Die „Collectio Gaudenziana“
Öffentlicher Vortrag gibt Einblicke in frühmittelalterliche Rechtsquellen
Prof. Dr. Wolfgang Kaiser, Gastwissenschaftler am Exzellenzcluster „Religion und Politik“, spricht am Dienstag zum Thema „Einheit statt Pluralismus“. Der öffentliche Vortrag mit dem Titel „Recht in der Vormoderne“ ist Teil der Ringvorlesung am Cluster, die sich in diesem Semester mit der Entstehung von Normen in Geschichte und Gegenwart beschäftigt. Er beginnt um 18.15 Uhr im Hörsaal F2 des Fürstenberghauses am Domplatz 20-22.
„Aus der Spätantike gelangten viele Rechtstexte, vor allem des römischen Rechts, in das frühmittelalterliche Italien und Frankreich“, sagt Kaiser. „Sie traten neben schriftlich aufgezeichnete germanische Stammesrechte und kirchliche Rechtsquellen, was zu einem Rechtspluralismus führte.“ Der Jurist verweist jedoch auf eine frühmittelalterliche Rechtssammlung, die „Collectio Gaudenziana“, deren Verfasser versuchte, diesen Pluralismus zu überwinden. Die Sammlung präsentiert sich als einheitliches Rechtscorpus, das nicht nur aufschlussreich für das Normverständnis des Urhebers ist, sondern auch ein Schlaglicht auf die Verfügbarkeit von Rechtsquellen im Frühmittelalter wirft.
Der Referent ist Professor am Institut für Rechtsgeschichte und geschichtliche Rechtsvergleichung der Universität Freiburg. Er ist Experte für antike und römische Rechtsgeschichte und erstellt zurzeit eine Edition der „Collectio Gaudenziana“.
In der öffentlichen Ringvorlesung „Gewohnheit, Gebot, Gesetz“ des Exzellenzclusters sprechen 13 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über Normgebung von den Zehn Geboten bis zum modernen Verfassungsrecht. In der ersten Semesterhälfte liegt der Schwerpunkt auf Normativitätsvorstellungen vergangener Epochen. (bhe)