DaF-Praktikum am Département d’Études Germaniques der Faculté des Lettres et Sciences Humaines der Université Omar Bongo in Libreville
Das Praktikum im Bereich „Deutsch als Fremdsprache“ wurde vom 27.02.-31.03.2017 am Département d’Études Germaniques (Abteilung für germanistische Studien) der Faculté des Lettres et Sciences Humaines der Université Omar Bongo (UOB) in Libreville, der Hauptstadt Gabuns, absolviert. Die Université Omar Bongo, bei der es sich um die größte staatliche Universität Gabuns handelt, wurde im Jahr 1970 vom damaligen gabunischen Präsidenten Omar Bongo als Université Nationale du Gabon gegründet und erhielt erst 1978 ihren heutigen Namen. Sie wird aktuell von rund 17.000 Studenten besucht. Die Leitidee der Universität lautet „Savoir – Progès – Universalité“. Grundsätzlich ist die Unterrichtssprache Französisch, auch wenn in den philologischen Studiengängen der größte Teil der Kurse in der jeweiligen Zielsprache abgehalten wird. Neben der Faculté des Lettres et Sciences Humaines umfasst die Universität die Faculté de Droit et de Sciences Économiques. Da das gabunische auf dem französischen Schulsystem basiert, ist ähnlich wie in Deutschland das am lycée erworbene baccalauréat, das mit dem deutschen Abitur gleichgesetzt werden kann, Voraussetzung für den Hochschulzugang.
Das Département d’Études Germaniques, an dem das Praktikum absolviert wurde, wurde im Jahr 2010 gegründet und steht unter der Leitung von Frau Dr. Maryse Ndong. Ausschlaggebend für die Gründung der Abteilung für germanistische Studien war laut Auskunft der Leiterin der Abteilung, dass es bis zu diesem Zeitpunkt an Schulen und Gymnasien in Gabun nur ein begrenztes Angebot im Bereich „Deutsch als Fremdsprache“ gab. Daraus resultierte einerseits ein Mangel an Übersetzern, andererseits ein Mangel an Deutschlehrern, die aus Gabun stammen, sodass es 2010 nur rund 50 ausgebildete Lehrer für das Fach Deutsch im Land gab, wovon rund 90 Prozent aus anderen Ländern West- bzw. Zentralafrikas (z. B. Togo, Benin, Senegal und Kamerun) stammten. Studierende, die am Département d’Études Germaniques der Université Omar Bongo studieren möchten, sollten neben dem baccalauréat Schulkenntnisse in der deutschen Sprache im Rahmen von drei bis fünf Jahren vorweisen können.
Da die Abteilung für germanistische Studien erst vor wenigen Jahren gegründet wurde, sind momentan insgesamt nur rund 110 Studierende in den Studiengang eingeschrieben. In letzter Zeit wird der Studiengang allerdings immer beliebter, sodass deutlich mehr Studierende (ca. 50 Personen) momentan das erste Semester besuchen. Darüber hinaus ist es möglich, den Studiengang als sog. „Werksstudent“ zu absolvieren, sodass unter den eingeschriebenen Studierenden einige bereits hauptberuflich arbeiten, z. B. als Lehrpersonen an Grundschulen. Die Studierenden, die in Vollzeit den Studiengang absolvieren, sind zwischen 18 und 24 Jahre alt, wobei der Anteil an männlichen und weiblichen Studierenden ungefähr gleich ist. Sie stammen aus den verschiedenen Provinzen von Gabun und sind z. T. für das Studium in die Hauptstadt Libreville gezogen. Da es als Voraussetzung für die Aufnahme des Studiums erforderlich ist, Kenntnisse im Bereich der deutschen Sprache vorzuweisen, haben die meisten Studierenden bereits im lycée Deutsch als Fremdsprache gelernt. Da bei Aufnahme des Studiums allerdings kein Einstufungstest o. ä. absolviert werden muss, sind die Fähigkeiten, insbesondere zu Beginn des Studiums, als sehr unterschiedlich zu bewerten. Laut Aussage der Studierenden möchten die meisten von ihnen Germanistik studieren, weil sie sich sehr gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhoffen: Die deutsche Sprache gewinnt in den letzten Jahren in Gabun zunehmend an Bedeutung, da viele deutsche Firmen sich im Land angesiedelt haben und die Nachfrage nach ÜbersetzerInnen und deutschsprachigen MitarbeiterInnen stetig steigt. Darüber hinaus wünschen sich viele Studierende, nach ihrem Bachelorstudium in Gabun ein Masterstudium in Deutschland zu absolvieren. Die Abteilung für germanistische Studien der Université Omar Bongo unterhält ERASMUS+-Partnerschaften mit den Germanistischen Instituten der Universität Augsburg und der Universität Münster, über die einerseits die Möglichkeit eines Masterstudiums in Deutschland besteht und andererseits, wie in meinem Fall, Praktika im Bereich DaF an der Université Omar Bongo ermöglicht werden.
