Religiöse Pluralität von der Antike bis heute
Neuer Sammelband aus der Reihe „Religion und Moderne“ erschienen – Forschungsergebnisse aus Ringvorlesungen des Exzellenzclusters und des Centrums für Religion und Moderne
Mit Fragen der Religionsvielfalt in Geschichte und Gegenwart befasst sich ein neuer Sammelband aus dem Exzellenzcluster „Religion und Politik“ und dem Centrum für Religion und Moderne (CRM) der WWU. Herausgeber des Buches „Ordnungen religiöser Pluralität. Wirklichkeit – Wahrnehmung – Gestaltung“ sind der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Ulrich Willems, die Religionswissenschaftlerin PD Dr. Astrid Reuter und der Historiker Dr. Daniel Gerster. Der Band, der als dritter Teil der CRM-Buchreihe „Religion und Moderne“ erschienen ist, präsentiert Forschungsergebnisse aus den interdisziplinären Ringvorlesungen im Wintersemester 2010/2011 „Integration religiöser Vielfalt von der Antike bis zur Gegenwart“ des Exzellenzclusters und im Wintersemester 2012/2013 „Religiöse Vielfalt. Eine Herausforderung für Politik, Religion und Gesellschaft“ des Exzellenzclusters und des CRM, und fügt weitere Beiträge hinzu.
„Aktuellen Debatten um religiöse Pluralität liegt die Annahme zugrunde, dass die Vielfalt von Religionen ein spezifisch modernes Phänomen ist“, erläutern die Herausgeber. „Historische Forschungen zeigen hingegen ein anderes Bild. Religiöse Pluralität erscheint nicht als Novum der Religionsgeschichte.“ Umso wichtiger sei es zu untersuchen, wie sich die Wirklichkeit religiöser Vielfalt in der Geschichte von der Gegenwartslage unterscheide und wie sich Ideen zu deren Gestaltung im Laufe der Zeit entwickelt hätten. Die Autorinnen und Autoren nehmen den Wandel der Wirklichkeit der Religionsvielfalt in den Blick, aber auch die Wahrnehmung dieser Wirklichkeit durch verschiedene Akteure. Untersucht wird zudem, wie die Vielfalt rechtlich, politisch und gesellschaftlich gestaltet wurde oder werden sollte.
Die Reihe „Religion und Moderne“ des CRM erscheint im Campus Verlag in Frankfurt am Main und New York. Herausgeber sind vier Mitglieder des Exzellenzclusters, Zeithistoriker Prof. Dr. Thomas Großbölting, Religionssoziologe Prof. Dr. Detlef Pollack, Frühneuzeit-Historikerin Prof. Dr. Barbara Stollberg-Rilinger und Politikwissenschaftler Prof. Dr. Ulrich Willems.
Vielfalt im Horizont verschiedener Religionskulturen
Der neue Sammelband fächert das Thema der religiösen Vielfalt in drei Teilen auf: Der erste historische Teil fragt, wie viel Pluralität sich Gesellschaften und Religionen in der Antike, im Mittelalter, in der Frühen Neuzeit sowie im 17., 18. und 19. Jahrhundert leisteten und welche sogenannten Pfadabhängigkeiten sich für den gegenwärtigen Umgang mit religiöser Pluralität daraus ergeben. Untersucht wird auch, welche Spuren verschütteter religiöser Vielfalt sich in der europäischen Religionsgeschichte finden.
Im zweiten Teil richtet sich der Blick auf den Umgang mit religiöser Vielfalt im Horizont verschiedener Religionskulturen. Dazu werden Fallbeispiele herangezogen. Es geht etwa um Muster der Deutung und des Umgangs mit religiöser Vielfalt in China, um Herausforderungen, die Hinduisten angesichts der Vielfalt des religiösen Lebens sehen, und um religiöse Pluralität und Differenz im zeitgenössischen Islam. Themen sind auch die Aussagen jüdischer Gelehrter zur Religionsvielfalt sowie der religiös-theologische Umgang mit der Pluralität des Religiösen in den christlichen Konfessionen, der sich im Laufe des 20. Jahrhunderts erheblich gewandelt hat.
Der dritte Teil des Bandes widmet sich der Frage, wie die religionskulturelle Gegenwartslage in ihrer historischen Prägung gestaltet werden kann und sollte. Die Autorinnen und Autoren fragen, wie die verschiedenen gesellschaftlichen Funktionsbereiche Recht, Politik und Medien die Vielfalt verarbeiten. Erörtert wird etwa, ob die Zulassung geistlicher Gerichtsbarkeit eine angemessene Antwort auf die Schwierigkeit sei, religiöse Rechtsordnungen untereinander und mit der säkularen Rechtsordnung zu vermitteln. Gefragt wird auch, wie Medien mit religiöser Pluralität umgehen und wie Religionsgemeinschaften ihre Positionen im pluralen Feld öffentlich thematisieren. (ill/vvm)