Der Fashion Mix: Ergebnis von Migration
Wie das Fach Ägyptologie einer „römischen Ägypterin“ und ihren verräterischen Locken auf die Schliche gekommen ist, zeigt ein Video in der Ausstellung „Kleine Fächer – Große Potenziale“.
Wie das Fach Ägyptologie einer „römischen Ägypterin“ und ihren verräterischen Locken auf die Schliche gekommen ist, zeigt ein Video in der Ausstellung „Kleine Fächer – Große Potenziale“.
Die Herrschaft der Könige mit griechischem Ursprung und später der Römer über Ägypten ermöglichte vielen Fremden, in Ägypten sesshaft zu werden. Besonders in ihrer Sprache und Schrift bewahrten diese ihre ursprünglichen kulturellen Traditionen. Andere Bereiche wie Tod und Bestattung wurden jedoch stark von ägyptischen Ideen und Ritualen beeinflusst. So ließen sich viele Griechen und Römer wie die Einheimischen mumifizieren und in aufwendig dekorierten Särgen bestatten. Diese Särge zeigen ägyptische Motive und sind mit Hieroglyphen beschrieben. Dabei sind Schriftzeichen und Grammatik allerdings nicht immer korrekt. Auch andere Details weisen auf eine kreative Mischung von Elementen aus unterschiedlichen Kulturen hin – eine Verflechtung, die uns heute so geläufig ist, dass die Herkunft der Bestandteile oft nicht mehr zu entschlüsseln ist.
Das abstrakt-menschenförmig gestaltete Sargbrett mutet auf den ersten Blick ägyptisch an, denn es werden typische Motive wie die Mumifizierung gezeigt: ein Balsamierungspriester mit einer Maske in Form des schakalköpfigen Gottes Anubis beugt sich über die auf einem Löwenbett liegende Mumie. Ägyptische Schutzgottheiten bewachen die Szene. Darunter sieht man das Totengericht, bei dem das Herz des Toten als Träger aller guten oder bösen Taten gewogen wird. Die hieroglyphische Beischrift ist ein häufig vorkommender Totentext, allerdings erkennen wir einige Verschreibungen. Hier war also kein ägyptischer Profi-Schreiber am Werk!
Ein kleiner Hinweis enthüllt die Identität der Verstorbenen als „römische Ägypterin“: Unter der typisch ägyptischen Strähnenperücke schauen kleine Löckchen hervor, wie sie bei feinen Damen der Mittelmeerwelt in den 1. Jahrhunderten n. Chr. in Mode waren. Ein guter Vergleich ist das Mumienporträt der Aline, das in einem Grab in Hawara (Ägypten) entdeckt wurde. Eine Grabstele mit griechischer Inschrift nennt ihren Namen. Schmuck und Tracht präsentieren uns eine wohlhabende Dame der römischen Kaiserzeit, die jedoch nach ägyptischer Sitte mumifiziert und bestattet war. Solche Verflechtungen sind uns heute so geläufig, dass wir die Herkunft der Bestandteile oft nicht mehr zu entschlüsseln können. Dieser „Fashion Mix“, der durch kulturelle Kontakte entsteht, ist auch bei uns bekannt. Wer weiß schon, dass die Krawatten auf Halstücher nach kroatischer Art (französisch à la cravate) zurückgehen?
Beitrag der Ägyptologie in der Ausstellung "Kleine Fächer - Große Potenziale",
Themenfeld Migration, im Archäologischen Museum der WWU.