„Neue Vorbehalte gegen Religionsfreiheit“
UN-Sonderberichterstatter Heiner Bielefeldt spricht in Münster über ein bedrohtes Menschenrecht – Feier zur Eröffnung der zweiten Förderphase des Exzellenzclusters
Über wachsende Vorbehalte gegen das Recht auf Religionsfreiheit spricht UN-Sonderberichterstatter Prof. Dr. Heiner Bielefeldt kommende Woche in Münster. Bislang hätten überwiegend Konservative und Traditionalisten Vorbehalte gegen dieses Menschenrecht gezeigt. Neuerdings löse es jedoch auch in Teilen liberaler Milieus in Westeuropa Befürchtungen aus. Das werde er in seinem Festvortrag am 3. Mai in Münster ausführen, kündigte der UN-Sonderberichterstatter für Religions- und Weltanschauungsfreiheit an. Er spricht zur feierlichen Eröffnung der zweiten Förderphase des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ der Uni Münster. Der öffentliche Vortrag trägt den Titel „Religionsfreiheit – ein bedrohtes Menschenrecht?“.
„Dass es sich bei der Religionsfreiheit nicht um ein Recht der Religionen, sondern um ein Recht der Menschen handelt, wird manchmal übersehen“, kritisierte Prof. Bielefeldt, der an der Universität Erlangen-Nürnberg den Lehrstuhl für Menschenrechte und Menschenrechtspolitik innehat. „Solche Missverständnisse erfordern präzise und praktische Antworten.“ Der Vortrag werde das Thema systematisch angehen und zugleich Beispiele aus der Praxis der Vereinten Nationen und der Menschenrechtsarbeit in verschiedenen Ländern vor Ort geben.
Die Feier des Exzellenzclusters beginnt um 18.00 Uhr im Audi Max, Johannisstraße 12-20, in Münster. Zur Teilnahme ist eine Anmeldung im Büro der Geschäftsführung des Exzellenzclusters erwünscht. Die Rektorin der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Prof. Dr. Ursula Nelles, wird die Veranstaltung mit einem Grußwort eröffnen. Die Sprecherin des Exzellenzclusters, Prof. Dr. Barbara Stollberg-Rilinger, gibt eine knappe Einführung. Die Band „Yan Klosterkemper & Freunde“ sorgt für Musik.
Neues Forschungsprogramm in der zweiten Förderphase
Die Förderdauer des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ war im Sommer 2012 im Rahmen der Exzellenzinitiative bis 2017 verlängert worden. Die Sprecherin Prof. Stollberg-Rilinger betonte im Vorfeld der Feierlichkeiten, „durch die Bewilligung einer zweiten Förderphase können wir die Untersuchung eines gesellschaftspolitisch hoch aktuellen Themas fortsetzen und erweitern. Neue Schwerpunkte sind das Verhältnis von Religion und Geschlecht, Religion und Wirtschaft, der Einfluss der Medien auf Religion und Politik, der Umgang mit normativen Krisen sowie transkulturelle Verflechtungen in einer globalisierten Welt.“
Die Zusammenarbeit von 200 Wissenschaftlern aus 20 Fächern seit 2007 habe sich in einer Fülle an Ergebnissen zum Spannungsfeld von Religion und Politik von der Antike bis heute niedergeschlagen, bilanzierte die Historikerin. „Neue Erkenntnisse konnten wir etwa zum sensiblen Verhältnis von Religion und Gewalt und zu brisanten Fragen nach der Integration religiöser Vielfalt gewinnen. Auch zum Umgang mit kultureller Mehrdeutigkeit und zur umstrittenen Säkularisierungstheorie haben wir Einsichten gewonnen, aber zugleich auch neue Fragen aufgeworfen.“
Der Exzellenzcluster werde seine Erkenntnisse zu Gegenwartsproblemen – etwa dem zunehmenden Fundamentalismus in Christentum, Judentum und Islam – auch in der zweiten Förderphase an eine breite Öffentlichkeit vermitteln. Er verwende dazu diverse Instrumente der Wissenschaftskommunikation. Herzstück sei die Medienarbeit. Hinzu kämen Kontakte zu Politik und Religionsgemeinschaften sowie öffentliche Formate wie Filmreihen, Vortragsreihen, Podiumsdiskussionen, Konzerte und Ausstellungen.
Zum Forschungsprogramm fügte die Sprecherin hinzu: „Viele aktuelle Fragen lassen sich nur in historischer Tiefendimension und im Vergleich angemessen beurteilen. Wir untersuchen Religion und Politik in verschiedenen Machtkonstellationen und Konfliktlagen – vom Polytheismus über Judentum, Christentum und Islam bis zu den Religionen Afrikas und Ostasiens.“ Die bisherigen Forschungsfelder bleiben erhalten: Normativität, Medialität, Integration und Gewalt. Als neue Querverbindungen sind Arbeitsplattformen zu übergreifenden Themen entstanden: Differenzierung, transkulturelle Verflechtungen, Religion und Geschlecht und kulturelle Ambiguität.
Um Münster als einzigartigen Standort für die interdisziplinäre Religionsforschung zu sichern, schafft die Universität nachhaltige Strukturen. Drei Centren dienen über die Exzellenzinitiative hinaus der Einwerbung neuer Forschungsverbünde und als Forum für öffentliche Veranstaltungen, Publikationsreihen und Zeitschriftenredaktionen: das Centrum für Religion und Moderne, das Centrum für Mittelalter und Frühneuzeit und das Centrum für Geschichte und Kultur des östlichen Mittelmeerraums. Eine Gastprofessur zum Thema Religion und Politik, die „Hans-Blumenberg-Professur“ – benannt nach dem berühmten Münsteraner Philosophen – wird die Centren miteinander verbinden und für Impulse aus der internationalen Forschung sorgen. (vvm)