stetig weiterentwickelt.
Einstufungstest und Kursangebot
Bachelor-Studierende müssen einen Einstufungstest ablegen, gefolgt von einem kurzen Gespräch mit einer Lehrkraft. Danach werden sie in eine von vier Klassen eingeordnet (A-D; dabei sind D Anfänger ohne Vorkenntnisse und dann immer aufwärts). Master-Studierende müssen keinen Test ablegen, sondern sollen ihre Fähigkeiten selbst einschätzen und Kurse besuchen. Allerdings können hier die Lehrkräfte ein Veto einlegen, da beispielsweise einige Kurse auf ein Jahr ausgelegt sind und es somit Probleme beim Einstieg in die Materie geben könnte, wenn ihr zum Sommersemester kommt, etc. Zudem benötigt ihr für die Kurseinschreibung einen Code von der entsprechenden Lehrkraft.
Das Kursangebot des Institutes ist von Level zu Level unterschiedlich. Ebenso unterscheiden sich die Materialien (diese müssen auch selbst gekauft werden, sind aber in der Regel deutlich günstiger als die des MTC). Grundsätzlich gibt es allgemeine Chinesischkurse, Kurse zum Lese- und Schreibverständnis, Diskussionskurse, in denen beispielsweise geübt wird, wie man eine Präsentation hält und verschiedene Themen debattiert, sowie Kurse zur Verbesserung des Hörverständnisses. Neben diesen Sprachkursen gibt es auch ein umfangreiches Angebot von Kursen, die sich mit kulturellen und politischen Themen auseinandersetzen. Die Kurssprache ist dabei immer Mandarin. Während in den kostenlosen Kursen des MTC ausschließlich Austauschstudierende zu finden sind, bestehen die Klassen im Institut für Chinesisch als Zweitsprache vorwiegend aus ausländischen Vollzeitstudierenden der NTNU. Wie auch am MTC, müssen Studierende mit Hausaufgaben, wöchentlichen Vokabeltests, Midterms und Finals rechnen.
Für wen ist das Institut geeignet?
Die meisten Kurse sind zwei Mal wöchentlich und zu unterschiedlichen Zeiten. Es kann daher sein, dass sich die Kurse mit einigen anderen kreuzen, die ihr wählen möchtet. Ich habe am Institut für Chinesisch als Zweitsprache ausschließlich gute Erfahrungen gemacht und kann es wärmstens jedem empfehlen, der einen Auslandsaufenthalt an der NTNU machen möchte. Gerade die Kurse für Lese- und Schreibverständnis sowie der allgemeine Kurs sind allerdings sehr arbeitsintensiv. Auch wenn das Angebot sehr umfangreich ist, solltet ihr daher aufpassen, dass ihr euch nicht übernehmt.
Marie Klemme
Ein Interview mit Jun.-Prof. Dr. Anne Schmiedl
Auch der Newsletter freut sich, Jun.-Prof. Dr. Anne Schmiedl zu begrüßen! Sie konnte uns nicht entkommen und hat sich Zeit für ein Interview genommen.
NS: Der Weg zur Juniorprofessur führte über einen langen Bewerbungsprozess. Wie gestaltete sich der Prozess und wie war das für Sie?
AS: Ein Berufungsverfahren kann manchmal Jahre dauern. Im ersten Schritt schickt man Bewerbungsunterlagen ein, darunter Lebenslauf, Publikations- und Vortragsverzeichnis sowie ein Abriss über zukünftige Pläne in Forschung und Lehre. Im zweiten Schritt sendet man seine Dissertation und Aufsätze ein. Die Auswahlkommission lädt dann im dritten Schritt die besten Bewerber:innen zu Berufungsvorträgen ein. Bei diesem Termin stellen die Bewerber:innen ihre Forschung in einem Vortrag vor, beantworten die Fragen der Auswahlkommission und führen ein Gespräch mit den Studierenden des Instituts. Danach werden die Unterlagen der besten Bewerber:innen zusätzlich von externen Expert:innen geprüft und so ergibt sich am Ende ein Urteil, wer der oder die beste Kandidat:in für die Stelle ist. Wenn dann noch Senat und Rektor der Universität diesem Urteil zustimmen, ist das Verfahren mit dem sogenannten „Ruf“, also der Berufung auf die Stelle, beendet. Meine Erfahrung mit dem Bewerbungsprozess war insgesamt sehr positiv – da es meine erste Bewerbung auf eine Professur war, war alles neu für mich und ich habe viel gelernt. Die Berufungsgespräche hier in Münster waren von einer positiven Atmosphäre gekennzeichnet, so dass ich gleich begeistert von der Universität und dem Institut war und mich dann wirklich sehr über den Ruf nach Münster gefreut habe.
