Lehrveranstaltungen im Sommersemester 2025
Hauptseminar: Die Revolutionen von 1917 in Russland und der Ukraine (HIS LSF)
Prof. Dr. Ricarda Vulpius
Di. 14-16 Uhr
Mit der Februarrevolution von 1917 brach das jahrhundertealte Zarenreich und größte Kontinentalreich der Welt zusammen, es bildete sich die erste Demokratie auf russländischem und die erste ukrainische Regierung auf ukrainischem Boden. Nur wenige Monate später leitete die "Oktoberrevolution" zunächst die kommunistische Machtübernahme in Zentralrussland, die russländische Kapitulation im 1. Weltkrieg und schließlich den Bürgerkrieg auf dem gesamten Territorium des ehemaligen Zarenreiches ein.
In dem Hauptseminar wird mit Hilfe von Selbstzeugnissen das subjektive Erleben der revolutionären Epoche ins Zentrum gerückt und im Format des Forschenden Lernens versucht, unterschiedliche soziale, nationale und geschlechtliche Perspektiven von russischen und ukrainischen Akteuren herauszuarbeiten. Russische Sprachkenntnisse sind zwar hocherwünscht, bilden jedoch keine Voraussetzung für die Teilnahme am Seminar.
Studienleistung: Regelmäßige Teilnahme (max. 2x Fehlen), umfangreiche wöchentliche Lektüre, selbständige Recherche im Sinne des Forschenden Lernens; Präsentation und Gestaltung einer Seminarsitzung; Prüfungsleistung: Hausarbeit oder MAP.
Literatur: Aust, Martin: Die Russische Revolution. Vom Zarenreich zum Sowjetimperium. München 2017; Heiko Haumann (Hg.): Die Russische Revolution. Köln 2016.
Übung: Lektürekurs Russisch für Historiker: Die Revolutionen von 1917 im Spiegel der russischen Presse (HIS LSF)
Prof. Dr. Ricarda Vulpius
Di. 16-18 Uhr
Die politischen und sozialen Umbrüche und Verwerfungen in Russland und der Ukraine des Jahres 1917 spiegeln sich besonders gut in der internationalen Zeitungsberichterstattung. In der Übung werden Zeitungsartikel zu den revolutionären Ereignissen in russischer Sprache gelesen, übersetzt und analysiert. Russische Sprachkenntnisse (vor allem: Lesefähigkeit) sind Voraussetzung.
Die Übung eignet sich besonders gut als komplementäre Veranstaltung zum Hauptseminar. Der Besuch des Hauptseminars ist jedoch keine Bedingung für die Übung.
Studienleistung: Regelmäßige Teilnahme (max. 2x Fehlen), wöchentliche Vorbereitung der Lektüre; Prüfungsleistung: In Abhängigkeit von der Studienordnung (ggf. schriftl. Übersetzung)
Literatur: Digitaler Quellenfundus/ Digital sources
Übung/ Exkursion: Kurorte zwischen Deutschland und dem Zarenreich. Brennspiegel sozialer, politischer und kultureller Entwicklungen (HIS LSF)
Prof. Dr. Ricarda Vulpius
Mi. 12-14 Uhr
Das Phänomen „Kurstadt” oder „Kurort” steht im Spannungsfeld von ländlicher Idylle und städtischer Moderne, spiegelt soziale und gesellschaftliche Gegensätzlichkeiten und steht zugleich für transkulturelle Kontaktzonen und für Orte der politischen Auseinandersetzung („Bäderdiplomatie”). Kurstädte waren Orte, an denen Rassismus und Fremdfeindlichkeit entstanden, und zugleich solche, die der schöngeistigen Literatur als Themenfeld dienten. Kurz gesagt, von Kurstädten ging eine Faszination aus, weil sich in ihnen große gesellschaftliche Prozesse en miniature festmachen ließen.
Die Übung wird verschiedene Aspekte von Kurorten als transnationale öffentliche Räume und Bühnen für die Aushandlung politischer, sozialer und kultureller Fragen untersuchen. Dazu zählen die Politik der sozialen und religiösen In- oder Exklusion, die allmähliche Medikalisierung und Modernisierung der Kurorte, und ihre Rolle als Orte der Unterhaltung, der Geselligkeit und des Konsums. Daneben wird es um literarische Darstellungen vom Kurort als einem sozialen Mikrokosmos gehen (in Romanen, in nicht- oder semi-fiktionalen Texte sowie in Reiseberichten und Tagebüchern). Ziel ist es, am Phänomen „Kurstadt” allgemeine Prozesse der Moderne mit interdisziplinären Ansätzen zu erfassen.
In die Übung integriert ist eine zweitägige Exkursion zu dem im Zarenreich berühmtesten Kurort überhaupt – Baden-Baden. Die Exkursion findet vom 2.-3.7.2025 statt und wird vom Exkursionsfonds des Fachbereichs bezuschusst.
