Podcast-Reihe "Zugehörig oder ausgegrenzt?"
Folge 2: Wie lässt sich jüdisches religiöses Leben im Mittelalter erforschen? Ein Feiertagsgebetbuch aus Köln
Wer etwas über jüdisches Leben in der Vergangenheit erfahren möchte, greift auf historische Quellen zurück. Neben Texten bieten sich auch Materialien an, also Bilder, Buchobjekte, Gebäude, Inschriften, Münzen oder Dinge des Alltags. Die Forschung hat sie in den vergangenen Jahren verstärkt in den Blick genommen. Diesen Trend nennt man den material turn oder auch visual turn.
Eine besondere Quelle dieser Art, ein Feiertagsgebetbuch – den Amsterdamer Mahsor, der vermutlich um 1240 in Köln entstand – stellt die Judaistin Katrin Kogman-Appel vom Exzellenzcluster in unserer Podcastreihe „Zugehörig oder ausgegrenzt?“ vor. Die Reihe ist ein Beitrag des bundesweiten Festjahrs „1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ und Teil des Themenjahres „Zugehörigkeit und Abgrenzung“ des Exzellenzclusters.
Was also erzählt uns der Amsterdamer Mahsor über jüdisches Leben? Die aufwändig gestaltete Handschrift gehört immerhin zu den ältesten erhaltenen Manuskripten dieser Art im deutschsprachigen Raum. Der Judaistin Katrin Kogman-Appel gewährt der kunstvoll illustrierte Mahsor tiefe Einblicke in die Traditionen und Rituale an Feiertagen und dem Schabbat von kleinen jüdischen Gemeinden. Die reiche Dekoration, aber auch die schiere Größe und Beschaffenheit des Buches zeugen von einem lebendigen religiösen Leben und Alltag von Jüdinnen und Juden – zwischen enger Ko-Existenz mit der christlichen Mehrheit und Abgrenzungen zur Schärfung der eigenen Identität in den Gemeinden.