Sigmund-Freud-Preis für Biografie über Maria Theresia
Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung würdigt Historikerin Stollberg-Rilinger
Die Historikerin Prof. Dr. Barbara Stollberg-Rilinger vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ erhält den Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa 2017 der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Mit ihrer Biografie „Maria Theresia. Die Kaiserin in ihrer Zeit” habe die Wissenschaftlerin „die maßgebliche Darstellung der Kaiserin Maria Theresia und ihrer Zeit vorgelegt“, heißt es in der Begründung der Jury. In ihrem Buch „Des Kaisers alte Kleider. Verfassungsgeschichte und Symbolsprache des Alten Reiches“ entwickle sie „ein neues Bild vom frühneuzeitlichen Heiligen Römischen Reich und seiner in Symbolen und Ritualen verwirklichten Verfassung“. Ihr Stil vereine „trockenen Witz und begriffliche Genauigkeit. Gelehrsamkeit, Anschaulichkeit und Erzählfreude machen ihre Bücher zu einem intellektuellen Vergnügen“. Die Auszeichnung ist mit 20.000 Euro dotiert und wird am 28. Oktober zusammen mit dem Georg-Büchner-Preis in Darmstadt verliehen, wie die Akademie mitteilte.
Der Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa wird seit 1964 Wissenschaftlern verliehen, die in deutscher Sprache publizieren und durch einen herausragenden Sprachstil entscheidend zur Entwicklung des Sprachgebrauchs in ihrem Fachgebiet beitragen. Zu den bisherigen Preisträgern zählen die Arabistin Angelika Neuwirth, der Rechtswissenschaftler und ehemalige Verfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde, die Theologen Karl Rahner und Karl Barth, die Philosophin Hannah Arendt, der Ägyptologe Jan Assmann sowie der Münsteraner Philosoph Hans Blumenberg, Namensgeber der „Hans-Blumenberg-Gastprofessur für Religion und Politik“ des Exzellenzclusters. Der Preis wird von der Entega Stiftung gefördert.
„Maria Theresia verkörpert einen Mythos“
Die Frühneuzeit-Historikerin Barbara Stollberg-Rilinger hat seit 1997 den Lehrstuhl für die Geschichte der Frühen Neuzeit an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) inne. 2005 erhielt sie den Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), 2013 den deutschen Historikerpreis des Historischen Kollegs München. Sie war von 2011 bis 2015 Sprecherin des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ der Uni Münster und ist seither stellvertretende Sprecherin. Sie leitet am Forschungsverbund das Projekt B2-22 „Jenseits konfessioneller Eindeutigkeit. Zur diskursiven Formierung religiös devianter Gruppen in der Frühen Neuzeit“. Die Biographie über Maria Theresia ist unter anderem im Rahmen eines Fellowships am Wissenschaftskolleg zu Berlin von 2015 bis 2016 entstanden. Für dieses Buch hat die Historikerin auch den Preis der Leipziger Buchmesse 2017 erhalten.
In der Biografie über Maria Theresia (1717–1780), die zum 300. Geburtstag der Kaiserin Maria Theresia erschien, wirft die Historikerin viele Klischees über eine der mächtigsten Frauen der Geschichte über Bord. „Maria Theresia verkörpert einen Mythos, der in Österreich lange an verlorene Größe erinnern sollte, heute aber entzaubert werden muss“, sagt die Autorin. „Der Mythos beschreibt Maria Theresia als Herrscherin der Herzen, die ihre Kinder und Untertanen liebte, als Heldin, die Recht gegen Macht verteidigte, als fromme Regentin, die die Religionsausübung stärkte, als biederbürgerliche ‚Reichshausfrau‘, die mit Privilegien und steifem Zeremoniell am Hof aufräumte, und als Begründerin des modernen Verwaltungsstaates. Doch viele der Stereotype lassen sich nicht halten.“ Die Historikerin widerlegt sie und stützt sich auf viele, teils bisher unbekannte Quellen. Das Werk aus dem Verlag C.H.Beck wurde in zahllosen nationalen und internationalen Medien positiv besprochen. (Deutsche Akademie/ill/vvm)