Sein, Schein und Heuchelei
Interdisziplinäre Tagung des Exzellenzclusters zu Verstellungskünsten in der Geschichte
Mit Verhaltensweisen der Verstellung in Religion, Politik, Jurisprudenz und Wirtschaft befasst sich eine interdisziplinäre Tagung des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ vom 14. bis zum 16. Juni. Unter dem Titel „Verstellungskünste. Religiöse und politische Hypokrisie in Literatur und bildender Kunst“ untersuchen die Vortragenden das Phänomen der Heuchelei im Lauf der Geschichte. „Das Bemühen darum, Schein und Sein zu unterscheiden und die Diskrepanz von äußerer Repräsentation und innerer Haltung vor Augen zu führen, hat eine lange abendländische Tradition“, erläutert die Veranstalterin und Romanistin Dr. Pia Doering. Heuchelei und Verstellung werde zu allen Zeiten thematisiert, wobei verschiedene Felder – Religion, Politik, Jurisprudenz und Wirtschaft – in den Fokus treten könnten.
„Hypokrite Verhaltensweisen dienen der Durchsetzung persönlicher Interessen: dem Streben nach gesellschaftlichem Aufstieg, ökonomischen Vorteilen und politischer Macht, aber auch dem Schutz vor religiöser und politischer Verfolgung“, so Dr. Doering. Hypokrisie zu erkennen, sei nicht leicht, denn die Heuchler vollzögen eine bisweilen perfekte Anpassungsleistung an geltende Normen und Konventionen. „Literatur und bildende Kunst beobachten Praktiken der Hypokrisie und entwickeln Verfahren, um Aufrichtigkeit und Täuschung in der künstlerischen Darstellung unterscheidbar zu machen.“
Die interdisziplinäre Tagung will sich dem Phänomen der Hypokrisie epochenübergreifend aus historischer, kunstgeschichtlicher, literaturwissenschaftlicher, juristischer und philosophischer Perspektive annähern. In welchen historischen Kontexten erscheinen den Handelnden hypokrite Verhaltensweisen notwendig oder besonders erfolgversprechend? Welche Tugenden simulieren die Heuchler, welche Laster oder Normverstöße verschleiern sie? Welche Darstellungsmodi finden Literatur und Malerei, um Heuchelei sichtbar werden zu lassen? Diese und andere Fragen sollen die gemeinsame Diskussion leiten.