Das Teilprojekt C07 untersuchte am Beispiel der kommunistischen Tschechoslowakei, wie in den staatssozialistischen Ländern des östlichen Europas nach dem Zweiten Weltkrieg Prozesse des politischen Entscheidens verliefen. Es ging um die konkreten, alltäglichen Modi der Entscheidungsfindung in Staaten mit faktischer Einparteienherrschaft und parallelen staatlichen und parteilichen Strukturen, die von Funktionären der kommunistischen Parteien dominiert wurden. Das Projekt war als eine institutionell-organisatorische Topographie des Entscheidens konzipiert und nahm hierzu verschiedene Organe der politischen Beschlussfassung wie das Politbüro des Zentralkomitees und das Präsidium der Regierung sowie die von beiden Institutionen eingesetzten Kommissionen und den ZK-Apparat in den Blick. Den Schwerpunkt legte es auf das Politbüro als kollektives Macht- und Entscheidungszentrum, in dem verschiedene Modi des Entscheidens zusammenliefen. Diese Prozesse wurden sowohl allgemein als auch exemplarisch an zwei Politikfeldern untersucht: der Atompolitik und dem Bereich Konsum und Versorgung.
Die thematischen Schwerpunkte lagen auf der Frage des Agenda-Settings und dem Verhältnis von formalen Verfahren und informellen Praktiken beim Entscheiden. Darüber hinaus war die Bedeutung von Informationen als Ressource des Entscheidens zu untersuchen. Weiterhin untersuchte das Projekt, ob und wie das Verfahren des Entscheidens dargestellt und inszeniert wurde. Die Modi des Entscheidens unterlagen auch im Sozialismus einem Wandel. Deswegen wurde danach gefragt, wie sich veränderte Rahmenbedingungen und neue technische Möglichkeiten des Sammelns und Auswertens von Informationen im Rahmen der sog. technisch-wissenschaftlichen Revolution konkret auf die Prozesse des Entscheidens auswirkten und wie sich Vorstellungen von Rationalität änderten.