Zu dem, was wir Menschen so tun, gehört das Treiben von Wissenschaft; und Wissenschaft ist - intuitiv verstanden - die institutionalisierte und methodisch kontrollierte Unternehmung, gesichertes Wissen über die Welt in Erfahrung zu bringen. Die Philosophie der Wissenschaft steht zu dieser wirklichen Wissenschaft seit jeher in einem ambivalenten Verhältnis; die wissenschaftsphilosophischen Sprechakte schillern zwischen Beschreibung (der Wissenschaft) und Forderung (an die Wissenschaft). Und das ist auch nicht verwunderlich: Einerseits handelt nämlich die Wissenschaftsphilosophie von den Kategorien der Wissenschaft, d. h. auch von der Form der materialen Übergänge in den wirklichen Wissenschaften, und andererseits gibt sie in ihrem Resultat ein Ideal der Wissenschaft wieder, und richtet auf diese Weise Ansprüche an die Praxis der Wissenschaft. Schon derjenige Text, der vielleicht den Startschuss des wissenschaftsphilosophischen Diskurses markiert - Aristoteles' Analytica posteriora - stellt im ersten Buch derartig hohe Ansprüche an den Zuschreibungsausdruck "Wissen", dass Aristoteles im neunten Kapitel zugestehen muss, es sei "freilich schwer, Kenntnis darüber zu gewinnen, ob man etwas weiß oder nicht".
Das Projekt der Wissenschaftsphilosophie war seitdem immer beides:
sowohl eine Konstruktion als auch eine Rekonstruktion von Wissenschaft:
Eine Philosophie der Wissenschaft muss sich an irgendeinem Punkt dahingehend festlegen, welche Verfahren /im eigentlichen Sinne/ den Titel der Wissenschaftlichkeit verdienen. Im Arbeitskreis "Was ist Wissenschaft?" wollen wir verschiedene Vorschläge dazu, wie man auf solche Fragen zu antworten habe, vergleichen und prüfen. Was tun wir, wenn wir Wissenschaft treiben? Was unterscheidet gute von schlechter Wissenschaft? Warum glauben wir, dass wir mit guter Wissenschaft Wissen erlangen? Wie lässt sich dieser Glaube rechtfertigen? Lässt er sich letzten Endes überhaupt rechtfertigen?
In der heutigen Zeit gelten die Naturwissenschaften als das Paradigma der Wissenschaftlichkeit; alle anderen Wissenschaften stehen - desto mehr, je größer ihre methodische Verschiedenheit von den Naturwissenschaften - im Verdacht der Unwissenschaftlichkeit. Im Arbeitskreis wollen wir die allgemeine Besprechung der Wissenschaftsphilosophie auch zum Anlass dafür nehmen, über das hierin implizierte Wissenschaftsverständnis zu sprechen, und es darauf hin zu befragen, was es über die Zeit und die Kultur aussagt, in der wir leben.
Der Arbeitskreis ist das Nachfolgeprojekt der Arbeitskreise "Scholastische Logik", "Theo-Logik" und "Was ist Logik?", erfordert aber aus diesen keinerlei Vorkenntnisse.
Wer Interesse daran hat, sich anzuschließen, möge sich bei finn.marz@uni-muenster.de melden, und erhält dann alle weiteren Informationen.