NS: Was genau ist denn eigentlich eine Juniorprofessur und wie kommt man dazu?
AS: Eine Juniorprofessur ist eine Stelle, auf der man sich für eine Lebenszeitprofessur qualifizieren kann. Eine Juniorprofessur dauert meist sechs Jahre, mit einer Zwischenevaluation nach drei und einer Abschlussevaluation nach sechs Jahren. Manche Juniorprofessuren sind befristet und enden nach sechs Jahren. Im Fall einer Juniorprofessur mit Tenure Track wird die Stelle bei positiver Evaluation nach sechs Jahren in eine Lebenszeitprofessur umgewandelt. Meine Juniorprofessur hier am Institut für Sinologie und Ostasienkunde hat Tenure Track, das heißt, dass ich in sechs Jahren hier hoffentlich als reguläre Professorin tätig sein werde.
NS: Sie wohnen ja noch nicht allzu lange in Münster. Wie gefällt Ihnen denn die Stadt und ihre Umgebung bisher? Konnten Sie schon etwas erleben?
AS: Die Stadt und die Universität gefallen mir bisher sehr gut, auch wenn ich natürlich noch nicht alles hier vor Ort kennenlernen konnte. Besonders das Institut für Sinologie und Ostasienkunde ist wirklich etwas Besonderes; die Bibliothek ist traumhaft, die Kolleg:innen und Studierenden sehr nett. Aber auch über meinen Arbeitsplatz hinaus bin ich gerne in Münster. Ich genieße sehr, mit dem Fahrrad unterwegs zu sein, und verbringe meine Freizeit gerne in den vielen sympathischen Cafés der Stadt. Am Wochenende habe ich außerdem schon bei Ausflügen die nähere und entferntere Umgebung der Stadt erkundet. Ich freue mich auch darauf, noch einiges mehr zu entdecken!
NS: Ihrer Vita habe ich entnommen, dass Sie neben Taiwan und China ebenfalls Forschungs- und Studienaufenthalte in Korea und Japan hatten. Salopp gefragt: Welches Land hat Ihnen denn am meisten zugesagt?
AS: Ehrlich gesagt: Alle! Jedes Land, in dem ich bisher längere Zeit verbracht habe, hat mir spannende neue Erfahrungen ermöglicht und mein Wissen erweitert. Ich möchte keinen dieser Aufenthalte missen und will in Zukunft unbedingt weitere unbekannte Orte für Forschungsaufenthalte besuchen, aber auch an die Orte meiner bisherigen Forschungs- und Studienaufenthalte zurückkehren.
NS: Und welche Forschungseinrichtung?
AS: Alle Forschungseinrichtungen hatten ihre Stärken und ich habe lange Stunden in tollen Bibliotheken verbracht und viel bei Vorträgen und Workshops gelernt. Noch lieber als an die Institute selbst erinnere ich mich an die Freundschaften, die ich dort geschlossen habe: an gemeinsames Taijiquan mit Professor:innen an der Shandong Universität, an Tee mit Kolleg:innen der Universität Tokyo, an Feldforschung in Taibei, an Kendo in Yamaguchi, an Karaoke mit den Gastgeber:innen der Yonsei Universität…
NS: Welchen Eindruck konnten Sie bisher vom Institut für Sinologie und Ostasienkunde erlangen?
