Praxisprojekt Deutsch
Die Projektseminare im Fach Deutsch werden für die Lehramtsstudiengänge Grundschule (G), Haupt-, Real-, Sekundar- und Gesamtschule (HRSGe), Gymnasium und Gesamtschule (GymGes) sowie Berufskolleg (BK) im Bachelor- und Masterstudium angeboten.
So kommen im Seminar Studierende mit unterschiedlichen Vorkenntnissen und Vorerfahrungen zusammen, was die Möglichkeit eines konstruktiven Austausches zwischen den Studierenden bezüglich der unterschiedlichen Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler sowie der Konkretisierung des Unterrichts in den verschiedenen Schulformen und Jahrgangsstufen bietet.
Das Aufgaben- und Anforderungsspektrum des Projektseminars umfasst die Vor- und Nachbereitung der theoretischen Inhalte, die Teilnahme an der Praxisphase (innerhalb der eigenständig und in Kooperation mit den Lehrkräften vor Ort der Unterricht geplant und durchgeführt sowie in Abstimmung Unterrichtsmaterial modifiziert wird) sowie die abschließende schriftliche Theorie-Praxis-Reflexion.
Eine schematische Darstellung des Ablaufs des Praxisprojekts Deutsch sehen Sie hier:
Seminarplan
1. Einführung I Konstituierende Sitzung I Organisatorisches | |
Theoretische Grundlagen | 2. Textverstehen 3. Lesestrategien 4. Vermittlung und Training von Lesestrategien 5. Heterogenität im Kontext von Textverstehen und Lesestrategien 6. Diagnostik des Textverstehens |
(Weiter-)Entwicklung und Erprobung des Lernarrangements & Kooperation mit Lehrkräften | 7. Präsentation des Lernarrangements 8. Erarbeitung und Erprobung des Lernarrangements 9. Kennenlernen der Lehrkräfte und Thematisierung von Kooperation 10. & 11. Gemeinsame Anpassung des Lernarrangements an die spezifischen Lerngruppen |
Schulpraktische Durchführung I Praxisphase | Durchführung des Lesestrategietrainings in den Schulen (Zeitraum ca. 4-8 Wochen) |
Reflexion & Evaluation | 12. Reflexion und Anpassung der schulpraktischen Durchführung (ca. in der Mitte des Zeitraums der schulpraktischen Durchführung) 13. Reflexion und Evaluation der schulpraktischen Durchführung und des Seminars |
Theoretische Grundlagen (Sitzung 2-6)
Die theoretischen Grundlagen bilden das gesamte Spektrum des fachlichen Gegenstands des Fachprojekts Deutsch ab. So setzen sich die Studierenden mit Textverstehen und den einzelnen Teilprozessen des Textverstehens auseinander und lernen, leser- und textseitige Determinanten des Textverstehens zu differenzieren.
Als geeignete Maßnahme zur Förderung des Textverstehens wird die Vermittlung von Lesestrategien vorgestellt. Dabei lernen die Studierenden verschiedene Arten der Systematisierung von Lesestrategien sowie konkrete Lesestrategien kennen. Darüber hinaus werden die einzelnen Phasen eines wirksamen Lesestrategietrainings erörtert und auf die praktische Umsetzung übertragen. Im Anschluss daran werden Heterogenitätsdimensionen im Bereich des Textverstehens und der Anwendung von Lesestrategien thematisiert. Überdies lernen die Studierenden diagnostische Instrumente zur Erfassung des Textverstehens kennen und anzuwenden.(Weiter-) Entwicklung und Erprobung des Lernarrangements & Kooperation mit Lehrkräften (Sitzung 7-11)
Die Schwerpunkte des Seminars liegen auf der konkreten Vorbereitung der Praxisphase, also der Planung und Durchführung von Unterricht im Rahmen des Lesetrainings sowie der Erprobung und (Weiter-)Entwicklung des Lernarrangements inklusive der eingesetzten Materialien. Die Basis dafür bildet die theoretisch fundierte Auseinandersetzung mit Voraussetzungen einer heterogenen Schülerschaft, die differenzierte Maßnahmen in Bezug auf Methodik und Materialien, aber auch hinsichtlich des Classroom-Managements erfordern.
Dazu werden bereits in der Unterrichtspraxis erprobte Arbeitsblätter analysiert, einzelne Materialien auf der Grundlage von authentischen Lernerprofilen umgestaltet und spezifische Maßnahmen und Methoden im Sinne des Cognitive-Apprenticeship-Ansatzes erprobt. Als hilfreich hat sich hierfür auch der Einsatz von Unterrichtsvideos im Seminar erwiesen, die unterrichtliche Good-Practice-Situationen im Rahmen eines Lesestrategietrainings zeigen.
Darüber hinaus lernen die Studierenden in dieser Phase ihre Kooperationspartnerinnen und -partner kennen, also die Lehrkräfte der entsprechenden Schulen und Klassen, in denen die Praxisphase stattfindet. Im Zuge dieser gemeinsamen Sitzungen mit Lehrkräften und Studierenden werden allgemeine Aspekte von Kooperation verhandelt und das Lernarrangement an die konkrete Lerngruppe angepasst.Schulpraktische Durchführung I Praxisphase
Die Vermittlung von Strategien zur Erschließung von Sachtexten als ein erster grundlegender strategischer Zugang zu Texten erfolgt im Fach Deutsch in den Jahrgangsstufen 2-6. Der Verbund von Lesestrategien wird entsprechend in Grundschulen (Klasse 2-4) und in weiterführenden Schulen (Klassen 5-6) vermittelt.
