„Religiöse Tiefengrammatik“
Buchvorstellung zur konfessionellen Prägung wohlfahrtsstaatlicher Leitbegriffe in Deutschland
Forschungsergebnisse zur konfessionellen Prägung wohlfahrtsstaatlicher Leitbegriffe in Deutschland stellen die Sozialethiker Prof. Dr. Karl Gabriel und Prof. Dr. Hans-Richard Reuter in einer öffentlichen Buchvorstellung des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ und des Centrums für Religion und Moderne (CRM) der WWU vor. Die Wissenschaftler haben den Sammelband „Religion und Wohlfahrtsstaatlichkeit in Deutschland. Konfessionen – Semantiken – Diskurse“ 2017 im Verlag Mohr Siebeck herausgegeben. Die Vorträge kommentieren der Soziologe und evangelische Theologe Prof. Dr. Günter Brakelmann von der Ruhr-Universität Bochum und der katholische Theologe und Ökonom Prof. Dr. Friedhelm Hengsbach von der Katholischen Akademie Rhein-Neckar in Ludwigshafen. Die Buchvorstellung findet am Donnerstag, 28. Juni 2018, 18.15 Uhr in der Katholisch-Theologischen Fakultät der WWU, Seminarraum KTh I, Johannisstraße 8-10, statt.
Für Deutschland gilt in besonderer Weise, dass seine Tradition eines korporatistischen Sozialversicherungsstaats mit dualer Wohlfahrtspflege ohne Berücksichtigung des religiösen Faktors nicht begriffen werden kann, wie die Herausgeber erläutern. In einer Integration von begriffsgeschichtlichen und wissenssoziologischen Zugängen untersuchen sie die Bezugnahme religiöser Akteure auf wohlfahrtsstaatliche Leitsemantiken in Deutschland seit dem Kaiserreich in ihrer konfessionsspezifischen Prägung.
Die Autoren analysieren zum einen institutionelle Semantiken, gekennzeichnet durch Begriffe wie „Staat“, „Wirtschaft“, „Arbeit“ und „Armut“, zum anderen Wertsemantiken, die mit Begriffen wie „Gerechtigkeit“, „Solidarität“ und „Sicherheit“ ihren Ausdruck finden. Die Beiträge zeigen, wie sich auf dem semantischen Feld der Kampf sowohl zwischen den Konfessionen als auch zwischen religiösen und säkularen Akteuren um die Welt des Sozialen abspielt. Sie eröffnen einen Blick auf die religiöse Dimension der „Tiefengrammatik des deutschen Wohlfahrtsstaats“.
Der Band ist am Exzellenzcluster im Forschungsprojekt Projekt A7 Die religiöse Tiefengrammatik des Sozialen entstanden. Karl Gabriel und Hans-Richard Reuter sind Mitglieder des CRM sowie Seniorprofessoren am Exzellenzcluster „Religion und Politik“. Die Wissenschaftler hatten bereits 2013 mit den Theologen Andreas Kurschat und Stefan Leibold den Band „Religion und Wohlfahrtsstaatlichkeit in Europa. Konstellationen – Kulturen – Konflikte“ herausgegeben, in dem religiös-konfessionelle Einflüsse auf die sozialstaatliche Entwicklung in dreizehn europäischen Ländern von der Industrialisierung bis zur Gegenwart untersucht wurden. (Mohr Siebeck/maz)