AS: Bisher gefällt es mir am Institut für Sinologie und Ostasienkunde sehr gut. Die Bibliothek ist gut ausgestattet, die Räumlichkeiten des Instituts sind wunderschön, die Kolleg:innen sind sehr freundlich und die Studierenden fleißig und interessiert. Alle wissenschaftlichen Mitarbeiter:innen des Instituts zeichnen sich durch exzellente Forschungs- und Lehrexpertise aus, sind darüber hinaus aber auch mit Herzblut an der Gestaltung einer positiven Atmosphäre am Institut beteiligt. Mit Prof. Kerstin Storm hat das Institut die fähigste Direktorin, die man sich vorstellen kann. Anne Sapich ist eine wirklich herausragende Bibliothekarin wie Sekretärin und Alexander Brosch ein über alle Maßen engagierter Studienberater. Dass all diese begabten Personen und positiven Faktoren an einem Institut zusammenkommen, ist ausgesprochen selten – ich schätze mich sehr glücklich, hier zu arbeiten.
NS: Sie übernehmen zwei Kurse im Wintersemester 2024/25. Was für Erwartungen haben Sie an die Kurse?
AS: Vor allem freue ich mich darauf, weitere Studierende des Instituts kennenzulernen. Im letzten Semester konnte ich schon die Studierenden im zweiten BA-Semester (Kurs „Neuzeitliche Grundlagen“) sowie Studierende, die an ihren BA- und MA-Arbeiten schreiben („Colloquium“), kennenlernen. Beide Kurse haben mir viel Spaß gemacht; die Studierenden haben fleißig mitgearbeitet und mitdiskutiert. Im Wintersemester werde ich Kurse im dritten MA-Semester unterrichten. Ich bin sehr gespannt, welches Wissen und welche Forschungsinteressen diese Studierenden mitbringen und hoffe auf weitere spannende Diskussionen.
NS: Können Sie uns ein wenig zu Ihrem Forschungsschwerpunkt erzählen und wie Sie dazu gekommen sind?
AS: In meiner Dissertation habe ich mich mit der chinesischen Technik der Schriftzeichenmanipulation beschäftigt (chinesisch: cezi測字 oder chaizi拆字). Die Schriftzeichenmani-pulation wurde von chinesischen Gelehrten der Kaiserzeit einerseits als rhetorisches Spiel verwendet, um in Texten ihre gute Kenntnis der chinesischen Schrift zu beweisen. Andererseits wurde die Technik auch als populärreligiöse Praktik angewendet, um den Kosmos zu verstehen und die Zukunft vorherzusagen.
Die Schriftzeichenmanipulation ist linguistisch sehr interessant, da Schriftzeichen erst einmal auf ungewöhnliche bzw. wenig intuitiv erscheinende Weise behandelt werden – so werden zum Beispiel die Striche und Punkte der Schriftzeichen verändert, so dass sich neue Zeichen ergeben, oder andere, homophone Schriftzeichen werden zum Vergleich herangezogen. Auch die historische Entwicklung der Technik ist spannend, da sie ihre Vorläufer bereits in der Zhou-Dynastie hat, sich dann bis zur Song-Dynastie zu einer fertigen Wahrsagepraktik entwickelte und bis heute in China und Taiwan Anwendung findet. Lassen Sie mich Ihnen als einfaches Beispiel eine kurze (wahrscheinlich erfundene) Anekdote aus der Song-Dynastie geben, niedergeschrieben im Yujian寓簡: Angeblich sandte der Kaiser Song Huizong 宋徽宗 (1082–1135) jemanden zum berühmten Wahrsager Xie Shi 謝石 (Daten unbekannt). Der Gesandte bat Xie Shi um eine Wahrsagung mit dem Schriftzeichen chao朝, ohne ihm mitzuteilen, dass er vom Kaiser geschickt worden war. Xie Shi erkannte angeblich sofort, dass der Mann vom Kaiser beauftragt worden war. Er zerlegte das Schriftzeichen chao朝 in seine Bestandteile shi yue shi ri十月十日, was so viel wie „der zehnte Tag des zehnten Monats“ bedeutet. Da der 10.10. der Geburtstag des Kaisers war, folgerte Xie Shi, dass der Auftraggeber der Kaiser sein musste.
