EKD-Militärbischof: Auch Gewaltverzicht kann Leid verursachen
Dutzmann: Militäreinsätze widersprechen nicht grundsätzlich dem biblischen Tötungsverbot
Militäreinsätze widersprechen nach Auffassung des evangelischen Militärbischofs Martin Dutzmann nicht grundsätzlich dem biblischen Tötungsverbot. Es könne Situationen geben, in denen Gewalt nur gewaltsam verhindert oder beendet werden könne, sagte der Militärbischof der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Donnerstagabend in Münster. Manchmal könne ein Verzicht auf Gewalt größeres Leid nach sich ziehen. Als Beispiel nannte er den Völkermord in Ruanda im Jahr 1994, bei dem die internationale Gemeinschaft nicht eingegriffen habe.
Eine Abschwächung oder Übertretung des fünften Gebots "Du sollst nicht töten" könne es nur im äußersten Fall geben, führte Dutzmann aus. "Wer dies allerdings tut, muss gewichtige Gründe für sein Handeln nennen können", unterstrich der Theologe auf einer internationalen Fachtagung an der Universität Münster über das biblische Tötungsverbot.
Dutzmann verwies dabei auf Charta der Vereinten Nationen und auf die im Jahr 2007 veröffentlichte Friedensdenkschrift der EKD. Nach der Friedensdenkschrift sei zur Durchsetzung des Rechts und zur Wahrung des Friedens die Androhung und Anwendung von militärischer Gewalt nur als äußerstes Mittel ethisch vertretbar.
Die Bewertung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan habe sich durch die Bombardierung von Tanklastzügen im Jahr 2009, bei dem es 140 Opfer gab, deutlich verändert, erklärte Dutzmann weiter. "Bis dahin hatte die Gesellschaft in Deutschland weitgehend die Augen davor verschlossen, dass Soldatinnen und Soldaten im Ausnahmefall auch töten und dass die Bundesrepublik Deutschland in einen Krieg verwickelt ist", führte der Theologe aus. Die Vorstellung, ein Krieg könne "sauber" geführt werden, ohne dass Menschen sich dabei schuldig machten, sei als Illusion entlarvt worden.
Das fünfte Gebot in der Bibel beziehe sich auf den heimtückischen Mord ebenso wie die fahrlässige Tötung, erläuterte der Landessuperintendent der Lippischen Landeskirche weiter, der im Nebenamt Militärbischof ist. Der Begriff im hebräischen Urtext erfasse jedoch nicht das gesetzliche legitmierte Töten, etwa im Krieg oder bei einer Verurteilung zum Tod. Ob das Töten im Krieg erlaubt oder erboten sei, lasse sich allein mit dem Hinweis auf das biblische Tötungsverbot nicht beantworten. (Holger Spierig, epd)