Spiegel-Affäre 1962: Thomas Birkner zur Rolle von Helmut Schmidt

(21.12.2012) Die Affäre rund um die Besetzung der Redaktion des Nachrichtenmagazins Der Spiegel vor 50 Jahren gilt nach wie vor als der Durchbruch der Pressefreiheit in Deutschland. Thomas Birkner vom IfK hat sich intensiv mit der Rolle von Helmut Schmidt, der damals Innensenator in Hamburg war, auseinandergesetzt.

Zum 50. Jahrestag der Spiegel-Affäre hat ein Gemeinschaftsprojekt von drei Hamburger Hochschulen die auf Staatsbefehl durchgeführte Redaktionsbesetzung und Inhaftierung leitender Spiegel-Mitarbeiter im Oktober 1962 multimedial auf www.spiegel-affaere.de aufgearbeitet. Einer der mitwirkenden Fachautoren ist Thomas Birkner vom Münsteraner Institut für Kommunikationswissenschaft, der Helmut Schmidt zu den Geschehnissen und seiner Rolle als damaliger Innensenator Hamburgs auch interviewt hat.

Als Bundesbeamte am 26. Oktober 1962 auf Anordnung des damaligen Verteidigungsministers Franz-Josef Strauß (CSU) die Räume des Nachrichtenmagazins Der Spiegel in Hamburg besetzten, Material beschlagnahmten, Herausgeber Rudolf Augstein und weitere Redakteure in Gewahrsam nahmen, ging ein Aufschrei durch die westdeutsche Öffentlichkeit. Grund für den Einsatz war eine kritische Geschichte im Spiegel über die Bundeswehr: „Bedingt abwehrbereit“. Es war die Zeit des Kalten Krieges; die Angst vor einer atomaren Zuspitzung des Konflikts zwischen dem NATO-Bündnis und den Ländern des Warschauer Pakts war allgegenwärtig. Der Vorwurf des Landesverrats stand nun dem Recht auf Pressefreiheit gegenüber.

Wegen Beihilfe zum Landesverrat und Offenbarung militärischer Geheimnisse wurde auch gegen Helmut Schmidt ermittelt. Schmidt hatte die Spiegel-Autoren vor der Veröffentlichung als Verteidigungsexperte beraten und stand nun in der Affäre als Hamburger Innensenator dezidiert auf der Seite der Verteidiger der Pressefreiheit. Noch vor Einstellung des Verfahrens gegen ihn brachte Schmidt schließlich eines der liberalsten Landespressegesetze in die Hamburger Bürgerschaft ein, nicht ohne auch die Pflichten einer solchen Pressefreiheit zu betonen, wie der Kommunikationswissenschaftler Birkner in seinem für das Multimedia-Projekt verfassten Artikel „Vaterlandsverräter? Presseverteidiger! Die Rolle Helmut Schmidts in der Spiegel-Affäre“ dokumentiert. Der Artikel ist ebenfalls (leicht gekürzt) bei Vocer erschienen.