NS: Woran forschen Sie denn aktuell? Und gibt es da schon Neuigkeiten zu verzeichnen?
AS: In meinem neuen Projekt beschäftige ich mich mit mythischen literarischen Figuren. Ich analysiere mythische Figuren in Texten der späten Kaiserzeit und erforsche, wie diese Figuren sich im Lauf ihrer Entwicklung bis ins kontemporäre China und bei ihrer Transmission nach Japan verändern. Besonderen Fokus lege ich dabei auf Frauenfiguren. Aktuell schreibe ich im Rahmen dieses Forschungsgebiets an einem Aufsatz zur Geschichte und Entwicklung des Begriffs „Mythos“ (shenhua神話) in China. Diesen Begriff gibt es erst seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts in dieser Form in China. Der Begriff wurde ursprünglich aus dem Westen importiert und zunächst ins Japanische übersetzt (shinwa神話). Als chinesische Wissenschaftler gegen Ende des 19. Jahrhunderts begannen, die Theorien der europäischen Mythenforscher zu rezipieren, kam der Begriff so über Japan nach China. Die Ergebnisse dieses Aufsatzes werde ich im Dezember auf einer internationalen Konferenz zur Begriffsgeschichte vorstellen.
Daneben widme ich mich in letzter Zeit auch ausführlich einem weiteren Forschungsinteresse, den Animal Studies. Mit zwei weiteren Wissenschaftlerinnen gründe ich gerade das Chinese Animal Studies Network (CASN), ein Verbund für Sinolog:innen, die sich mit Animal Studies beschäftigen. In diesem Zusammenhang ist auch eine Tagung geplant, die im Mai in Münster stattfinden wird.
NS: Haben Sie schon konkrete Pläne für die nahe Zukunft?
AS: Abgesehen von meinen aktuellen Forschungsprojekten und den Tagungen im Mai und Dezember organisiere ich mit den Kolleg:innen am Institut gerade auch die Jahrestagung der Deutschen Vereinigung für Chinastudien (DVCS), der größten deutschsprachigen Vereinigung für Sinolog:innen. Die Jahrestagung wird dieses Jahr vom 15. bis zum 17. November unter dem Thema „Krieg und Frieden“ stattfinden und wir freuen uns schon auf viele Besucher:innen und spannende Vorträge am Institut. Studierende bis zum Abschluss des MA dürfen nach Anmeldung kostenlos die Tagung besuchen, Sie sind also alle herzlich eingeladen, die Vorträge anzuhören. Darüber hinaus plane ich im Oktober zudem einen kurzen Aufenthalt an der Universität L’Orientale in Neapel, um mit den Verantwortlichen vor Ort über eine Kooperation zu sprechen. In Zukunft werden dann Studierende und Dozierende des Instituts für Sinologie und Ostasienkunde an der L’Orientale über Erasmus einen Studien- oder Lehraufenthalt durchführen können und genauso werden Studierende und Dozierende aus Neapel nach Münster kommen können, um hier zu studieren und zu lehren.
Das Team vom Newsletter bedankt sich sehr herzlich für das Interview mit Jun.-Prof. Anne Schmiedl und wünscht ihr weiterhin eine tolle Zeit am Institut für Sinologie und Ostasienkunde!
Anne Schmiedl & Nadja Stichweh
Buddhas, Wein und Burgruinen
Bericht einer Exkursion zum Buddha-Museum in Traben-Trarbach.
Traben-Trarbach ist ein kleiner Ort an der Mosel südlich von Koblenz. Die zwei Ortsteile Traben und Trarbach sind von der Mosel geteilt. Nicht nur gibt es hier eine wunderschöne Altstadt, den typischen Moselwein und eine alte Burgruine. In Traben-Trarbach versteckt sich auch die einzigartige Sammlung des Buddha-Museums. Die alte Jugendstil-Weinkellerei, vom Architekten Bruno Möhring entworfen, verfügt über eine Ausstellungsfläche von 4000 m². Dort verteilen sich unzählige Darstellungen der Buddhas und Bodhisattvas aus aller Welt. Dies war unser Ziel im Rahmen der zweitägigen Exkursion, geleitet von Dr. Annette Kieser und Alexander Brosch, aber nicht der einzige Programmpunkt.