Aufgrund der geringen Anzahl an Studierenden ist das Studium im Vergleich zum Germanistik-Studium an der Universität Münster relativ verschult, sodass die Studierenden einen festen Stundenplan im Rahmen der oben aufgeführten Module haben und z. B. keine Wahlpflichtseminare angeboten werden. So verfügt auch jede der drei licences über einen eigenen Unterrichtsraum, in dem die verschiedenen Kurse abgehalten werden. Weiterhin gibt es in der Abteilung für germanistische Studien eine kleine, aber sehr gut ausgestattete Bibliothek, in der verschiedene DaF-Lehrwerke, Klassiker der deutschsprachigen Literatur, Wörterbücher, Fachliteratur und Nachschlagewerke zu den verschiedenen Bereichen der Germanistik sowie einige DVDs und Hör-CDs zur Verfügung stehen und auch ausgeliehen werden können. In der Mediathek können zwei fest installierte Computer sowie ein Laptop, eine CD-Medienanlage sowie ein Beamer genutzt bzw. ausgeliehen werden. Ein Internetanschluss oder eine WLAN-Verbindung ist an der gesamten Universität leider nicht vorhanden, allerdings können alle Studierenden über die mobilen Daten mit ihrem Smartphone auf das Internet zugreifen. Alle Unterrichtsräume verfügen über Whiteboards. Je nach Thema der Seminare (z. B. „Landeskunde“) werden Lehrwerke verwendet. Während des Praktikums hat sich gezeigt, dass die in der Bibliothek zur Verfügung stehenden Lehrwerke von den Studierenden intensiv im Rahmen des Selbststudiums genutzt werden.
Während der ersten Woche meines Praktikums habe ich in verschiedenen Kursen aller drei licences hospitiert (s. angeführte Übersicht im Anhang; z. B. „Grammatik“ und „Schreiben“ in der licence I, sowie „Interkulturelle Kommunikation“ und „Theoretische Landeskunde“ in der licence II) und konnte so einen umfassenden Einblick in das Germanistik- bzw. „Deutsch als Fremdsprache“-Studium an der Université Omar Bongo erhalten. Ab der zweiten Praktikumswoche habe ich dann selbst zwei Blockseminare mit insgesamt 30 bzw. 20 Zeitstunden unterrichtet. Es handelte sich um das Seminar „Praktische Landeskunde“ in der licence II (3. Semester) und um das Seminar „Kolonialliteratur“ für die Studierenden des Schwerpunktes „Vergleichende Literaturwissenschaft und Übersetzen“ in der licence III (5. Semester). Auf die Auswahl der Kurse hatte ich keinen Einfluss, allerdings wurde mir bereits einige Wochen vor Antritt meines Praktikums mitgeteilt, dass ich „Kolonialliteratur“ unterrichten sollte, sodass genügend Zeit zur Vorbereitung dieses Kurses blieb. Dabei wurde die Anforderung gestellt, dass möglichst die Sprachpraxis im Vordergrund stehen solle, also möglichst viele Anlässe zur authentischen Kommunikation gegeben werden sollten und darüber hinaus eine Leistungsüberprüfung notwendig sei. Insbesondere das Seminar zum Thema „Kolonialliteratur“ erforderte einiges an Vorbereitungszeit, da ich mich mit diesem Thema in meinem Germanistik-Studium bis dahin nicht auseinandergesetzt hatte und auch keine weiteren Materialien zur Verfügung gestellt wurden. Da meine bisherigen Erfahrungen im DaF-Bereich sich auf Kurse beschränkten, in denen die Vermittlung des Deutschen als Fremdsprache und die verschiedenen zugehörigen Fertig- und Fähigkeiten im Vordergrund standen, bestand die besondere Herausforderung bei der Vorbereitung des Seminars darin, dass neben der Förderung der verschiedenen Kompetenzen und Fertigkeiten in der Fremdsprache auch die Vermittlung der Inhalte des Germanistik-Studiums im Mittelpunkt stehen sollte.
