Heilige Orte der Antike
Neuer Sammelband eröffnet interdisziplinären Blick auf sakrale Stätten des Altertums
Mit heiligen Orten der Antike befasst sich ein neuer Sammelband des Exzellenzclusters „Religion und Politik“, den der Alttestamentler Prof. Dr. Reinhard Achenbach im Zaphon-Verlag herausgegeben hat. Unter dem Titel „Heilige Orte der Antike“ versammelt die Publikation Beiträge der gleichnamigen Ringvorlesung, zu der der Forschungsverbund im Wintersemester 2013/14 eingeladen hatte. „Heilige Orte sind vom alltäglichen Leben abgesonderte Stätten mit einer sakralen Bedeutung, sie existieren in der Geschichte der Menschheit seit frühesten Zeiten in allen Weltregionen und Kulturen“, erläutert Prof. Achenbach. „Sie werden verbunden mit besonderen Symbolhandlungen ritueller Natur und dienen insofern auch der Konstituierung gemeinschaftlicher und individueller Identität.“
Der Band zeigt in archäologischen, althistorischen, religionswissenschaftlichen und theologischen Zugängen, dass Sakralorte, die über Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende bestanden, ebenso als Heilige Orte empfunden wurden wie nur kurzzeitig genutzte, fast einem individuellen Bedürfnis entsprungene Orte. So kommen in dem Band bekannte „Heilige Orte“ wie Jerusalem, Byzanz oder Medina, aber auch vor allem Fachwissenschaftlern vertraute Orte wie Nippur, Abydos oder der Dülük Baba Tepesi vor. „Die Beiträge beschreiben auf unterschiedlichste Weise die Transformationsprozesse, die bei der Ausbildung heiliger Orte, ihrem oft über viele Jahrhunderte währenden Betrieb, ihrem Niedergang und ihrer neuerlichen Nutzung im Spiel waren“, so Prof. Achenbach. Ihre Wirkung reiche häufig bis in die Gegenwart: „Unser Interesse gilt heiligen Orten, deren unmittelbare religiöse Nutzung teils andauert, teils erloschen ist, die aber gleichwohl als Menschheitserbe wichtige identitätsbildende Funktion für die historische Gedächtnis- und Erinnerungskultur besitzen.“
Die Faszination heiliger Orte
Die Ringvorlesung „Heilige Orte“ hatte namhafte Wissenschaftler der Archäologie, Ägyptologie, Islamwissenschaft und Theologie nach Münster geführt, deren Lebenswerk eng mit prominenten religiösen Orten verbunden ist. Dazu gehörten der Erlanger Archäologe Prof. Dr. Klaus Schmidt, der das älteste Bergheiligtum auf dem Göbekli Tepe in der Türkei ausgegraben hat, der Würzburger Archäologe Prof. Dr. Ulrich Sinn, einer der besten Kenner von Olympia und Delphi, sowie der Schweizer Theologe und Autor einer Jerusalem-Standardmonografie, Prof. Dr. Max Küchler. „Die Veranstaltungsreihe führte vor Augen, dass religiöse Stätten seit der Antike nichts von ihrer Anziehungskraft verloren haben, für Gläubige wie Nicht-Gläubige“, so Alttestamentler Achenbach. „Das zeigen Touristenmagnete wie die Tempel der Pharaonen, das Orakel von Delphi und der Vatikan.“ Zugleich seien heilige Stätten oft politisch und religiös umkämpft gewesen, wie heute Jerusalem. Gastgeber der Reihe waren der Exzellenzcluster und das Centrum für Geschichte und Kultur des östlichen Mittelmeerraums (GKM) der WWU. (sca/vvm)