Klaus Merten hat von 1984 bis 2005 am Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Münster als Professor den Schwerpunkt Empirische Kommunikations- und Medienwissenschaft vertreten. Als er den Ruf nach Münster bekam, war er dort kein Unbekannter. Er hatte an der WWU bereits studiert (Soziologie, Publizistik, Geschichte) und bei Niklas Luhmann seinen Abschluss erworben. Klaus Merten folgte Luhmann nach Bielefeld und promovierte dort bei ihm mit einer Dissertation, in der er empirisch eine Begriffsanalyse zum zentralen Begriff des Fachs, nämlich Kommunikation, durchführte und für die er mit dem Top Award der International Communication Association (ICA) ausgezeichnet wurde.
Die Assistenz bei dem Soziologen Luhmann prägte Mertens wissenschaftliches Selbstverständnis stark. Durch Mertens Arbeit hat sich das Institut für Kommunikationswissenschaft sehr stark systemtheoretisch und in den 1990er Jahren auch konstruktivistisch profiliert. Ein Höhepunkt dieser enorm fruchtbaren Theoriearbeit war das gemeinsam mit Siegfried J. Schmidt und Siegfried Weischenberg konzipierte und realisierte Funkkolleg „Medien und Kommunikation“ (1990), das in der Kommunikations- und Medienwissenschaft enorme Resonanz erzeugte und viele Debatten auslöste. Wissenschaftlichen Kontroversen ging Klaus Merten nicht aus dem Weg, sondern er suchte sie – nicht, um sich zu profilieren, sondern der wissenschaftlichen Argumentation willen.
In seiner Forschung widmete sich der Wissenschaftler zunächst dem Feld der Wirkungsforschung, in dem er innovative theoretische und empirische Studien publizierte. Sein mehrmodales Wirkungsmodell berücksichtigt stärker als andere Medienwirkungsansätze die Reflexivität kommunikativer Prozesse und lässt damit konsequent simplifizierte lineare Wirkungsvorstellungen hinter sich. Die „Hiltrup“-Studie zu Meinungsführern in der Mediengesellschaft war methodisch so ambitioniert und theoretisch so innovativ, dass sie mit dem ersten Preis der Thyssenstiftung ausgezeichnet wurde.
In den späten 1980er Jahren erschloss sich Merten das Feld der Public Relations, als dieses in Deutschland noch kaum wissenschaftliche bearbeitet wurde. Obwohl er eine große Nähe zu verschiedenen Praktikern des Berufs pflegte, bewahrte er immer die kritische Distanz eines Wissenschaftlers. Klaus Merten hat nicht nur Grundlagenwissenschaft betrieben, sondern immer wieder auch anwendungsorientierte empirische Studien durchgeführt, zum Beispiel zur Gewaltdarstellung im Fernsehen oder zur Konvergenz der Programmstruktur von öffentlich-rechtlichen und privat-kommerziellen Sendern.
Der Spagat zwischen Theorie, Methoden/Empirie und Praxis gelang Merten auch in der Lehre. Seine Vorlesungen und Seminare waren theoretisch anspruchsvoll und anwendungsorientiert. Die Methoden der empirischen Sozialforschung vermittelte er höchst reflektiert und projektorientiert, niemals trocken und abstrakt. Dies kennzeichnet ebenfalls seine heute noch gerne genutzten Lehrbücher zur Einführung in die Kommunikationswissenschaft und zur Inhaltsanalyse. Studierende waren für ihn keine zu belehrende Masse, sondern Kooperationspartner in der Forschung. Er war offen und begeisterungsfähig für ihre Themenvorschläge für Abschlussarbeiten. Legendär ist seine Methode der mündlichen Prüfung, bei der die Examenskandidat*innen mit einem Zufallskriterium eine Frage aus seinem mehrere Hundert Fragen umfassenden Prüfungskatalog auswählen und dann ganz kurz beantworten mussten. Mit empirischen Verfahren (hier: Zufallsstichproben) gleiche Bedingungen in der Prüfung herzustellen – das war typisch für Klaus Merten.
Er hinterlässt ein wissenschaftliches Werk, das an Aktualität und Relevanz nichts eingebüßt hat.
Unser Mitgefühl gilt seiner Familie.
Prof. Dr. Volker Gehrau
Geschäftsführender Direktor des Instituts für Kommunikationswissenschaft
im Namen aller Kolleginnen und Kollegen
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