Die Rezeption Ovids im Spätmittelalter
Internationales Kolloquium am Exzellenzcluster zum Bimillenium des Dichters
Im Ovid-Jahr 2017 befasst sich ein internationales Kolloquium am Exzellenzcluster „Religion und Politik“ mit der spätmittelalterlichen Rezeption der Werke des antiken Dichters. Forscherinnen und Forscher aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz untersuchen Medien, Funktionen und Probleme einer Refiguration der antiken Götter. Die Philologin Prof. Dr. Christel Meier-Staubach vom Exzellenzcluster veranstaltet das Kolloquium zum Bimillennium Ovids vom 7. bis 12. Dezember in Münster gemeinsam mit dem Kunsthistoriker Prof. Dr. Dieter Blume von der Universität Jena.
„Der antike Mythos und insbesondere die antiken Götter haben im Mittelalter trotz ihrer ständigen Präsenz in den antiken Texten, die Schullektüre waren, eine sehr ambivalente Bewertung und eingeschränkte Geltung erfahren“, so Prof. Meier-Staubach. Mit und nach Dante beginnt eine neue Phase der Auseinandersetzung mit diesen Traditionen, die im 14. Jahrhundert zum Teil kontrovers geführt wird: Götterkritik und Mythenapologie stehen gegeneinander. „Nicht nur Texte, sondern auch zahlreiche Werke der bildenden Kunst spiegeln diese Kontroverse, in der die Akzeptanz und Neukonzeption antiker Mythologie letztlich die Oberhand gewann“, so Christel Meier-Staubach.
„Der antike Mythos wurde neu verhandelt“
Das Kolloquium in Münster bringt Forscherinnen und Forscher miteinander ins Gespräch, die über diese bisher noch wenig erforschte Phase der europäischen Mythenrezeption in verschiedenen Projekten arbeiten. „Die europäische Kultur wurde für viele Jahrhunderte in wesentlichen Bereichen von der Adaptation und Transformation der Antike geprägt. Gegen Ende des Mittelalters verstärkte sich noch einmal das Interesse, aus diesen Ressourcen zu schöpfen“, so die Veranstalter. Daher sei die Auseinandersetzung mit der antiken Religion, die in den Göttererzählungen repräsentiert werde, im Epochenübergang zur Frühen Neuzeit von besonderer Relevanz. „Der antike Mythos wurde in gewissem Sinn neu verhandelt, es bildete sich eine neue 'Aetas Ovidiana' aus, deren Reflexe in den verschiedenen Schichten und Milieus der Gesellschaft in je charakteristischen Formen erkennbar sind.“
Prof. Meier-Staubach leitet am Exzellenzcluster das Projekt „Heiligkeit und politischer Gestaltungsanspruch im Medium von Vita, Brief und Prophetie“ und ist Koordinatorin der Projektgruppe „Mediale Figurationen des Politischen und des Religiösen“. (exc/ill/maz)