Obama als Mythos und Image
Knapp ein Jahr nach Einführung das ersten farbigen US-Präsidenten erläutert Soziologe dessen Charisma
Der Mythos und die Images des vor knapp einem Jahr ins Amt eingeführten US-Präsidenten Barack Obama leben nach Einschätzung des Gießener Soziologen Dr. York Kautt unausgesprochen von seiner Hautfarbe. „Obama muss seine Hautfarbe und die damit verbundenen politischen Themen nicht ausdrücklich ansprechen, sie rücken durch ihn als Person automatisch auf die Tagesordnung“, sagte der Wissenschaftler am Dienstag in der Ringvorlesung „Rituale der Amtseinsetzung“ des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU).
Obamas Erfolg und Faszinationskraft mache sich stark an diesem Merkmal fest, das im Zuge eines sozialen und imagevermittelten Prozesses der Charismatisierung neu bewertet werde. Indem die Bedeutung der Hautfarbe als kollektives Stigma durch Obamas Arbeit am traditionellen amerikanischen Mythos sowie durch bestimmte Medien-Images zurückgedrängt und neu bewertet worden sei, sei zugleich ein Beitrag zur symbolischen Reinigung des amerikanischen Mythos geleistet worden. Der Bedarf hierfür ergebe sich durch die Geschichte der Sklaverei und die bis in die Gegenwartsgesellschaft hineinreichende Benachteiligung der schwarzen Bevölkerung, die ihrerseits als ein kollektives Stigma interpretiert werden könne. „Die Wahl eines Farbigen, welcher sich in seiner Antrittsrede zu der Verfassung der USA und ihrem Entstehungsmythos bekennt, steht symbolisch für den Schritt der Versöhnung“, erklärte der Wissenschaftler.
Vor der Wahl habe sich Obama zwar als „unkonventioneller Kandidat“, nie aber als Vertreter der Gruppe der Farbigen in den USA dargestellt, so Kautt. Vielmehr seien auf Obamas Weg in das höchste Amt mehrfach verdeckte Kommunikationen zu beobachten gewesen. Als Beispiel für die indirekte Kommunikation der ethnischen Identität Obamas nannte der Soziologe die Amtseinführung des Präsidenten am 20. Januar 2009. Auftritte wie die der Musiker Stevie Wonder und Sting hätten für die Verbrüderung der Afroamerikaner und der Weißen gestanden. „Abseits der symbolischen Gesten kam die Frage nach der inneren Harmonie des Landes aber auch am Inauguration Day nicht vor.“ Obama habe auf die "Macht der Bilder" gesetzt.
In der nächsten Woche spricht Prof. Dr. Angelika Malinar von der Universität Zürich im Rahmen der Ringvorlesung zum Thema „Die ‚Bewegliche Ikone‘ – Zur Inszenierung von Herrschaft in indischen Königsritualen“. Die Veranstaltung findet am Dienstag, den 19. Januar 2010 zwischen 18:15 und 19:45 Uhr im Hörsaal F2 im Fürstenberghaus statt. (log)