Feierliches Symposium mit Angelika Neuwirth – Grande Dame der deutschsprachigen Koranforschung
anlässlich der Übertragung von Angelika Neuwirths Korankommentar an das Zentrum für Islamische Theologie der Universität Münster
19. Juni 2024 │ Erbdrostenhof, Münster
Am 19. Juni fand im ehrwürdigen Erbdrostenhof zu Münster das Symposium „Zwischen Philologie und Theologie – Übertragung von Angelika Neuwirths Korankommentar an das Zentrum für Islamische Theologie der Universität Münster“ statt. Über 100 geladene Gäste, darunter führende deutschsprachige Koran-Forscher*innen, Vertreter*innen verwandter geistes- und kulturwissenschaftlicher Disziplinen wie der katholischen und evangelischen Theologie, der Philosophie sowie der Arabistik, kamen in den Genuss von faszinierenden Vorträgen mit Blick auf die Zukunft des Neuwirth’schen Korankommentars in Münster. Organisiert wurde das Symposion als Kooperation zwischen dem Zentrum für Islamische Theologie Münster, dem Institut für Arabistik und Islamwissenschaft, dem Exzellencluster „Religion und Politik“ der Universität Münster, der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und dem Nikolaus-Cusanus-Lehrstuhl für Theologie der Religion des Instituts für Katholische Theologie der Humboldt-Universität zu Berlin.
Abwechslungsreiches Programm
Eingeleitet wurde das Symposium durch eine Koranrezitation von Sure Maryam (19) durch Omar Hisham Al Arabi, gefolgt von einer Einführung durch Prof. Dr. Mouhanad Khorchide (ZIT) und Dirk Hartwig („Corpus Coranicum“, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften). Prof. Dr. Michael Quante, Prorektor der Universität Münster, richtete ein Grußwort an alle Teilnehmenden, in dem er auf die zunehmende Bedeutung der Islamischen Theologie für die Universität Münster aus philosophischer Perspektive hinwies. Mit Blick auf den entstehenden „Campus der Religionen“ sei die Übertragung nicht nur ein wissenschaftlicher Coup, sondern auch starkes Signal für die in schwierigen Zeiten immer wichtiger werdende interdisziplinäre Forschungsarbeit in den Geistes- und Kulturwissenschaften. Ein weiteres Grußwort richtete Prof. Dr. Ines Weinrich stellvertretend für die geschäftsführende Direktorin des Instituts für Arabistik und Islamwissenschaft, Prof. Dr. Syrinx von Hees, an alle anwesenden Gäste.
Höhepunkt des Symposiums: Vortrag von Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Angelika Neuwirth
Der Höhepunkt des Abends war der Hauptvortrag von Angelika Neuwirth, Deutschlands renommierteste Expertin und Grande Dame der Koranforschung. Sie beleuchtete nicht nur zentrale Forschungsergebnisse ihrer historisch-literarkritischen Untersuchungen zum Koran als „Text der Spätantike“, sondern schlug gleichzeitig eine Brücke zur aktuellen politischen Lage in Palästina und Israel. Ein besonderer Akzent innerhalb des Vortrags war die zum Ausdruck gebrachte Freude über die Erfüllung ihres Wunsches, dass das Langzeitprojekt Korankommentar nun eine Fortführung in seiner spirituellen Heimat, der Islamischen Theologie findet und Prof. Dr. Mouhanad Khorchide anvertraut werden kann.
Weitere Vorträge und Vorstellung der neuen Forschungsstelle
Dirk Hartwig, Koordinator des Projektes, referierte im Anschluss an Angelika Neuwirth zu den methodischen Voraussetzungen für eine historisch-literaturwissenschaftliche Kommentierung des Koran. In diesem Rahmen zeichnete er die bisherige Forschungsgeschichte der deutschsprachigen Koranforschung nach und gab einen fundierten Ausblick zur möglichen Weiterentwicklung des Kommentarprojektes im Rahmen der Islamischen Theologie.
Prof. Dr. Dr. Felix Körner SJ, Inhaber des Nikolaus-Cusanus-Lehrstuhls für Theologie der Religionen (Humboldt-Universität zu Berlin), ergänzte die Vorträge mit einer katholischen Perspektive und erklärte seine Freude, als Kooperationspartner das Projekt begleiten zu dürfen. In prägnanter Manier führte er aus, dass der Korankommentar und seine Fortführung besonders für die christlichen Theologien von unschätzbarem Wert für das eigene interreligiöse Lernen seien. Auch an dieser Stelle wurde die Signalkraft des Projektes in schwierigen politischen Zeiten betont. Besonders für die Theologien, Geistes- und Kulturwissenschaften ergäbe sich am Standort Münster, mit Blick auf den Campus der Religionen, die einmalige Möglichkeit für einen interdisziplinären Schulterschluss in der Koranforschung.
Im Rahmen des Symposiums wurde zudem die neue Forschungsstelle am ZIT vorgestellt: Mit dem vielsagenden Namen „Vertikale und horizontale Kommunikation: Interdisziplinäre Zugänge zum Koran“ soll zum Ausdruck gebracht werden, dass es sich nicht lediglich um eine eindimensionale Gott-Mensch-Kommunikation innerhalb des Korans handelt. Zentraler Betrachtungsgegenstand wird der dynamische Dialogcharakter des Koran sein, der den Entwicklungsprozess des Islams erfahrbare Wirklichkeit werden lässt. Diese Forschungsstelle wird sich zukünftig intensiv mit der interdisziplinären Erforschung des Korans beschäftigen.
Ausklang mit Koranrezitation und Empfang
Zum Abschluss des offiziellen Programms konnten alle Anwesenden noch einmal dem schönen Klang einer Koranrezitation, diesmal der Sure Ṭā-Hā (20) von Ahmad Khadr lauschen. Im Anschluss bot sich bei einem Empfang im Eingangsbereich des Erbdrostenhofs noch die Gelegenheit des Austausches zwischen Wissenschaftlern, Studierenden und der interessierten Öffentlichkeit. Laut dem Stimmungsbild der geladenen Gäste war das Symposium ein großer Erfolg und verdeutlichte die Bedeutung der interdisziplinären Koranforschung. Besonders erfreulich war die Vielzahl an Studierenden, die ihre Chance nutzten, um mit den Forscher*innen in den gedanklichen Austausch zu treten.
Weitere Informationen zum Symposium und den Kooperationspartnern:
- Weitere Informationen zum Symposium am Zentrum für Islamische Theologie Münster
- Corpus Coranicum
- Exzellencluster „Religion und Politik“
- Institut für Arabistik und Islamwissenschaft
- Institut für Katholische Theologie, Nikolaus-Cusanus-Lehrstuhl für Theologie der Religionen, Humboldt-Universität zu Berlin