Nach der (fast) problemlosen Bahnfahrt und einem deftigen Mittagessen ging es auch schon zum ersten Mal ins Museum. Nach einer kurzen Einführung zum Aufbau des Museums konnten wir die riesige Ausstellungsfläche allein erkunden. Die einzelnen Ausstellungsstücke waren unvollständig beschriftet, es lagen lediglich dicke Ordner vollgestopft mit Informationen vereinzelt in den Räumen verteilt. Der erste Ausstellungsraum präsentierte Buddhas unter anderem aus Burma, Kambodscha und Indien. Zu Beginn gab es direkt die älteste Statue der Sammlung zu sehen. Ein Buddha aus Afghanistan, der fast 2000 Jahre alt war. Fast daneben befand sich der kleinste Buddha. Dieser hält sogar den Rekord im Guinness-Buch der Rekorde und ist gerade mal so groß wie der Kopf eines Streichholzes. Außerdem gab es Buddhas in den unterschiedlichsten Positionen, einige lagen auf der Seite, saßen auf Schlangen oder ritten auf Pferden. Weiter ging es mit den markanten Buddhas aus Thailand, die durch die Flamme auf dem Kopf gut zu erkennen sind. Danach folgten in einer großen Glashalle beeindruckend große Statuen aus Thailand und China. Diese Buddhas und Bodhisattvas waren mehrere Meter hoch. Schließlich ging es in den alten Weinkeller. Die kühle Luft und spärliche Beleuchtung verliehen diesem Teil der Ausstellung eine besondere Atmosphäre. Hier wurde auch ein Kurzfilm über die verschiedenen Traditionen und Kulturen, aus denen die Buddhas kommen, gezeigt. Weiter ging es im ersten Stock mit Buddhas aus Nepal und Tibet. Es gab nicht nur Buddhas zu bewundern, sondern auch Statuen von unterschiedlichen Gottheiten. Bunt bemalte Buddhas und Bodhisattvas aus Ostasien beeindruckten hier mit ihren prächtigen Farben. Im Innenhof gab es dann noch etliche Figuren aus u.a. Holz, die zum Verkauf standen. Den Abschluss bildete der Dachgarten mit einer wunderschönen Aussicht über Traben-Trarbach.
Als zweiter Programmpunkt am ersten Tag ging es in einen Weinkeller in der Altstadt, um das EM-Spiel Deutschland gegen Spanien zu schauen. Dazu gab es dann den lokalen Wein, bevor es zum Abendessen und Ausklang des Tages ins alte Lokal ging. Eine kleine Gruppe hatte nach dem Abendessen aber noch nicht genug. In der Dunkelheit ging es hinauf zur alten Burgruine, die über der Moselschleife thront.
Der zweite Tag hielt einen weiteren Besuch des Buddha-Museums bereit. Nachdem am ersten Tag selbstständig erkundet werden konnte, wurde dieser Besuch von einer Führung geleitet. Diese ging kaum auf die einzelnen Ausstellungsstücke ein, vielmehr lag der Fokus auf den regionalen Besonderheiten und Erkennungsmerkmalen der Buddhas. Die Informationen schienen teils eher oberflächlich. Eine chinesische Inschrift in Kurzzeichen auf einer Stele angeblich aus der Tang-Zeit ließ an der Authentizität einiger Ausstellungsstücke zweifeln. Insgesamt bot die Führung jedoch einen guten ersten Überblick über die Sammlung, die regionalen Unterschiede und unterschiedlichen Darstellungsformen. Besonders für fachfremde Besucher präsentierte das Museum einen hervorragenden Einblick in die fremden Kulturen und machte Lust auf mehr. Den Souvenirshop zierte eine Marienstatue und etliche Bücher luden unter anderem zur weiteren Erkundung der Moselstadt und ihrer (Wein-)Kultur ein.