In den Grundschulen erfolgt die Vermittlung in verschiedenen Settings, die Auswirkungen auf die Wahl der Jahrgangsstufe und die zeitliche Gestaltung haben. Wenn eine Grundschule jahrgangsübergreifenden Unterricht anbietet (wie z. B. die PRIMUS-Schule Münster), nehmen ausgewählte Schülerinnen und Schüler aus den Jahrgangsstufen 2-4 an dem Lesestrategietraining teil, das im Verlauf von fünf Wochen mit einer Stundenzahl von vier Stunden pro Woche durchgeführt wird. Der Großteil der Grundschulen entscheidet sich jedoch für eine Durchführung, die in der 3. Jahrgangsstufe beginnt und mit einer wöchentlich stattfindenden zweistündigen sog. „Lesestunde“ bis in die 4. Jahrgangsstufe reicht.
In den weiterführenden Schulen wird das Lesestrategietraining entweder in einer vier- bis fünfwöchigen Kompaktphase oder in wöchentlichen Doppelstunden während eines Schulhalbjahres durchgeführt.
Diese unterschiedlichen schul- und schulformabhängigen Realisierungen des Lesetrainings haben Auswirkungen auf die zeitliche Ausgestaltung der Praxisphasen und damit auch auf die Einbindung der Praxisphasen in den Ablauf der Projektseminare: Ein vier- bis fünfwöchiger Kompaktblock, der für die Studierenden sehr zeitintensiv ist, findet meist zu Beginn des jeweiligen Schulhalbjahres statt, der mit den Semesterferien der Studierenden zusammenfällt. Wird das Lesetraining hingegen in wöchentlichen Lesestunden realisiert, unterrichten die Studierenden nach einer ersten Theoriephase seminar- und semesterbegleitend in Kooperation mit den schulischen Lehrkräften.Theorie-Praxis-Reflexion und Evaluation des Seminars (Sitzung 12-13)
Während der Praxisphase kommen die Studierenden (mindestens) einmal zu einer Seminarsitzung zusammen, um die bisherige praktische Durchführung zu reflektieren, zu evaluieren und sich über ihre Praxiserfahrungen auszutauschen. Ziel dieser Sitzung ist es vor allem, mögliche (akute) Schwierigkeiten zu lösen und nötige Anpassungen des Unterrichts oder der Materialien vorzunehmen.
Im Anschluss an die Praxisphase findet dann eine umfassendere reflexive Auseinandersetzung mit fach- und gegenstandsspezifischen Aspekten der Durchführung des Lesestrategietrainings statt. Grundlage für diese Theorie-Praxis-Reflexion bildet das im Rahmen des Projekts Kooperative Praxisprojekte entstandene ProRefit-Modell.
Um die Auswahl subjektiv-bedeutsamer sowie fachdidaktisch relevanter Momente, die eine Reflexion auf fachlicher Ebene anstoßen können, sowie den Reflexionsprozess insgesamt anzuleiten und zu begleiten, werden bereits vor der Praxisphase im Seminar Unterrichtsvideos eingesetzt, auf deren Grundlage der Prozess der Theorie-Praxis-Reflexion (aus Beobachterperspektive) beispielhaft durchgespielt wird. Dies schult zum einen den kritischen und reflexiven Blick der Studierenden auf mögliche Momente der fachlichen Vermittlung, die einer besonderen Reflexion bedürfen. Zum anderen zeigt es den Studierenden bereits die mögliche Umsetzung einer (nachgelagerten) Theorie-Praxis-Reflexion auf.
Darüber hinaus bietet ein Fragebogen, den die Studierenden während der Praxisphase jeweils im Anschluss an jede Unterrichtsstunde ausfüllen, Hilfestellung. Mit diesem Fragebogen wird jeweils ein mögliches problematisches Moment in der Vermittlungssituation abgefragt und zur kurzen Reflexion dieser Situation angeregt. Im Zuge der umfassenden Theorie-Praxis-Reflexion am Ende des Seminars kann diese Sammlung von Momenten in der fachlichen Vermittlungssituation bei der Auswahl eines Moments helfen, das u. U. sonst nicht erinnert werden würde.
Nach Abschluss der Praxisphase wählen die Studierenden dann einen subjektiv bedeutsamen Moment der fachlichen Vermittlung, beschreiben und erklären diesen und reflektieren über mögliche Handlungsalternativen. Diese verschriftlichten Theorie-Praxis-Reflexionen bilden die Grundlage der Leistungsbewertung der Studierenden, dienen aber vor allem der Förderung der Reflexionskompetenz der Studierenden. Die Analyse und Auswertung der eingereichten Theorie-Praxis-Reflexionen zeigen, dass sich die Studierenden, basierend auf den im Seminar vermittelten Grundlagen und ihren Erfahrungen während der Praxisphase, nicht nur intensiv mit inhaltlichen und methodischen Umsetzungsmöglichkeiten der Förderung des Textverstehens und dem Umgang mit Heterogenität in diesem Kontext auseinandersetzen, sondern auch, dass dadurch Abstraktions-, Distanzierungs- und Reflexionsprozesse angestoßen werden, die zu einer Professionalisierung beitragen können.