Die Podcast-Reihe begleitet die Themenjahre des Exzellenzclusters. An Fallbeispielen von der Antike bis heute geben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Einblicke in ihre aktuellen Forschungen zu Religion und Politik aus den Sozial- und Geisteswissenschaften.
Islam und Feminismus gelten oft als Gegensatz. Das liegt nicht zuletzt an islamistischen Strömungen wie den Taliban, die massive Gewalt gegen Frauen ausüben. Sie berufen sich auf ein traditionelles Koranverständnis: Der Koran gilt als direktes Wort Gottes und ist daher in wortwörtlicher Lesart für alle Zeiten gültig. In Reaktion darauf entstand die feministische Exegese, die einen anderen Ansatz verfolgt: Sie versteht den Koran als Text seiner Zeit und berücksichtigt historische und literarische Kontexte. Nach zeitgemäßer Koranauslegung sind Männer und Frauen gleichberechtigt. So schafft Gott nach dieser Lesart Mann und Frau zeitgleich als gleichgestellte Partner, nicht etwa den Mann zuerst. Hierüber spricht die islamische Theologin Dina El Omari im Forschungspodcast des Exzellenzclusters.
Die Säkularisierung nimmt dramatisch zu. Seit etwa zehn Jahren erleben die USA und viele Länder Europas eine rasante Entkirchlichung, darunter ehemals religiöse Hochburgen wie Italien und Polen. Zu diesem Ergebnis kommen Forschungen des Religionssoziologen Detlef Pollack vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ und seines Fachkollegen Gergely Rosta. Sie betonen: Das Bild der tiefreligiösen USA muss revidiert werden. Die Allianz der Evangelikalen mit Donald Trump hat dazu geführt, dass sich immer mehr ohnehin religiös distanzierte Amerikaner ganz von der Religion abwenden. In Russland hingegen erlebt die Orthodoxie einen Aufschwung – eng gekoppelt an einen wachsenden Nationalstolz. Hierüber spricht Detlef Pollack im Forschungspodcast des Exzellenzclusters.
Auch 50 Jahre nach Erscheinen des Berichts „Grenzen des Wachstums“ vom Club of Rome speist sich das Engagement der Umweltbewegung trotz fast aussichtsloser Umweltsituation zumeist aus Idealismus. Religiöse Akteure leisten dazu einen spezifischen Beitrag: Viele von ihnen sind aufgrund tief verwurzelter Werte zum fundamentalen Umdenken bereit. Dabei ist Religion nicht automatisch grün, wie das Beispiel evangelikaler Klimaleugner zeigt. Das schildert die Politikwissenschaftlerin Doris Fuchs vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ und sie hinterfragt angesichts planetarer Grenzen das Konzept des Wirtschaftswachstums.
Ob Königsmord, Whistleblowing oder „Volksverräter“-Rufe von Querdenkern – Verrat prägt Historikern zufolge die politischen Geschicke seit der Antike bis heute. Und er hat viele Gesichter: Der Judaskuss, der zur Kreuzigung Jesu führt, gilt als heilsnotwendiger Verrat. Der Hochverrat dagegen leitet Umstürze ein und gilt als das ultimative politische Verbrechen. Whistleblowing wiederum sehen viele als guten Verrat im Sinne der Aufklärung. Heute paaren sich Verratsvorwürfe mit Verschwörungstheorien – oft als gefährliche Hetze in sozialen Medien. Der Historiker André Krischer vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ gibt Einblicke in die schillernde Geschichte des Verrats.
Fake News gab es schon lange vor Donald Trump und den sozialen Medien. Ob höfische Komplotte oder Verschwörungstheorien angesichts der Pest: Bereits im Mittelalter diskutierten die Menschen lebhaft über den Wahrheitsgehalt von Nachrichten, die sie etwa über Flugblätter und Briefe oder durch Pilger und Spielleute erreichten. Der Historiker Martin Bubert vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ schildert anhand historischer Beispiele, wie Falschmeldungen im Mittelalter verbreitet und aufgenommen wurden.
Mit dem Psychologen Mitja Back und dem Politikwissenschaftler Bernd Schlipphak
Warum Menschen an Verschwörungstheorien glauben, unterscheidet sich einer internationalen Studie zufolge stark nach psychologischen, aber auch länderspezifischen Faktoren. „Das Bild über die persönlichen, politischen und kulturellen Ursachen ist komplex. Die Wirkung von Verschwörungstheorien aber ist überall gleich: Polarisierung, Skepsis gegenüber Institutionen, Eliten und Minderheiten sowie ein Abnehmen des gesellschaftlichen Zusammenhalts“, erläutern der Psychologe Prof. Dr. Mitja Back und der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Bernd Schlipphak vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Uni Münster im Podcast.