Nach dem Museumsbesuch ging es nochmal für alle hoch zur Burgruine, um dort die wunderschöne Aussicht zu genießen. Zurück ging es durch die Weinfelder. Abgerundet wurde die zweitägige Exkursion mit dem Mittagessen beim Vietnamesen, bevor es mit der Bahn wieder zurück nach Münster ging.
Luisa Rebel
Graffiti schmückt das Institut
Klassisch geht auch mit Graffiti! Ein neues Kunstwerk schmückt unser Institut und zieht den ein oder anderen Blick auf sich.
Wahrscheinlich ist den meisten das neue Kunstwerk in unserem Institut schon aufgefallen, ein bis zur Decke reichendes Graffiti, das seit dem 23. Mai 2024 unseren Flur schmückt. Das Graffiti entstand in Zusammenarbeit mit den Münsteraner Lackaffen. Diese haben bereits das Treppenhaus in der ULB verschönert und sind ab jetzt also auch in unserem Institut vertreten. Durch das Graffiti soll auch von den Türen des neuen Stromverteilerkastens auf künstlerische Weise abgelenkt werden.
Das Projekt startete bereits Anfang Februar mit der Anfrage an die Lackaffen, woraufhin der Entwurf für das Graffiti erstmals am 12. März besprochen und anschließend mehrfach überarbeitet wurde, um die bestmögliche Ergänzung zu dem bereits vorhandenen Druck „Two Swallows“ darzustellen. Als Vorlage für das Graffiti diente das Werk „Village“ aus dem Jahr 1987 von dem chinesischen Maler Wú Guànzhōng吳冠中 (1919-2010), der für seine Landschaftsdarstellungen bekannt war. Bei „Village“ zeigt das Motiv einen Baum vor einem traditionellen Haus. Die Farbgebung ist vorwiegend in Schwarz und Grautönen gehalten, lediglich der Baum beinhaltet Braun im geschwungenen Stamm, sowie Blau und Gelb zur Darstellung der Blätter und Blüten.
Ähnlich sieht nun auch unser Graffiti aus. Der Fokus liegt hierbei klar auf dem Baum. Auch dieser zeigt etwas Farbe im Stamm und in den Blättern und Blüten. Die Äste scheinen teilweise aus den Begrenzungen des grauen Hintergrundes auszubrechen, was das Graffiti insgesamt ausschnitthaft wirken lässt und es seitlich zu erweitern scheint. Der Hintergrund, der auf den ersten Blick recht einheitlich erscheint, ist ebenfalls näher zu betrachten. Von oben nach unten betrachtet erstreckt sich der Himmel in einem hellen Grau, dass durch eine Art Wolkenschleier, einem etwas dunkleren Grau, schließlich zu einer gelblichen Lichtquelle führt, die einem Sonnenaufgang gleicht. Wer möchte, kann dies auch als einen täglichen Neuanfang sehen. Dieser „Sonnenaufgang“ lenkt die Aufmerksamkeit außerdem auf das traditionelle Haus mit dem geschwungenen Dach, welches sich in der Ferne befindet.
Maike Einfalt
Auslandsstudium in Hangzhou
Leander berichtet über seine zehnmonatige Auslandserfahrung in Hangzhou.
Vom September 2023 bis Juli 2024 war ich an der Zhejiang-Universität 浙江大学, um dort Sprachkurse zu belegen. Mein Aufenthalt wurde durch ein Stipendium des CSC (Chinese Scholarship Council) gefördert. Die Bewerbung für das Stipendium war mit weniger Aufwand verbunden, als ich zunächst erwartet hatte. Das Stipendium übernimmt die Studiengebühren sowie die Kosten für das Wohnheim und die Auslandsversicherung. Darüber hinaus erhält man monatlich etwa 400 Euro für die Lebenshaltungskosten. Da das Essen in China sehr günstig ist, kommt man mit diesem Geld gut aus. Ein Kritikpunkt an dem Stipendium ist, dass wir zwei Monate warten mussten, bis wir die Mittel endlich erhalten haben.
