Werner Freitag
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Stadttypen

Geschichtswissenschaft bedarf der Idealtypen, um die Vielfalt der historischen Erscheinungen – wozu eben auch das Städtewesen gehört – zu erfassen. Als „gedankliche Steigerung“ von historischen Sachverhalten, so Max Weber (DNB), als Zuspitzung „in voller begrifflicher Reinheit“ helfen sie der vergleichenden Städtegeschichte bei der Formulierung von Forschungsfragen; sie „weisen der Hypothese die Richtung“ (Weber 1973, S. 190, 194). Dabei können Idealtypen kleinere und größere Reichweiten aufweisen. Max Weber hat beide Varianten in seinem berühmten Aufsatz zur Stadt entwickelt. Er erarbeitete Kriterien für einen Stadtbegriff, der die Stadt in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht zusammenfasst, und schied für die Vormoderne den „asiatischen“ vom „okzidentalen“ Stadttypus. Gleichzeitig nutzte Weber auch ausschließlich wirtschaftliche Aspekte für die Typenbildung und sprach von Händler-, Konsumenten- und Produzentenstadt. In verfassungsmäßiger Hinsicht trennte er die Plebejer- von der Geschlechterstadt.
Diesen Weg der Typenbildung verfolgt die vergleichende Städtegeschichte auch heutzutage; es ist eine Typenvielfalt zu konstatieren. Allerdings haben sich die Wege zur Typenbildung verändert. Neben den politischen und wirtschaftlichen Zuspitzungen (für die Vormoderne z.B. Manufaktur- und Salzstadt, für die Moderne z.B. Industriestadt) haben sich topographische, soziale und kulturelle Merkmale herausdestilliert, so Hafenstadt, Exulantenstadt und Medienstadt. Auch die von einem topographischen, kirchlich-kulturellen und sozialen Zentrum ausgehende Typenbildung ist gängig: Kathedral- und Stiftsstadt und vor allem die Residenzstadt können hier angeführt werden. Bezüglich der Typenbildung hat sich in der Forschungspraxis der Unterschied zwischen Ideal- und Realtypus verwischt. Während Weber die „gedankliche Konstruktion“ betonte, um nachfolgend Nähe und Unterschiede in der empirischen Forschung zu bestimmen, setzt die heutige Forschung bei sog. „Realtypen“ an. Sie geht also von einer induktiv belegbaren Dominanz eines bestimmten Merkmals aus; ja der Typus selbst wird zum Gegenstand der Forschungstätigkeit und/oder der Debatte. Beide Wege sind sinnvoll, müssen aber in der konkreten Forschungsarbeit reflektiert werden.
Die folgenden Texte stellen einige Stadttypen beispielhaft vor.

Werner Freitag (1.9.2014)

Literaturhinweise

 

  • Irsigler, Franz: Überlegungen zur Konstruktion und Interpretation mittelalterlicher Stadttypen, in: Vielerlei Städte. Der Stadtbegriff, hg. v. Peter Johanek/Franz-Joseph Post, Köln [u.a.] 2004, S. 107-119.
  • Weber, Max: Die „Objektivität“ wissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis, in: ders.: Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, 4. Aufl., Tübingen 1973, S. 146-214.
  • Weber, Max: Die Stadt, hg. v. Wilfried Nippel (Studienausgabe der Max Weber-Gesamtausgabe I/22-5), Tübingen 2000.

Diese und weitere Literaturangaben sind zu finden in der Mediensuche.

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