Glaube heilt
DVD über Untersuchungen zur transkulturellen Psychiatrie erschienen
Rollende Augen, zuckende Gliedmaßen, Schaum vor dem Mund - in westlichen Kulturen ganz klar ein Zeichen von Krankheit. In indigenen Kulturen muss das nicht sein. Krankheit, Gesundheit, Heilung haben zum Teil eine ganz andere Bedeutung. Die erforscht die Ethnologin Prof. Dr. Helene Basu im Rahmen des Exzellenzcluster "Religion und Politik". "Ich will herausfinden, wie indigene Heiler in Koexistenz mit biomedizinisch-psychiatrischen Vorstellungen existieren können." Über ihr Projekt ist jetzt die DVD "Drugs & Prayers" erschienen.
"Drugs and Prayers" ist ein Projekt benannt, das im Jahr 2000 von der indischen Regierung ins Leben gerufen wurde. Die einheimischen Heilverfahren wurden lange Zeit diskreditiert. "Aber die Menschen glauben daran, deshalb sollte man sie auch nutzen", ist Helene Basu überzeugt. Bei "Drugs and Prayers" bieten Psychiater regelmäßige Sprechstunden und eine ausschließlich medikamentöse Behandlung in der Nähe von Sufi-Heiligtümern, die von Menschen aller Religionen zum Zweck der Heilung aufgesucht werden, an. Sehr häufig seien es Schizophrenien, bipolare Störungen und Konversionsstörungen, die die Menschen zu den muslimischen Tempeln führen.
Während die Psychiater, die zwar aus Indien stammen, aber westlich ausgebildet wurden und ihren kulturellen Hintergrund schlicht nicht kennen, die traditionellen Heilverfahren oft abwerten, sind die tradionellen Helfer "sehr aufgeschlossen und tolerant", beschreibt die Ethnologin. "Die Heilkraft des Heiligen in seinem Grab kann durch die Psychiater nicht infrage gestellt werden. Die Sufis finden das zusätzliche Angebot gut, denn sie glauben, der Heilige habe die Psychiater gerufen." Die Patienten reagieren ganz unterschiedlich. Einige lehnen die Behandlung durch die Medizi-ner rundheraus ab, andere probieren es aus, aber niemand, so Helene Basu, würde nur auf die Behandlung allein durch die Psychiater setzen.
Ob indigene Verfahren so helfen können wie medizinische, ist nicht bekannt. Eine Studie aus einem hinduistischen Tempel mit 30 Patienten zeigt: Auch ohne Medikamente und Therapie hat sich der Zustand der Patienten verbessert. "Die Studie ist aber hoch umstritten, vor allem unter den indischen Psychiatern", erzählt Helene Basu.
Die Berücksichtigung der Kultur bei einer medizinischen Behandlung wird auch in Deutschland immer wichtiger. Immigranten bringen ihre eigenen Vorstellungen von Krankheit und Heilung mit, wenn sie von einem deutschen Arzt behandelt werden. Helene Basu bietet deshalb schon seit Jahren gemeinsam mit einem Psychiater aus dem Benin Seminare zur transkulturellen Psychiatrie an. Besucht werden sie von Ethnologen, aber auch von Medizinern, Psychologen und Erziehungswissenschaftlern.
Die DVD, die mit Mitteln des Exzellenzclusters produziert wurde, ist mit englischen oder deutschen Untertiteln erschienen. Interessierte können sie für 20 Euro beim Institut für Ethnologie erwerben. Eine E-Mail an hbasu_01@uni-muenster.de reicht. (upm)