Ausgewählte Materialien Französisch/Spanisch
Die Vermittlung des Umgangs mit dem Entscheidungsbaum und den acht zugehörigen Strategien erfolgt unter Berücksichtigung des Fünf-Schritts der Strategievermittlung (vgl. Koch 2011: 7-9) und des (in der Fremdsprachendidaktik weniger verbreiteten) Cognitive Apprenticeship-Ansatzes (vgl. Collins & Brown & Newman 1987).
Eine schematische Darstellung der integrierten Variante dieser beiden Ansätze, die im Praxisprojekt Französisch/Spanisch als Vermittlungsszenario zugrunde gelegt wird, sehen Sie hier:
Im Praxisprojekt Französisch/Spanisch wird der Entscheidungsbaum zunächst im Rahmen einer Unterrichtsstunde (à 45 Minuten) vermittelt. In den darauffolgenden Stunden ist schließlich die Vermittlung der Lesestrategien vorgesehen. Sowohl für die Einführung des Entscheidungsbaums als auch für die der Lesestrategien empfiehlt sich das Vorgehen entsprechend der integrierten Variante:
01 I Bereits verwendete Strategien bewusst machen
In einem ersten Schritt der Vermittlung wird das strategische Vorwissen der Schülerinnen und Schüler aktiviert. Im Praxisprojekt Französisch/Spanisch sollen die Lernenden dazu anhand einer konkreten Aufgabenstellung erläutern, wie sie an den Text herangehen würden, um diese Aufgabe zu lösen. Die Vorschläge der Lernenden können dann z. B. im Rahmen eines Unterrichtsgesprächs zusammengetragen und festgehalten werden. Zusätzlich zu einem Unterrichtsgespräch sind Interviews, Fragebögen, Lautes Denken seitens der Lernenden, Auswertungen von Lerntagebüchern oder (Gruppen-)Gespräche denkbar. Im Sinne einer Diagnose können auf diese Weise auch weniger zielführende Vorgehensweisen aufgedeckt und die Notwendigkeit der Einführung des Entscheidungsbaumes aufgezeigt werden.
02 I Strategie vorstellen
Im zweiten Schritt wird den Lernenden der Entscheidungsbaum oder eine Lesestrategie aus selbigem, z. B. den Text überfliegen, vorgestellt. Im Praxisprojekt geschieht dies durch die Methode des Lauten Denkens. Dazu zeigen die Studierenden anhand einer exemplarischen Aufgabe auf, wie sie konkret vorgehen, um die Aufgabe zu lösen, wie ihre Gedankengänge aussehen und auf welcher Basis sie ihre Entscheidungen treffen.
Dieser Schritt entspricht der ersten Dimension des Cognitive Apprenticeship-Ansatzes, dem Modelling: Die Studierenden treten als eine Art Lesemodell auf, stellen den Schülerinnen und Schülern den Umgang mit den Entscheidungsbaum bzw. die Anwendung der Lesestrategie vor und verbalisieren dabei simultan ihre kognitiv ablaufenden Prozesse. Die Lernenden folgen ihnen aufmerksam, entwerfen im Idealfall ein inneres Modell des präsentierten Problemlöseprozesses und erweitern auf diese Weise ihr metakognitives Wissen zur Bedeutsamkeit und Funktion des Entscheidungsbaums oder der Lesestrategie.
Im Praxisprojekt wird das Laute Denken visuell unterstützt, indem der Entscheidungsbaum z. B. ausgedruckt unter eine Dokumentenkamera gelegt wird und dessen Entscheidungspfade farblich nachgezogen werden. Ähnlich wird bei der Vorstellung einer Lesestrategie vorgegangen, indem z. B. das Markieren von Schlüssel- und Verbindungswörtern direkt in einem ausgedruckten Text unter der Dokumentenkamera erfolgt.03 I Strategie erproben
Im Anschluss an die Vorstellung der Strategie erhalten die Lernenden die Möglichkeit, den Entscheidungsbaum oder die jeweilige Strategie selbst zu erproben, indem sie nun selbst eine Aufgabe bearbeiten. Im Praxisprojekt arbeiten die Schülerinnen und Schüler dabei in Kleingruppen zusammen und werden jeweils intensiv von einer/einem Studierenden betreut.
Unter Berücksichtigung der Dimensionen des Cognitive Apprenticeship-Ansatzes unterstützen die Studierenden die Lernenden dabei durch Scaffolding-Maßnahmen. Der Entscheidungsbaum oder die Lesestrategie-Steckbriefe können den Lernenden dazu ausgedruckt als hard scaffolds zur Verfügung gestellt werden, da diese erneut die wichtigsten Abläufe und Informationen zusammenfassen, die im vorherigen Schritt durch die Studierenden laut denkend präsentiert wurden. Bei Bedarf erläutern oder demonstrieren die Studierenden zudem gemäß dem soft scaffolding einzelne Teilschritte erneut. Als Coaches sind die Studierenden somit für die Lernenden stets ansprechbar, beobachten ihre individuelle Entwicklung und bieten – falls erforderlich – ihre Hilfe an. Die Studierenden ziehen sich jedoch mehr und mehr aus dieser modellhaften Rolle zurück (Fading), sobald sie bemerken, dass die Lernenden zunehmend selbständig in der Lage sind, das zuvor Präsentierte erfolgreich anzuwenden. Um im vierten Schritt der Strategievermittlung den Entscheidungsbaum bzw. die Strategie reflektieren, evaluieren und ggf. modifizieren zu können, sollen die Lernenden zudem Notizen zu ihren gemachten Erfahrungen (z. B. offene Fragen, Verunsicherungen, Erfolgssituationen) anfertigen.04 I Strategie reflektieren, evaluieren, modifizieren
Im vierten Schritt werden die Lernenden dazu befähigt, den Entscheidungsbaum oder die Lesestrategie zu reflektieren, zu evaluieren und – sofern erforderlich – zu modifizieren. Letztendlich entscheiden die Lernenden selbst, ob sie den Entscheidungsbaum oder die Strategie als sinnvoll erachten und auch zukünftig anwenden werden. Dazu sollen sie ihre im dritten Schritt gemachten Erfahrungen reflektieren und bewerten. Im Praxisprojekt geschieht dies durch den Einsatz gezielter Reflexionsfragen.
05 I Strategie transferieren
In einem letzten Schritt transferieren die Lernenden den Entscheidungsbaum oder die Strategie schließlich selbstständig auf einen anderen Kontext. Im Praxisprojekt erfolgt dies durch die Bearbeitung einer oder ggf. mehrerer Leseaufgaben zu einem (neuen) Text.