Tiere und Pflanzen in Emblemen
Internationale Tagung zu künstlerischen Naturdarstellungen von Renaissance-Gelehrten
Tierdarstellungen in der Emblematik, einer in der Frühen Neuzeit entstandenen wirkmächtigen Gattung, stehen im Zentrum einer internationalen Tagung am Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Universität Münster. „Das Emblem, eine ungemein erfolgreiche Kombination aus Bild und Text, ist seit seiner Erfindung durch den Humanisten Andrea Alciato im 16. Jahrhundert untrennbar mit der Naturgeschichte verbunden“, erläutert der mittel- und neulateinische Philologe Prof. Dr. Karl Enenkel, der die Tagung mit dem Romanisten Prof. Dr. Paul Smith von der Universität Leiden organisiert . „Alciato und seine Nachfolger ließen sich von der Welt der Tiere und Pflanzen inspirieren. Die frühen Emblematiker erwarben ihre naturgeschichtlichen Kenntnisse in antiken, mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Texten und Bildern, etwa in den Schriften des Aristoteles, der Bibel, der frühchristlichen Naturlehre des Physiologus den Arbeiten mittelalterlicher Enzyklopädisten wie Albertus Magnus und frühneuzeitlicher Zoologen wie Conrad Gesner und Ulisse Aldrovandi.“
Die beiden Forscher haben bereits im Jahr 2012 in Münster eine internationale Konferenz zum Thema „Natural History and the Arts“ veranstaltet, deren Ergebnisse 2014 in dem Band „Zoology in Early Modern Culture. Intersections of Science, Theology, Philology, and Political and Religious Education“ der Öffentlichkeit präsentiert wurden.
Die Art und Weise, wie Gelehrte der Renaissance und des Barock Symbole aus dem Reich der Natur auf moralische, religiöse, politische oder philosophische Wissensinhalte bezogen, ist Teil dessen, was Wissenschaftshistoriker mit dem Begriff „emblematic worldview“ bezeichnen. Die Tagung „Emblems and the natural world (1500-1700)” findet vom 17. bis 19. Dezember in Raum JO 101 im Hörsaalgebäude des Exzellenzclusters „Religion und Politik“, Johannisstraße 4, in Münster statt. Die Tagung ist Teil des Projektes B2-5 „Die neulateinische Emblematik. Die multimediale Gattung der neulateinischen (und mehrsprachigen) Emblematik als Vermittlerin politischen und religiösen Denkens, ca. 1530-ca. 1670“, das Prof. Enenkel am Exzellenzcluster leitet. Die Biologie war spätestens seit den 1550er Jahren ein Hauptlieferant emblematischer Werke, wie der Wissenschaftler ausführt. Davon zeugen nach seinen Worten Bücher wie die „Decades de la description des animaux“ (Zehnergruppen von Tierbeschreibungen) des französischen Humanisten Barthélemy Aneau (1510-1561), oder die „Symbolorum et Emblematum Centuriae Quattuor“ (Vier Mal hundert Embleme und Impresen) des deutschen Mediziners und Humanisten Joachim Camerarius des Jüngeren (1594-1601).
Tiere standen auch im Zentrum emblematischer Fabelbücher, in denen klassische Fabeln des Äsop durch emblematische Illustrationen in ihrer moralischen Deutung akzentuiert oder in ihrem philosophischen Erkenntniswert angereichert wurden. Als Beispiele nennt Prof. Enenkel Werke des französischen Schriftstellers Gilles Corrozet (1510-1568), des flämischen Malers Marcus Gerards (1561-1636) und des niederländischen Kupferstechers Egidius Sadeler (1570-1629). Das gelte auch für Tierabbildungen sowohl in der bildenden Kunst, etwa in Graphik und Malerei, als auch in der dekorativen, wie Stickereien und Deckenmalereien.
„Die Emblematiker verwendeten intensiv die neuen, grundlegenden Arbeiten von frühneuzeitlichen Naturforschern wie des Schweizers Conrad Gesner (1516-1565) und des italienischen Arztes Ulisse Aldrovandi (1522-1605). Im Gegenzug bezogen sich die genannten Naturforscher regelmäßig auf Embleme und arbeiteten sie in ihre enzyklopädischen Arbeiten zur Naturgeschichte ein“, erläutert Prof. Enenkel.
Die Tagung geht den vielfältigen Verbindungen zwischen der frühneuzeitlichen Emblematik und der Naturkunde nach. Die 22 Vortragenden fragen dabei nach den wissenschaftlichen, künstlerischen, literarischen, politischen und religiösen Anschauungen, die der emblematischen Anwendung der Naturkunde zugrunde liegen. Dabei werden die Perspektiven unterschiedlicher Disziplinen berücksichtigt: Germanistik, Romanistik und Anglistik, neulateinische Philologie sowie Buch-, Kunst-, Philosophie und Wissenschaftsgeschichte. Die Veranstaltung versammelt Wissenschaftler aus, den USA, Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, Belgien, Italien, Großbritannien, Österreich und Ungarn. Anmeldungen zur Tagung sind bis 11. Dezember möglich unter emblemsandthenaturalworld2015@uni-muenster.de. (ska/vvm)