Mit der Universität bin ich sehr zufrieden. Das Leben an der Zhejiang-Universität war ausgesprochen komfortabel. Ich habe auf einem riesigen Campus gelebt, auf dem es neben sechs Mensen (die wirklich hervorragend waren) auch Cafés, Einkaufsläden, Fruchtläden, Friseure und viele weitere Einrichtungen gab. Der Campus liegt am Rand der Stadt, in der Nähe des Westsees und diverser Parks und Teefelder, sodass man schnell die Natur erreichen konnte. Darüber hinaus gibt es von Hangzhou eine schnelle und günstige Anbindung an Shanghai, Suzhou und Nanjing.
Unser Wohnheim war ein neues Gebäude und dementsprechend verhältnismäßig modern und sauber. Wir wohnten zu zweit in den Zimmern, man konnte jedoch auf ein Einzelzimmer upgraden, wenn man bereit war, einen Aufpreis zu zahlen. Positiv hervorzuheben war, dass wir im Wohnheim keine Ausgangssperre hatten, was nicht an allen Universitäten der Fall ist.
Ich habe gemischte Gefühle zu den Sprachkursen der Universität. Wir hatten jeden Tag etwa drei bis vier Stunden Unterricht, auf die zusätzlich 1–2 Stunden Hausaufgaben kamen. Mein Problem mit den Kursen ist, dass sie stärker auf geschriebenes Chinesisch als auf gesprochenes ausgelegt sind.
Man konnte das Sprechen natürlich in der Freizeit üben, allerdings hätte ich mir auch im Unterricht etwas weniger Theorie und dafür mehr Praxis gewünscht. Nichtsdestotrotz sind die Kurse gut, und ich konnte mein Chinesisch deutlich verbessern.
Was die Auslandserfahrung jedoch wirklich geprägt hat, sind die vielen Erlebnisse, die ich hatte. Sehr oft stößt man als Ausländer in China auf Neugierde und Begeisterung. Dadurch ergeben sich immer wieder außergewöhnliche Situationen. Einmal wurde ich von meiner Lehrerin angesprochen, dass für ein Event noch ein Austauschstudent gesucht wird und ob ich daran teilnehmen möchte. Letzten Endes stellte sich heraus, dass es sich dabei um eine kurze Theateraufführung bei einem Event des Obersten Gerichtshofs handelte. Da ich neugierig war und die Atmosphäre mit den Richtern sehr angenehm war, habe ich zugesagt. So kam es dazu, dass ich am Ende mit Richtern und Richterinnen aus der ganzen Provinz auf der Bühne aufgetreten bin. Bei den Proben und der Aufführung habe ich tolle Kontakte geknüpft. Für Erlebnisse wie diese bin ich wirklich dankbar.
Leander Rottmann
Ein Praktikumsbericht der anderen Art
Ein kleiner Bericht über eher bescheidene Erfahrungen während eines Praktikums.
Im Laufe der Studienzeit fragt man sich doch irgendwann mal „Was genau möchte ich eigentlich nach meinem Studium machen?“, so auch ich. Um dies herauszufinden, entschied ich mich im Rahmen meines Studiums für ein sechsmonatiges Praktikum im Ausland mit dem Schwerpunkt Projektmanagement. Dies absolvierte ich bei einer Übersetzungsfirma, deren Namen ich aus datenschutztechnischen Gründen nicht nennen werde.
Das Vorhaben war klar: zuerst das Praktikum ergattern und dann ein bisschen wertvolle Arbeitserfahrung bekommen. Bewusst hielt ich meine Erwartungen gering, da es ja immer die Möglichkeit gibt, enttäuscht zu werden, oder die Arbeit anders ist, als man es sich vorstellt. Was mir jedoch vor Ort geboten wurde, überstieg jegliche Vorstellungskraft meinerseits. Bereits an meinem zweiten Tag im Job gab es ein Teammeeting, in welchem folgende Punkte innerhalb von zwei Tagen in Kraft treten würden: Gehaltskürzungen für alle Angestellten, keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall mit oder ohne ärztliche Attestierung, die Entlassung zweier Angestellter, die Mahnung an die Hausübersetzer, eine gewisse Anzahl an Worten pro Tag zu übersetzen, um deren Gehalt wieder einzuspielen. Letzteres klingt natürlich im ersten Moment sinnvoll, nur leider gab es nicht genügend Aufträge, die dies unterstützt hätten.
