Ecclesia disputans

Historiker untersuchen die Konfliktpraxis vormoderner Synoden

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Plakat der Tagung

Synoden als Mittel innerkirchlicher Konfliktlösung in der Vormoderne stehen im Fokus einer Tagung von Historikern des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ der Uni Münster. Seit Beginn der Christenheit mussten auf verschiedenen Ebenen der Kirche beziehungsweise Kirchen Konflikte gelöst werden. Synoden und deren Umfeld von Beratungen und Verhandlungen stellten das wichtigste Instrument überlokaler Koordination dar, das zur Verfügung stand. Auf ihnen wurden dogmatische Auseinandersetzungen ebenso ausgetragen wie Streitigkeiten um kirchliche Rechte oder Fragen innerkirchlicher Disziplin. Ihr Anspruch auf Verkörperung und Selbstdarstellung der Kirche und zugleich die Präsenz und das vielfach bezeugte Eingreifen von Herrschern machten sie zu eminent politischen Veranstaltungen, bei denen sich weltliche und religiöse Motive in untrennbarer Weise miteinander verquickten.

Die Tagung findet vom 22. bis 24. Februar im Raum KThS I der Katholisch-Theologischen Fakultät an der Johannisstraße 8-10 statt. Veranstalter sind die HistorikerInnen Prof. Dr. Christoph Dartmann, Dr. Sita Steckel vom Projekt C5 „Häresie und Politik. Normbegründung und Verfahrensformen in innerkirchlichen Großkontroversen des 12. bis 14. Jahrhunderts“ und Dr. des. Andreas Pietsch vom Projekt C6 „Politisches Amt und religiöse Dissimulation. Konfessionelle Zweideutigkeit an europäischen Fürstenhöfen des 16. und 17. Jahrhunderts“. Die TeilnehmerInnen gehen der Frage nach, wie gleichermaßen religiös wie politisch aufgeladene Konfliktkonstellationen während vormoderner Synoden behandelt und zu einer Entscheidung geführt wurden. Obwohl gerade die Zeitgenossen oft zu suggerieren suchten, dass eine Entscheidung in ‚traditioneller‘ Form und somit ‚korrekt‘ und ‚legal‘ zustande gekommen sei, erweisen sich Mechanismen der Entscheidungsfindung im Umfeld von Synoden als historisch äußerst wandelbar.

Indem die Konferenz dieses Thema aufgreift, will sie zum einen die kulturhistorische Diskussion über vormoderne Konfliktpraxis um einen wesentlichen Aspekt bereichern. Zum anderen will sie dafür eintreten, die Spezifika kirchlicher Formen des Konfliktaustrags im Spannungsfeld von Religion und Politik zu diskutieren. Das soll für verschiedene historische Konstellationen zwischen der Spätantike und der Frühen Neuzeit geleistet werden. (han)

Programm

Dienstag, 22. Februar
15:30-16:00
Einführung in die Tagung
Andreas Pietsch, Münster, und
Sita Steckel, Münster/ Cambridge, MA
16:00-17:30
Non enim se Deus discutere iubet sed credere. Synoden und Konfliktgeschehen im westgotischen Spanien
Christoph Dartmann, Münster
Kommentar: Steffen Patzold, Tübingen
18:00 Altkirchliche Konzilien zwischen theologischer
Disputation und rechtlichem Disput
Thomas Graumann, Cambridge

Mittwoch, 23. Februar
09:00-10:30
Suchen und Finden, Inszenieren und Verstecken
von „Wahrheit“. Überlegungen zu Synoden des
10. und frühen 11. Jahrhunderts
Ernst-Dieter Hehl, Mainz
Kommentar: Gerd Althoff, Münster
11:00-12:30 Gravis et clamosa querela. Zur Legitimierung
der Entscheidungsfindung in der Verhandlung des
Bettelordensstreits vor Papst und Konzilien
Sita Steckel, Münster/ Cambridge, MA
Kommentar: Constant Mews, Melbourne
14:30-16:00 Franciscan quarrels before Clement V and at the
Council of Vienne (1309–1312)
Sylvain Piron, Paris
Kommentar: Melanie Brunner, Leeds
16:30-18:00 Die Disputation mit den Hussiten auf dem
Basler Konzil
Thomas Prügl, Wien
Kommentar: Claudia Märtl, München

Donnerstag, 24. Februar
09:00-10:30
Disputation – Religionsgespräch – Synode.
Formen reformatorischer Wahrheitsfindung
Volker Leppin, Tübingen
Kommentar: Barbara Stollberg-Rilinger,
Münster
10:45-12:15 Die junge Republik und ihre Konfession.
Wahrheits- und Interessenkonflikte auf der
Synode von Dordrecht (1618/9)
Andreas Pietsch, Münster
Kommentar: Nicola Stricker, Paris
12:30-13:30 Zusammenfassung und Abschlussdiskussion Johannes Helmrath, Berlin