Dynamiken des Religiösen
Öffentlicher Gesprächsabend zum Auftakt des Themenjahres
Religionen sind vielfach treibende Kräfte für gesellschaftliche Veränderungsprozesse. Ihre Deutungsmuster spielen eine wichtige Rolle in gegenwärtigen Krisen und Konfl ikten. Im dritten Themenjahr des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ stehen religiöse Dynamiken von der Antike bis heute im Mittelpunkt öffentlicher Vorträge, Podien und Gesprächsabende, Filmvorführungen und Lesungen zeitgenössischer Autorinnen und Autoren. Diskutiert wird, wie religiöse Dynamiken in Gang kommen, wie Religionen gesellschaftliche Veränderungen anstoßen, beschleunigen und fördern, sie aber andererseits auch hemmen. Das Themenjahr greift Impulse aus den laufenden interdisziplinären Forschungsarbeiten des Exzellenzclusters auf und stellt sie an Beispielen zur Diskussion.
Dem mobilisierenden Potential von Religion in Geschichte und Gegenwart widmet sich der Gesprächsabend zum Auftakt des Themenjahres „Religiöse Dynamiken“ 2022/2023. Aus historischer, soziologischer und religionswissenschaftlicher Perspektive greifen die Diskutierenden den Untertitel „Dynamiken des Religiösen“ der aktuellen Förderphase des Exzellenzclusters auf und nehmen drei unterschiedliche Ebenen in den Blick – innerhalb von Religionen, zwischen Religionen sowie zwischen Religion und Gesellschaft.
Intrareligiöse Dimension: Wie erneuern Religionsgemeinschaften sich selbst und erweisen sich dadurch als refl exiv und lernfähig oder reaktivieren umgekehrt verschüttete Traditionen? Hierbei spielen sowohl Transzendierung und Sakralisierung, aber auch gegenläufige Bewegungen, etwa Desakralisierung, eine Rolle.
Interreligiöse Dimension: Welche Dynamiken ergeben sich aus dem Verhältnis zwischen verschiedenen Religionsgemeinschaften? Konkurrenz und Dialog zwischen Religionsgemeinschaften, ihre Abgrenzung voneinander, aber auch ihre Allianz (Ökumene) und Vermischung können zu Faktoren religiösen Wandels werden. Die Rezeption fremder religiöser Sinnformen und Praktiken und ihre zuweilen gleichzeitig erfolgende Abwehr stellen wichtige Formen religiöser Dynamisierung und Zentrierung dar.
Extrareligiöse Dimension: Weitere Formen der Dynamisierung des Religiösen ergeben sich aus dem Zusammenspiel mit soziokulturellen und historischen Kontexten. Schwung gewinnen religiöse Gemeinschaften oft, indem sie auch nicht-religiöse Interessen und Identitäten vertreten, zu beobachten etwa bei der nationalistischen Aufl adung der Zugehörigkeit zur Kirche in Russland, aber auch in der Verbindung religiöser Botschaften mit Angeboten auf dem Wellness- und Gesundheitsmarkt, mit Friedens- und Umweltthemen sowie mit der gesellschaftlichen Regulierung von Sexualität. Durch Religion können so andere Interessen verfolgt und politisch verstärkt werden, umgekehrt steigert Religion dadurch ihre gesellschaftliche Sichtbarkeit und Attraktivität.
Es diskutieren:
- Prof. Dr. Wolfram Drews, Historiker
- Prof. Dr. Detlef Pollack, Religionssoziologe
- Prof. Dr. Astrid Reuter, Religionswissenschaftlerin
- Moderation: Dr. Angela Marciniak, Politikwissenschaftlerin und Geschäftsführerin des Exzellenzclusters