Vor Beginn des Praktikums wurde ein detaillierter Lehrplan von mir eingefordert, den ich per Mail nach Gabun sendete und auf diese Weise auch ein entsprechendes Feedback mit Überarbeitungshinweisen erhielt. Weiterhin kümmerten sich die betreuenden DozentInnen im Vorhinein um die Vermittlung von und die Herstellung des Kontaktes zu den Gastfamilien, in denen eine weitere Praktikantin der Universität Münster und ich während unseres Praktikums wohnen durften. Die DozentInnen der Abteilung für germanistische Studien waren sehr um uns bemüht, haben häufig ihre Unterstützung angeboten, uns bei der Organisation von Wochenendtrips geholfen und sich stets nach unserem Wohlbefinden erkundet. Insgesamt fühlten wir uns im Kollegium sehr willkommen und herzlich aufgenommen. Fachlich hätte ich mir an einigen Stellen allerdings noch eine etwas intensivere Betreuung gewünscht, da insbesondere die inhaltliche Gestaltung des Seminars zum Thema „Kolonialliteratur“ herausfordernd war. So fanden in beiden von mir gehaltenen Seminaren nur kurze Hospitationen durch die betreuenden DozentInnen mit einem Feedback-Gespräch statt, in denen sie sich sehr zufrieden mit meiner Arbeit zeigten und mich dementsprechend im Folgenden, auch bei der Gestaltung und Durchführung der Leistungsüberprüfungen (Klausur bzw. Referat mit Ausarbeitung), sehr selbstständig arbeiten ließen und mich als vollwertiges Mitglied des Kollegiums ansahen. Aus diesem Grund war es für mich sehr hilfreich, dass eine weitere deutschsprachige Germanistik-Studentin gleichzeitig ihr Praktikum vor Ort absolvierte, da wir uns auf diese Weise im Sinne des „Team-Teachings“ gegenseitig unterstützen konnten.
Die letzte Woche des Praktikums schloss mit der Tagung „Les Journées Allemandes: L’Allemand en Theorie et Pratique“ ab, für die neben den gabunischen MitarbeiterInnen des Département d’Études Germaniques vier weitere MitarbeiterInnen des Germanistischen Instituts der Universität Münster aus Deutschland anreisten. Weiterhin waren alle Studierenden, Deutsch-Lehrkräfte aus dem ganzen Land sowie VertreterInnen der deutschen Botschaft eingeladen. Ich wurde intensiv in die Gestaltung und Planung der Tagung eingebunden und erhielt die Möglichkeit, einen anderthalbstündigen Workshop zum Thema „Digitale Medien im Deutschunterricht“ zu gestalten, der gemeinsam mit Studierenden der licences II und III in der deutschen Sprache durchgeführt wurde.
Insgesamt betrachtet sind die Erfahrungen, die ich während meines Praktikums in Gabun gemacht habe, als absolut positiv zu bewerten, insbesondere in Hinblick auf die interkulturellen Erfahrungen, die ich vor Ort machen durfte. Aus diesem Grund möchte ich allen Interessierten die Möglichkeit, das DaF-Praktikum an der Université Omar Bongo in Gabun zu absolvieren, nur wärmstens ans Herz legen. Auch wenn der Studiengang und die mediale Ausstattung an einigen Stellen sicherlich noch ausbaufähig sind, so sind die LernerInnen doch hoch motiviert und zeigen großes Interesse an der deutschen Sprache. Dadurch, dass der Zugriff auf viele Internetquellen, wie z. B. das Videoportal YouTube, das sehr gut für Aufgaben im Bereich des Hörverstehens genutzt werden kann, erschwert war, habe ich Planungsflexibilität erworben und gelernt, auch mit wenigen Mitteln und Materialien anspruchsvollen DaF-Unterricht zu gestalten.
