Wie kann man Aggressionen messen? IfK-Forscher kritisieren CRTT-Methode
(29.01.2014) Das Ausmaß aggressiven Verhaltens wird bereits seit Jahrzehnten in Experimenten gemessen, doch wie valide die eingesetzten Instrumente und somit die Aussagekraft der Ergebnisse sind, ist umstritten. Kommunikationswissenschaftler der WWU Münster/Universität Osnabrück unterziehen die in der Laborforschung besonders populäre Messmethode Competitive Reaction Time Task (CRTT) einer kritischen Prüfung.
Competitive Reaction Time Task (CRTT) beschreibt eine 1967 entwickelte Methode, anhand derer in verschiedenen Wissenschaftsfeldern, darunter jüngst in der Medienwirkungsforschung, aggressives Verhalten quantifizierbar gemacht werden soll. Im Rahmen eines beliebigen Reaktionsspiels erteilt hierbei der jeweilige Gewinner nach jeder Spielrunde dem Unterlegenen eine Strafe, die er nach eigenem Ermessen dosiert. In der Vergangenheit wurden hierfür vor allem Stromschläge eingesetzt, aus ethischen und auch forschungspraktischen Gründen in jüngerer Zeit eher unangenehme Lärmsignale. Stärke und Länge dieser Bestrafung wurden in der bisherigen Forschung als Maßstab dafür herangezogen, wie aggressiv sich der Gewinner gegenüber dem Verlierer verhält. Dass die mindestens 13 dokumentierten Varianten des CRTTs kaum miteinander vergleichbar sind, rückt die Forschungsergebnisse zu Ursachen und Wirkungen von Aggression allerdings in ein kritisches Licht und hat forschungspraktische Konsequenzen, wie IfK-Wissenschaftler nun darlegen.
In ihrem Fachartikel „Press CRTT to measure aggressive behavior: The unstandardized use of the Competitive Reaction Time Task in aggression research“ kritisieren Malte Elson, Johannes Breuer, Michael Scharkow und Thorsten Quandt vom Institut für Kommunikationswissenschaft zusammen mit Rohangis Mohseni (Universität Osnabrück), dass das seit Jahrzehnten eingesetzte Messverfahren gänzlich unstandardisiert eingesetzt wird. So können beispielsweise Laborsituation, Sympathien zwischen den Mitspielern oder auch Bestrafungsalternativen sehr unterschiedlich ausgeprägt sein, was die einzelnen Forschungsergebnisse unvergleichbar macht. Vor allem aber gibt es große Unterschiede in der Weise, wie die Rohdaten des Tests zu einem Wert für aggressives Verhalten weiterverarbeitet werden. Elson et al. belegen die große Variabilität in Signifikanzniveaus und Effektgrößen unter den verschiedenen CRTT-Varianten erstmals mit empirischen Daten aus drei Studien und geben darüber hinaus Praxisempfehlungen für die zukünftige Forschung zu Aggression, in der der CRTT neben anderen Verfahren zum Einsatz kommt.
Die IfK-Studie wurde „online ahead of print“ in der Fachzeitschrift Psychological Assessment publiziert und wird zudem in einer der kommenden Druckausgaben des Jahres 2014 erscheinen.