Studienleistung: Regelmäßige Teilnahme (max. 2x Fehlen), wöchentliche Lektüre, eigenständiges Forschen, Präsentation (ggf. digital hochgeladen); Prüfungsleistung: abhängig von den gewünschten ECTs (ggf. Kurzhausarbeit)
Literatur: Andrea Pühringer (Hg.), Martin Scheutz (Hg.) Die Kurstadt als urbanes Phänomen: Konsum, Idylle und Moderne (Städteforschung: Veröffentlichungen des Instituts für vergleichende Städtegeschichte in Münster. Reihe A: Darstellungen). Münster 2023.
Übung: The Cultures of Remembrance in Chernivci and in Münster from a historical, art historical and ecclesiastical perspective (HIS LSF)
Prof. Dr. Ricarda Vulpius
Mi. 10-12 Uhr, Mo. 15.09. 8-18 Uhr
Zusammen mit: Svitlana Bilenkova, Kyjiver Nationale Universität für Bauwesen und Architektur/Universität für Weiterbildung, Krems, NÖ; Regina Elsner, Ostkirchenkunde/Universität Münster; Natalia Nechaeva-Yuriychuk, Geschichte, Universität Cernivci; Jens Niebaum, Kunstgeschichte, Universität Münster
als Teil der Deutsch-Ukrainischen Sommerschule
Die Studierenden befassen sich in ukrainisch-deutschen Tandems in historischer, kunstgeschichtlicher und ostkirchenkundlicher Perspektive mit ausgewählten Gebäuden der Städte Czernowitz und Münster in weitgehender gattungsmäßiger Symmetrie (Kirchen, Friedhöfe, Residenzbauten (Metropolitenpalast in Czernowitz, Schloss in Münster), Kriegsdenkmäler, Rathäuser, Jüdisches Erbe u.a.). Sie fragen danach, in welcher Weise (teil-) gesellschaftliche Erinnerung an diese Bauten anknüpfte und inwiefern diese selbst zu Erinnerungsorten im Sinne des Konzepts von Pierre Nora geworden sind. Es ist geplant, dass die jeweiligen Orte bereits vor der Sommerschule lokal ausgewählt und durch Bild-/Quellenmaterial bzw. vor Ort in Münster präsentiert werden.
Studienleistung: wöchentliche Lektüre für die ersten 4 Sitzungen; anschließend eigenständiges Forschen im Tandem und unter Anleitung; Präsentation am 15.09.2025; Prüfungsleistung: abhängig von den gewünschten ECTs (ggf. Kurzhausarbeit)
Kolloquium: Forschungskolloquium zur osteuropäischen Geschichte (HIS LSF)
Prof. Dr. Ricarda Vulpius
Mo. 18-20 Uhr
Das Kolloquium richtet sich primär an fortgeschrittene Studierende, Doktoranden und Postdocs der Osteuropäischen Geschichte und Slavistik, ist aber auch Interessierten aus der allgemeinen Geschichte zugänglich. Es dient zum einen der vertieften Auseinandersetzung mit Masterarbeiten und Dissertationen, die in der Abteilung für Osteuropäische Geschichte entstehen. Zum anderen eröffnet das Kolloquium die Möglichkeit, sich mit Forschungsprojekten von Osteuropahistorikern anderer Universitäten vertraut zu machen und sich an aktuellen Forschungsdebatten zu beteiligen. An das Forschungskolloquium schließt sich fakultativ immer noch ein geselliger Teil mit dem Kolloquiumsgast und allen Interessierten in einem nahe gelegenen Lokal an.
Proseminar: Einführung in das Studium der neueren Geschichte: Vernichtungskrieg im Osten (HIS LSF)
Dr. Vitalij Fastovskij
Di. 8-12 Uhr
Der von NS-Deutschland geführte Krieg in Osteuropa gilt als ein paradigmatisches Beispiel für einen ideologisch motivierten und mit äußerster Brutalität geführten Vernichtungskrieg. Im Seminar werden aktuelle Zugänge der Forschung diskutiert und einzelne Aspekte der NS-Verbrechen in Osteuropa behandelt, unter anderem: Verstrickung der Wehrmacht in den Holocaust, Umgang mit Kriegsgefangenen und mit der Zivilbevölkerung, Partisanenbekämpfung.
Literatur: Zur Vorbereitung: Zur Vorbereitung: Pohl, Dieter: Die Herrschaft der Wehrmacht. Deutsche Militärbesatzung und einheimische Bevölkerung in der Sowjetunion 1941–1944, München 2008.
