Rezension zum Roman "Ministerium der Träume" von Hengameh Yaghoobifarah
Nas steht vor den Trümmern dessen, was sie glaubte zu wissen, als die Berliner Polizei ihr eröffnet, dass ihre Schwester Nushin tot ist. Die Umstände sind für die Beamten klar: ein Autounfall, Clankriminalität. Nas ist weniger von dieser These überzeugt und ist sich sicher: es muss ein Suizid gewesen sein. Aber damit nicht genug: Quasi über Nacht übernimmt die lesbische Türsteherin die Vormundschaft für ihre Nichte Parvin. Und während Nas versucht, für ihre Nichte da zu sein, ihre besitzergreifende Mutter zu besänftigen und die Ursache für den Tod ihrer Schwester zu finden, ist da immer wieder diese Telefonzelle...
Hengameh Yaghoobifarahs Roman-Debüt überzeugt nicht nur durch die Sprache, in der es geschrieben ist: diese ist leicht und alltäglich, aber gleichzeitig durchzogen von Nasrins Wut und Überforderung, mit dem Chaos zurechtzukommen, in das ihr Leben verwandelt wird. Yaghoobifarah schafft es, gesellschaftliche Themen wie das Leben einer exil-iranischen Familie, Queerness, familiäres Trauma und die sogenannten "Baseballschlägerjahre" zu einem unglaublich dichten, vielschichtigen Netz aus kleinteiligen Facetten zu knüpfen.
Hengameh Yaghoobifarah: Ministerium der Träume. Blumenbar Verlag, 2021. 14€