Nebeneinander statt miteinander
PD Dr. Olaf Blaschke über Glaubensgemeinschaften in der deutschen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts
Über das Zusammenleben verschiedener Konfessionen und Religionen in der deutschen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts spricht der Historiker Dr. Olaf Blaschke aus Trier am kommenden Dienstag in der Ringvorlesung des Exzellenzclusters „Religion und Politik“. „Zwischen Katholiken, Lutheranern, Reformierten, Juden, anderen Glaubensgemeinschaften und Unkirchlichen herrschte statt religiöser Vielfalt religiöse Vielheit. Sie lebten eher nebeneinander statt im religiösen Pluralismus miteinander“, so Blaschke. Der Vortrag mit dem Titel „Konfessionelle Koexistenz und Konflikt in der Kulturkampfzeit“ beginnt am Dienstag, 14. Dezember, um 18.15 Uhr im Hörsaal F2 des Fürstenberghauses am Domplatz 20-22.
Die verschiedenen Glaubensgemeinschaften beobachteten sich dem Historiker zufolge mit Misstrauen, pflegten ihre konfessionellen Vorurteile und bekämpften sich teils gegenseitig. „Das gilt nicht nur für den Kulturkampf der 1870er-Jahre, als Reichskanzler Otto von Bismarck gegen den Widerstand der katholischen Kirche eine stärkere Trennung von Kirche und Staat durchsetzen wollte“, sagt Blaschke. Vielmehr seien Konflikte immer wieder auf verschiedenen Ebenen ausgetragen worden: in der Politik, der Presse und im Alltagsleben. Oft sei es aber auch gelungen, sie zu lösen oder gar zu vermeiden – „dank erfolgreicher Strategien und aller Konfliktfreudigkeit zum Trotz“.
In der öffentlichen Ringvorlesung „Integration religiöser Vielfalt von der Antike bis zur Gegenwart“ kommen 15 prominente Experten zu Wort, darunter der Frankfurter Schriftsteller und Orientalist Navid Kermani. Sie beleuchten aktuelle Fragen ebenso wie historische Beispiele von der Antike über das vormoderne China und Indien bis zum mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Europa. Es sprechen Historiker, Soziologen, Juristen, Judaisten, Theologen, Religionswissenschaftler und Ethnologen. (arn)