Übung: Russisch für Historiker. Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Russlands im Spätmittelalter und früher Neuzeit (HIS LSF)
Thomas Busch
Di. 18-20 Uhr
Die Übung beschäftigt sich mit dem nicht ganz leicht zu erschließenden sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen Russlands im späteren Mittelalter und früher Neuzeit, also von den Verhältnissen zur Zeit der Beendigung der Oberhoheit der Mongolen im 15. Jahrhundert über die Zeit Ivans IV. (genannt der Schreckliche) bis zum Aufstieg der Romanow-Dynastie im 17. Jahrhundert. Ein besonderes Interesse gilt den Verhältnissen auf dem Lande.
In der Übung werden russische Quellen und Darstellungen auszugsweise gelesen und übersetzt, soweit Teilnehmer über Russischkenntnisse verfügen. Soweit diese Teilnehmer in der Übung funktionale Sprachkenntnisse gem. Studienordnung nachweisen wollen, sind Grundkenntnisse des Russischen (nicht nur des Alphabets) erforderlich.
Allen anderen Teilnehmern ohne entsprechende Sprachkenntnisse steht unabhängig davon die Möglichkeit eines allgemeinen Leistungsnachweises offen.
Literatur: Zur Einführung: Hildermeier, M.: Geschichte Russlands. Vom Mittelalter bis zur Oktoberrevolution, München 2013, dort der zweite und dritte Teil; Baberowski, J.: Der sterbliche Gott. Macht und Herrschaft im Zarenreich, München 2024, S. 27-73; Goehrke, C.: Russischer Alltag. Eine Geschichte in neun Zeitbildern, Bd. 1: Die Vormoderne, Zürich 2003, S. 163-241 (Drittes Zeitbild).
Übung: Jüdisches Erbe in Ostmitteleuropa: Verfolgung, Überleben und Erinnerung (HIS LSF)
Martin Koschny
Fr. 16-18 Uhr
Kommentar folgt.
Vorlesung: Theater of the Body in Russia in the 16th – 18th Centuries: Channels of Social Contro (HIS LSF)
Prof. Dr. Elena Marasinova
Do. 14-16 Uhr
The course of lectures is devoted to the different forms of representation of power and channels of social control, in which the main actors are two polar political substances: the body of the monarch and the body of the criminal. The coronation of the monarch, the public death penalty, its theatrical imitation of "political death", as well as public repentance and public pardon are considered on the concrete historical material of the 16th - 18th centuries. This period makes to trace the evolution of the personification of power and the symbols of reprisals against its enemies.
The coronation of Ivan the Terrible in 1547 meant the rebirth of the personality and body of the first Russian tsar. This event had a great influence on the process of sacralization of power. The messianic sentiments of the ruler and the entire Orthodox population were intensified with a result of the fall of Constantinople, the offensive influence of Catholicism, and the general expectation of the Apocalypse during the years of the last calculated Easters. The deep political crisis (named Oprichnina), as well as the psychological characteristics of Ivan the Terrible himself, exacerbated eschatological sentiments and led to mass executions, which were likened to the punishment of the sinners’ bodies during the Last Judgment.
During the 17th century, after the Time of Troubles and the strengthening of a new dynasty on the Russian throne, the first all-Russian code of laws appears, which clearly defines “death crimes” and forms of reprisal against the body of a criminal. Any encroachments on the Orthodox faith, the church, the life and health of the monarch and his family members, as well as the treasury, that is, the state’s political body, are most severely punished. This time was marked by the development of scenarios for public executions.
The 18th century in Russia was notable for the rapid Europeanization of the upper strata of society, which came into sharp conflict with the dominant archetypes of consciousness. This conflict can explain such phenomena as the identification of the image of the emperor with the body of the Antichrist, the cruel punishment of the body of the criminal after death with help of the achievements of anatomical theaters, the sudden moratorium on the death penalty for monarch’s religious reasons, and the pragmatic use of church practices to correct the soul of a criminal.
The course of lectures uses methods of semiotics, biopolitics, cultural transfer theory, Begriffsgeschichte, Cambridge School of intellectual history, intermedia approach, combination of general and individual, etc. on concrete historical material.
Literatur: Zhivov, Victor and Uspenskij, Boris:“Tsar and God” and Other Essays in Russian Cultural Semiotics. Boston 2012; Kollmann, Nancy: Crime and Punishment in Early Modern Russia. Cambridge: Cambridge University Press 2012; Marasinova, Elena. Punishment by Penance in 18th-Century Russia: Church Practices in the Service of the Secular State. In: Kritika: Explorations in Russian and Eurasian History. 2016. №17, 2 (Spring). P.305-332. http://easternchristianity.org/prize/; Wortman, Richard: Visual Texts, Ceremonial Texts, Texts of Exploration: Collected Articles on the Representation of Russian Monarchy. Academic Studies Press 2014.