Osteuropäisches Kino im Wandel
Internationale Tagung in Münster untersucht Einfluss von Religion im Film seit 1989
Religion spielt im Kino Osteuropas laut Experten seit der politischen Wende von 1989 eine große Rolle. „Religiöse und nationale Identität sind im osteuropäischen Film seit dem Fall des Eisernen Vorhangs besonders eng verwoben“, erläutern Historikerin Dr. Liliya Berezhnaya und Literaturwissenschaftler Dr. Christian Schmitt im Vorfeld der Tagung „Iconic Turns“ am Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU). Nach der politischen Wende habe die Religion in der postkommunistischen Ära neues Gewicht gewonnen und auch vor dem Medium Film nicht haltgemacht. Die Konferenz, die Berezhnaya und Schmitt vom 18. bis zum 20. Juni in Münster organisieren, beleuchtet filmanalytisch, was das Ende des Kalten Kriegs auch für die Identifikation der Kinozuschauer bedeutet. „Filme boten in diesem historischen Kontext Bilder, Mythen und Erzählungen, die dabei halfen, eine gemeinsame Identität im Osten Europas zu schaffen.“
Insbesondere das Zusammenspiel von „Nation“ und „Religion“ soll auf der Tagung an Filmen wie dem bosnischen Kriegsfilm „No Man’s Land“ (2001), dem bildgewaltigen Drama „Taxidermia“ (2006) aus Ungarn und dem Oscar-nominierten, polnischen Kriegsdrama „Katyn“ (2007) filmanalytisch und historisch untersucht werden. Ein öffentlicher Vortrag des renommierten Berliner Filmhistorikers Hans-Joachim Schlegel eröffnet die Konferenz am Freitag, 18. Juni, um 18.30 Uhr im Hauptgebäude des Exzellenzclusters. Schlegel stellt unter dem Titel „Film und Religion im Osten Europas“ christliche, jüdische und islamische Einflüsse auf Filme aus verschiedenen Ländern von den 1930er Jahren bis heute vor. Ein Dutzend Vorträge von deutschen wie internationalen Wissenschaftlern, unter anderem von Professor Dr. Izabela Kalinowska-Blackwood aus New York und Professor Dr. John-Paul Himka aus Kanada, geben vom 19. bis 20. Juni im Senatssaal (K 102) des Münsteraner Schlosses einen Einblick in die aktuelle Forschung.
Der Tagungstitel „Iconic Turns“ (Ikonenwandel) beschreibt nach Angaben der Veranstalter den vielschichtigen Einfluss des Politikwechsels von 1989 auf Osteuropa, darunter auch auf neue filmische Konfigurationen, Bilder und Erzählungen, die Nation und Religion stärker verbanden. (han)