Literatur von Weltrang: Die Niederlandistik veranschaulicht in der Ausstellung „Kleine Fächer – Große Potenziale“ literarische und sprachliche Verbindungen zwischen Deutschland und den Niederlanden. Die Dycksche Handschrift aus dem 14. Jahrhundert enthält auch das Tierepos von Reineke Fuchs. Es gilt als einer der wichtigsten Beiträge der Niederlande zur Weltliteratur und hat etwa Goethe inspiriert. „Dat myrren bundeken“ („Das Myrrhenbüschel“), das im Bild zu sehen ist, wurde 1480 in Münster verfasst. Seine Sprache erinnert sowohl an das Deutsche als auch an das Niederländische und ist typisch für eine Zeit, in der es noch keine klaren Sprachgrenzen gab.
Zwei bedeutende Handschriften aus dem historischen Bestand der Universitäts- und Landesbibliothek Münster vermitteln ein gutes Bild von den literarischen sowie sprachlichen Wechselbeziehungen, die seit jeher zwischen Deutschland und den Niederlanden bestanden haben: die Dycksche Handschrift und Dat myrren bundeken (dt. Das Myrrhenbüschel).
Die Dycksche Handschrift, die 124 zweispaltig beschriebene Pergamentblätter umfasst, ist Mitte des 14. Jahrhunderts entstanden. Sie vereinigt zwei prominente mittelniederländische Texte: Der Naturen Bloeme (dt. in etwa Das Beste aus der Natur) und Van den vos Reynaerde (Vom Fuchs Reinaert = dt. Reineke Fuchs).
Das vom flämischen Dichter Willem geschriebene Tierepos Van den vos Reynaerde gilt als einer der wichtigsten Beiträge der Niederlande zur Weltliteratur. Die Geschichte vom listigen Fuchs hat durch alle Zeiten hinweg viele Literaten in ganz Europa inspiriert, darunter zum Beispiel Goethe.
Bei Der Naturen Bloeme handelt es sich um eine Abschrift einer mittelalterlichen Naturenzyklopädie, die von Jacob van Maerlant, dem berühmtesten niederländischen Dichter aus dem 13. Jahrhundert, verfasst wurde.
Auch die Handschrift Dat myrren bundeken ist von großem wissenschaftlichem Wert. Sie beinhaltet eine sehr seltene mittelniederdeutsche Übersetzung der Thomas von Kempen zugeschriebenen Orationes et meditationes de Vita Christi (Gebete und Betrachtungen über das Leben Jesu Christi). Die Handschrift wurde 1480 von dem Fraterherrn Johannes Becker in Münster fertiggestellt. Dat myrren bundeken ist aus sprachwissenschaftlicher Sicht interessant, weil es charakteristisch für die Sprachsituation zu dieser Zeit ist, in der es noch keine klaren Sprachgrenzen gab. Es ist in einem regional gefärbten Westgermanisch verfasst, das sowohl an die deutsche als auch an die niederländische Sprache erinnert, die sich erst später entwickelten.
Dank moderner Technik sind beide Handschriften nun digital verfügbar und im Internet einsehbar. Die Digitalisierung solcher Werke dient zudem auch der Nachhaltigkeit, da die kostbaren und fragilen Originale nicht mehr so oft eingesehen oder gezeigt werden müssen.