Und damit kommen wir zu dem größten Problem, für das die Firma wenig kann. Wie mir mitgeteilt wurde, geht es der gesamten Übersetzungsindustrie aufgrund der sich weiterentwickelnden Künstlichen Intelligenz zunehmend schlechter. Jobs bleiben aus, da die Kunden lieber Programme wie DeepL oder GoogleTranslate nutzen, um ihre Webseiten oder ähnliches übersetzen zu lassen. Ein Blick auf solche Übersetzungen zeigt zu allem Überfluss auch noch, wie gut diese trotz bestehender (grammatischer) Fehler bereits sind, und man kann verstehen, dass lieber ein solcher kostenloser Dienst in Anspruch genommen wird, anstatt tausende Euro für die Übersetzung der Texte einer Webseite zu zahlen. An diesem Punkt fragt man sich natürlich, wieso dann eine Firma, der es nicht gut geht, noch eine Praktikantin einstellt. Dieses Rätsel konnten weder ich noch meine Kolleginnen und Kollegen lösen und so saß ich besonders zu Beginn des Praktikums sehr häufig ohne Aufgabe da und drehte imaginäre Däumchen. Diese anfänglichen Dürreperioden konnte ich mit dem Lesen von Lektüre für meine Masterarbeit füllen, jedoch war dies natürlich eigentlich nicht der Sinn eines Auslandsaufenthaltes, für den ich im Übrigen im Vorfeld sehr viel Geld zahlen musste; dies entstand allem voran aus hohen Visumskosten des Landes.
Wie bereits erwähnt, gab es für mich leider wenig Arbeit in puncto Projektmanagement, jedoch wurde sich Mühe gegeben, mir kleine Aufgaben zuzuteilen, die den anderen Projektmanagern dann halfen. Zu meinem großen Glück kam die Marketingmanagerin gegen Ende des ersten Monats aus dem Urlaub zurück, sodass mir die Möglichkeit gegeben wurde, mich im Ramen einer Marketingkampagne nützlich zu machen. Wir verbesserten die SEO (Search Engine Optimization) der Website der Firma, erstellten Posts für Soziale Medien, entwarfen Handbücher, Flyer und Handouts für Kunden und sogar einen Podcast konnte ich konvertieren und schneiden. Bei alldem war es ein Glücksfall, dass ich bereits hinreichend Kenntnisse in der Bildbearbeitung hatte und so wandelte sich der Inhalt des Praktikums von Projektmanagement zu Marketing. Natürlich bekam ich weiterhin Aufgaben rund ums Projektmanagement, zunehmend jedoch fürs Marketing, da es dort schlicht und ergreifend mehr zu tun gab.
Insgesamt war es für mich sehr schade, in eine Situation hineingeworfen zu werden, die so anders war, als es mir in der Praktikumsausschreibung und dem Einstellungsgespräch gesagt wurde. Ich wünschte mir außerdem, dass man mir gegenüber ein wenig transparenter mit dem großen Problem umgegangen wäre. Nach all diesen recht negativen Berichten möchte ich jedoch eines betonen: meine Arbeitskolleginnen und -kollegen waren ein Traum. Hilfsbereit, geduldig, kompetent, unglaublich freundlich und immer einen lustigen Spruch auf den Lippen. Sie hatten auf jeden Fall einen großen Anteil daran, dass sich die abgesessene Zeit weitaus erträglicher anfühlte. Auch habe ich insbesondere im Bereich Marketing trotz allem wertvolle Erfahrungen mitgenommen.
Zu guter Letzt möchte ich an alle zukünftigen Praktikantinnen und Praktikanten appellieren, die wo auch immer ihr Praktikum absolvieren möchten: Habt keine Angst Dinge anzusprechen, besonders dann nicht, wenn ihr euch in einer ähnlichen Situation befindet, wie ich sie geschildert habe, und bleibt bei euch. Nichts ist in Stein gemeißelt und es gibt für alles eine Lösung.
Nadja Stichweh
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