Bankgeschäfte nach islamischem Recht
Jurist Prof. Dr. Matthias Casper spricht über Zinsverbote und ihre Umgehung
Wie man Bankgeschäfte dem islamischen Recht entsprechend ohne Zinsen betreiben kann, erläutert der Jurist Prof. Dr. Matthias Casper am kommenden Dienstag, 6. Juli, in der Ringvorlesung des Exzellenzclusters „Religion und Politik“. Der öffentliche Vortrag „Normgeltung und Normumgehung. Vom Zinsverbot zum Islamic Finance“ beginnt um 18.15 Uhr im Hörsaal F2 des Fürstenberghauses am Domplatz 20-22.
„Islamische Banken bieten solche Geschäfte seit ungefähr 40 Jahren mit stark steigender Tendenz an, da immer mehr Anleger die Vorgaben der Sharia, des islamischen Rechts, beachten wollen“, sagt Casper. Nach der Sharia sei das Zinsnehmen unzulässig. Selbst in konservativen, islamisch-geprägten Staaten wie Saudi-Arabien bestehe allerdings meist kein staatliches Verbot von Zinsgeschäften. „Islamic Banking basiert also weitgehend auf Freiwilligkeit“, betont der Jurist.
Im Islam gibt es laut Casper vielfältige Strömungen und keine zentrale Instanz mit Letztentscheidungsrecht, wie sie der Vatikan in der katholischen Kirche darstellt. „Deswegen ist es oft unklar oder umstritten, ob die angebotenen Finanzgeschäfte, die zumindest äußerlich auf Zinsen verzichten, wirklich den Anforderungen des islamischen Rechts genügen.“ Hierüber wacht dem Juristen zufolge bei jeder islamischen Bank ein sogenanntes Sharia Supervisory Board, ein Sharia-Rat. Ähnlich einem Aufsichtsrat achte dieser darauf, dass die islamische Bank nur Produkte anbietet, die dem Zinsverbot genügen. Außerdem prüfe er, ob sich die Bank auch an die sonstigen Gebote des islamischen Rechts hält und zum Beispiel den Zakat entrichtet, die Pflichtabgabe für wohltätige Zwecke.
Die Sharia Boards dienen nach Ansicht Caspers als Transformationsriemen zwischen dem religiösen Binnenrecht und den Anlegern in einer säkularen Rechtsordnung. Ihre Rolle wird der Jurist in seinem Vortrag unter den Stichworten „Normgeltung und Normumgehung“ näher beleuchten. So spricht er über die Anforderungen an ein Sharia Board (Sachkunde, Vermeidung von Interessenkonflikten, Unabhängigkeit gegenüber der Bank), ordnet das Thema in die Diskussion um eine gute Unternehmensführung ein (Corporate Governance) und stellt einige umstrittene islamische Finanzierungsformen vor. Schließlich geht er unter dem Stichwort „Sharia-Falle“ der Frage nach, wer das Risiko trägt, wenn sich nachträglich herausstellt, dass ein Anlageprodukt unzutreffenderweise als shariakonform eingestuft wurde.
Casper ist Professor am Institut für Unternehmens- und Kapitalmarktrecht. Im Exzellenzcluster leitet er das Projekt „Religiös motivierte Geldanlage: vom Zinsverbot zum Islamic Finance“. (arn)