Hassprediger, Hasskommentare, Hasskriminalität: Seit etwa zehn Jahren zeigt sich eine sprachliche Verschärfung in der öffentlichen Diskussion. Hassdelikte hätte man zuvor Gewalttaten genannt, sagt die Literaturwissenschaftlerin Martina Wagner-Egelhaaf. Politisierungen und Instrumentalisierungen dieses extremen Gefühls hat es allerdings schon immer gegeben, sei es in der Bibel, bei Shakespeare oder in Texten Maxim Billers. Die Forscherin erarbeitet am Exzellenzcluster im Forschungsprojekt „Figuren des Hasses“ eine Literatur- und Kulturgeschichte dieser Emotion. Im Podcast „Religion und Politik“ gibt sie einen Einblick in ihre bisherigen Erkenntnisse.
Übertriebene Eitelkeit, Untreue, schlechte Tischmanieren: Die Moralsatire „Das Narrenschiff“ des vor 500 Jahren verstorbenen Humanisten Sebastian Brant präsentiert menschliches Fehlverhalten aller Art in zugespitzter Form. Der Germanist Prof. Dr. Bruno Quast spricht über das populärste Werk vor der Reformation, das mit Illustrationen des jungen Albrecht Dürer erschien und Leserinnen und Lesern bis heute den Spiegel vorhält. Ob Fashion Victim oder Streithammel, naiver Glücksuchender oder notorischer Schwarzseher: Wir alle sind Narren.
Mit dem Sozialethiker Arnulf von Scheliha und der Theologin Uta E. Hohmann
Evangelische Parlamentarier decken in der Langzeitperspektive vom 19. Jahrhundert bis heute das gesamte politische Spektrum ab und sind keineswegs mehrheitlich linksorientiert. Bis zur Akzeptanz von Demokratie und Pluralismus war es gerade für Protestanten, die sich im Kaiserreich sehr Monarchie-orientiert zeigten, ein langer Weg. Der Sozialethiker Arnulf von Scheliha und die Theologin Uta Elisabeth Hohmann berichten im Podcast über erste Ergebnisse aus ihrem Forschungsprojekt „TheoParl“, in dem sie reichhaltiges Datenmaterial über die politischen Aktivitäten evangelischer Theologinnen und Theologen auswerten.
Mit dem Religionswissenschaftler Perry Schmidt-Leukel
Vorstellungen von einem Leben nach dem Tod, wie Christen sie Ostern im Auferstehungsglauben feiern, prägen Wissenschaftlern zufolge viele Religionen. „Auch Juden, Muslime, Hindus und Buddhisten haben vielfältige Jenseits-Vorstellungen entwickelt – als Antwort auf die große Menschheitsfrage: Kommt etwas nach dem Tod? Und wenn ja, was?“, sagt der Religionswissenschaftler und Theologe Prof. Dr. Perry Schmidt-Leukel vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Uni Münster. Die Theologie müsse solche Fragen heute im Kontext des Glaubens aller Religionen behandeln, also in einer „interreligiösen Theologie“.
Auf dem Olymp: Das berühmte Bergmassiv war nach griechischer Mythologie von Göttern bevölkert, im wahren Leben aber laut Archäologen über Jahrtausende fast menschenleer. So wurde der Berg seit der Antike zur Projektionsfläche für religiöse, politische und popkulturelle Ideen, wie der Archäologe Achim Lichtenberger vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Uni Münster im Podcast erläutert.
Mit der Politikwissenschaftlerin Carolin Hillenbrand
Trotz Corona-Pandemie und Kontaktbeschränkungen zeigen die Menschen in Deutschland nach einer Umfrage weiter Bereitschaft zu Solidarität und Zusammenhalt. In der nicht-repräsentativen Online-Befragung unter gut 2.300 Menschen geben 63 Prozent der Befragten an, mehr Solidarität und Hilfsbereitschaft in ihrem Pandemie-Alltag zu zeigen. Politikwissenschaftlerin Carolin Hillenbrand spricht im Podcast „Religion und Politik“ über ihre Ergebnisse.