Unabhängig von der Intention des Praktikums, meine Kompetenzen in Bezug auf das Lehren von Deutsch als Fremdsprache zu festigen und zu erweitern, bot sich mir die Möglichkeit, meine Sprachkenntnisse in der französischen Sprache aufzubessern, die seit der letzten Unterrichtsstunde während der Schulzeit etwas eingeschlafen waren. Für zukünftige Praktikanten und Praktikantinnen ist es sicherlich gut zu wissen, dass die englische Sprache nur bedingt hilfreich ist. Im universitären Kontext sprechen fast alle Personen Englisch, im Alltagsleben beherrschen allerdings nur wenige Gabuner die englische Sprache. Nicht vorhandene Sprachkenntnisse in Französisch sollten aber auf keinen Fall davon abhalten, sich für dieses Praktikum zu entscheiden: Die Studierenden sind sehr hilfsbereit und freuen sich über jede Möglichkeit, sich in ihrer späteren Tätigkeit als Übersetzer bzw. Übersetzerin zu üben. Die Kommunikation mit der Gastfamilie verlief bei mir ebenfalls unproblematisch, da der Student, in dessen Familie ich aufgenommen wurde, weiterhelfen konnte, wenn meine Französischkenntnisse nicht ausreichten. Insgesamt habe ich die Gabuner als sehr aufgeschlossene und hilfsbereite Menschen erlebt, die bei jedem noch so kleinen Problem zur Seite stehen, selbst wenn man sich eigentlich gar nicht kennt.
Durch die Unterbringung in der Familie eines Studenten konnte ich das Alltagsleben in Libreville „hautnah“ miterleben und habe viele Einblicke in das Familienleben und die gabunische Kultur erhalten dürfen. An den Wochenenden blieb genug Zeit, mit der weiteren Praktikantin bzw. unseren Gastgeschwistern das wunderschöne Land zu erkunden, das bisher vom Tourismus noch relativ unberührt ist. Einzig und allein die „Laisser-Faire“-Einstellung, die, wie uns stolz berichtet wurde, Teil der gabunischen Mentalität ist und so gar nicht zur eigentlich hohen Motivation der Studierenden zu passen scheint, war für mich zu Beginn sehr gewöhnungsbedürftig. Es erschwert die Planung von Unterrichtseinheiten extrem, wenn man erst kurzfristig erfährt, dass der Kurs verschoben werden muss oder zu Beginn des Kurses nur etwa ein Drittel der Studierenden anwesend ist und der Rest nach und nach hinzustößt. Sobald man sich aber daran gewöhnt und die Gelassenheit der Gabuner ein wenig übernommen hat, macht das Unterrichten großen Spaß und insbesondere der intensive Kontakt zu den Studierenden auch in der Freizeit trägt dazu bei, dass man sehr intensive und unvergessliche Erfahrungen sammeln darf.
Zukünftige PraktikantInnen, die sich für ein Praktikum im Bereich „Deutsch als Fremdsprache“ an der Abteilung für germanistische Studien der Université Omar Bongo interessieren, dürfen mich jederzeit per Mail unter christina.gippert@wwu.de kontaktieren und ich stelle gerne weitere Informationen zur Verfügung. Als offizieller Ansprechpartner für die ERASMUS+-Kooperation mit der Université Omar Bongo steht Dr. Nils Bahlo am Germanistischen Institut der Universität Münster zur Verfügung, sodass er bei Interesse an einem Praktikum in jedem Falle kontaktiert werden sollte. Er stellt den Kontakt zur Université Omar Bongo her und bespricht gemeinsam mit InteressentInnen im Vorhinein alle organisatorischen Fragen.