Reflexionsfigur Puppe. Künstliche Wesen in (der mitteleuropäischen) Literatur und Kunst der Moderne
Obwohl Puppen für die künstlerische Selbstreflexion der Moderne zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine große Rolle spielen, gibt es dazu erstaunlich wenig systematische Forschung. Ziel des Projektvorhabens ist es deshalb, in einer interdisziplinären Zusammenführung literatur-, kunst-, theater- und filmwissenschaftlicher Perspektiven das Phänomen der Puppe als Reflexionsfigur der Moderne in seiner Vielfalt aufzufächern und auf typologische Verbindungslinien zu befragen.
Puppen – so die Grundthese – dienen in der mitteleuropäischen Kunst und Literatur als Reflexionsfigur der Ambivalenzen der Moderne: Indem sie das Mechanische ausstellen, sind sie gleichermaßen Verkörperung des mit der Technisierung einhergehenden Fortschritts wie der drohenden Dehumanisierung und Entfremdung. Anhand von Puppen wird dabei eine Vielzahl von Themen verhandelt und miteinander verknüpft: Anthropologische Grundfragen werden im Verhältnis von Puppe und Mensch gespiegelt. Dazu gehört, da Puppen sich zum Ideal- oder Wunschbild des Körpers gestalten lassen, vielfach auch das Spannungsverhältnis von Bewusstem und Unbewusstem. Eine oftmals magisch oder religiös-metaphysisch aufgeladene, aber auch poetologische Dimension beinhaltet die Thematisierung (künstlerischen) Schöpfertums anhand von Puppen. Eine psychologische Dimension wird besonders in Verbindung mit Erinnerungen an die Kindheit akzentuiert. Zivilisationskritische Reflexionen gelten v.a. dem Automatenhaften von Puppen, spielen aber auch eine Rolle, wenn im Modus des sog. Primitivismus auf die Darstellung von Puppen in der Kunst von Kindern oder von Indigenen rekurriert wird . Dieses gerade zu Beginn des 20. Jahrhunderts virulent werdende Reflexionspotential von Puppen soll herausgearbeitet werden.
Projektstatus: laufend
Mittelgeber: DFG (Heisenberg-Professur)
Kontakt: Prof. Dr. Irina Wutsdorff