© Marjan Nabizada

An-Niffarī und die christliche Mystik:
Die Frage der (Un-)Erkennbarkeit Gottes und ihre Bedeutung für den Menschen im interreligiösen Kontext

– Ein Bericht –

7./8. November 2024 | Münster
Organisiert von PD Dr. Raid Al-Daghistani (ZIT, Universität Münster)

Im Zeitraum vom 7.–8. November 2024 fand die von PD Dr. Raid Al-Daghistani organisierte interdisziplinäre Tagung „An-Niffarī und die christliche Mystik: Die Frage der (Un-)Erkennbarkeit Gottes und ihre Bedeutung für den Menschen im interreligiösen Kontext“ statt. Im Mittelpunkt dieser Tagung stand die Frage, inwieweit ein muslimischer Mystiker, der gerade für seine radikale Einheitsmystik und apophatische Theologie bekannt ist, mit den großen christlichen Mystikerinnen und Mystikern in einen Dialog treten kann und inwieweit eine solche Begegnung zu einer besseren gegenseitigen Verständigung und ggf. auch zu einer gegenseitigen Bereicherung der beiden mystischen Traditionen beitragen kann.

 

© Iyad Shraim*

Die Beiträge zeigten viele Übereinstimmungen, Analogien und Anknüpfungspunkte hinsichtlich der Erfahrungs-, Denk und Redeformen zwischen der christlichen und der islamischen Mystiktradition. Als Ergebnis der Tagung kann festgehalten werden, dass die Mystik eine große Bedeutung und Relevanz für den heutigen theologischen und interdialogischen Diskurs aufweist. In diesem Zusammenhang verdeutlichten die Vorträge, dass die Mystik mehr als „nur“ ein Weg der Erfahrung ist; sie ist nämlich auch Theologie beziehungsweise kann auch als Theologie – eben als Erfahrungstheologie – wirken. Darüber hinaus beleuchteten die Beiträge dieser Tagung die Rolle der Sprache und der Kritik derselben, sodass ein mystischer Diskurs bzw. Diskurs über Mystik auch im Kontext der Textwissenschaft eine große Bedeutung und Relevanz haben kann.
An der Tagung haben die folgenden ReferentInnen teilgenommen:

  • PD Dr. Raid Al-Daghistani
    Die Grundzüge an-Niffarīs mystischer Theologie in Hinblick auf ihre interreligiöse Relevanz
  • Dr. Marco A. Sorace
    Waqfa. Gibt es ein Analogon zum „Mystischen Standplatz“ in der christlichen Mystik? – Ein kursorischer Überblick
  • Prof. Dr. Tobias Specker SJ
    Der Wüstenwanderer und der Pilger – Abd al-Ğabbār an-Niffarī und Ignatius von Loyola im Gespräch
  • Prof. Dr. Christian Neddens
    „…als ob die Seele zugrunde gehen müsste…“ Verborgenheit Gottes zwischen Mystik und Reformation
  • Prof.in Dr. Christine Büchner
    Zwischen Gott und Welt. Negative Theologie bei Meister Eckhart
  • Dr. des. Elif Emirahmetoglu
    Un/Erkennbarkeit der Transzendenz und al-mawāqif der menschlichen Verwirklichung: Ein vergleichender Blick auf sufische und buddhistische Vorstellungen
  • Ahmed Bostan, M.A.
    Islamische und christlich-orthodoxe Mystik im Vergleich: Vorüberlegungen zu einer komparativen Studie von al-Ghazālī und Gregor Palamas

Ein Sammelband zur Tagung, in dem die Überlegungen und Erkenntnisse der vorliegenden Beiträge systematisch dargestellt und einer breiteren Leserschaft zugänglich gemacht werden sollten, ist für 2025 geplant.

 

*Der Satz der Kalligraphie ist dem Hauptwerk an-Niffarīs entnommen und besagt:
„Der mystische Stehplatz ist das Feuer, das die Erkenntnis verschlingt“ (al-waqfa nārun taʾkul al-maʿrifa).
Aus: An-Niffarī, The Mawāqif and Mukhāṭabāt of Muḥammad ibn ʻAbdi ’l-Jabbār al-Niffarī. Ed. by A. J. Arberry. Luzac, London 1935, S. 68.