„Spirituelle Revolution“
Workshop mit Hans-Blumenberg-Gastprofessorin Linda Woodhead zu Konfessionslosen
Mit der wachsenden Zahl von Religions- und Konfessionslosen in europäischen Ländern und den USA befasst sich ein internationaler Workshop am Exzellenzcluster „Religion und Politik“. Die renommierte britische Religionssoziologin Prof. Dr. Linda Woodhead, die im Sommersemester als Hans-Blumenberg-Gastprofessorin am Exzellenzcluster forscht, diskutiert vom 4. bis 5. Mai gemeinsam mit Mitgliedern des Exzellenzclusters und weiteren Forschern aus Europa und den USA über das sozial-strukturelle Profil der Konfessionslosen und ihre religiösen Einstellungen.
„Wir fragen danach, wer die Konfessionslosen sind und warum ihre Zahl zunimmt“, sagt der Sprecher des Exzellenzclusters, Religionssoziologe Prof. Dr. Detlef Pollack. „Wir wollen besser verstehen, warum Menschen die Kirche verlassen.“ Untersucht werde, in welchem Maße Kirchenaustritte und inwieweit ausbleibende Taufen den Trend zur Konfessionslosigkeit verstärken. „Den Ursachen des Phänomens gehen wir auch nach, indem wir die religiöse Sozialisation in Familien analysieren, die die Kirchenbindung stets stark beeinflusst.“
Formenwandel des Religiösen
Der Blumenberg-Workshop erörtert die von Linda Woodhead aufgeworfene These der ”spiritual revolution“. „Sie legt einen Wandel des Religiösen in modernen Gesellschaften dar, durch den neue individualistische und synkretistische Religionsformen an Bedeutung gewinnen“, erläutert Professor Pollack. Die neuen Religionsformen treten nach Woodhead mehr und mehr an die Stelle rückläufiger kirchlicher Bindung. Die Wissenschaftlerin beschreibt dies gemeinsam mit dem Fachkollegen Paul Heelas im gleichnamigen Buch „The Spiritual Revolution: Why Religion is Giving Way to Spirituality“ von 2005 (Die spirituelle Revolution: Warum Spiritualität die Religion verdrängt).
Die Workshop-Teilnehmer wollen die religiösen Einstellungen von Konfessionslosen mit denen von Menschen vergleichen, die einer Kirche angehören. Sie analysieren etwa, ob Konfessionslose nach quasi-religiösen Ersatzformen suchen und ob sie noch hohe Erwartungen an die Kirche haben. „Wir untersuchen aus interdisziplinärer Perspektive Prozesse der Säkularisierung und Re-Sakralisierung in west- und osteuropäischen Staaten sowie den USA“, sagt Professor Pollack. Ziel sei es, Mechanismen zu identifizieren, die für diese Prozesse verantwortlich sind.
Der Blumenberg-Workshop trägt den Titel „‘Nones’ in selected countries in Western and Eastern Europe and the U.S – a Comparison“ (Konfessionslose in ausgewählten Ländern West- und Osteuropas und den USA – ein Vergleich). Erwartet werden Forscherinnen und Forscher aus Großbritannien, Nordirland, den Niederlanden, der Schweiz, Estland, Ungarn, Deutschland und den USA.
Hans-Blumenberg-Gastprofessur 2017
Die Veranstaltung findet im Rahmen der „Hans-Blumenberg-Gastprofessur“ von Linda Woodhead am Exzellenzcluster „Religion und Politik“ statt. . Sie erörtert die Frage nach der wachsenden Zahl der Religions- und Konfessionslosen weltweit auch in einem öffentlichen Vortrag. Er trägt den Titel „Is ‘No Religion’ the New Religion?“. Der englischsprachige Blumenberg-Vortrag ist am Montag, 8. Mai um 18.15 Uhr im Hörsaalgebäude des Exzellenzclusters, Raum JO 101, Johannisstraße 4 in Münster zu hören. (dak/vvm)