GOTTES WILLE/GOTTES BEISTAND? Religiöse Deutungen von Epidemien
Dossier "Epidemien. Kulturwissenschaftliche Ansichten"
Die Kirchen seien in der Corona-Zeit auf Tauchstation gegangen, kritisierte der ZDF-Chefredakteur Peter Frey in der Zeitschrift Christ & Welt im Februar 2021. Zwar sei es richtig, dass die Kirche die Pandemie nicht mehr, wie es in früheren Zeiten üblich war, als Strafe Gottes instrumentalisiere, aber die Kirche habe sich in der Krise nicht zu neuer Kreativität aufgemacht. Der Pandemie und ihren Folgen fehle jegliche spirituelle Vertiefung. Dagegen sagte der Münsteraner Religionssoziologe Detlef Pollack im März 2021 in einem Interview ebenfalls in Christ & Welt, er fände es richtig, dass die Kirchen weitgehend auf Sinndeutung der Pandemie verzichtet haben. Die Zeit, in der die Religion für die Lösung aller Probleme zuständig war, sei lange vorbei. Wahrscheinlich sei, dass viele Menschen die Krise nicht religiös deuten und sie vielmehr als medizinisches und politisches Problem wahrnehmen. Die Beiträge dieses Dossiers spüren religiösen Sinndeutungen von Seuchen nach, wie sie sich in Textzeugnissen und Bildern aus vergangenen, gläubigeren Jahrhunderten ablesen lassen, richten den Blick aber etwa auch auf das Afrika der Gegenwart.