Eid und Außenpolitik
Zur religiösen Fundierung der Akzeptanz zwischenstaatlicher Vereinbarungen im vorrömischen Griechenland
Unter dem Titel „Eid und Außenpolitik“ hat der Althistoriker Dr. Sebastian Scharff eine Monografie über zwischenstaatliche Vereinbarungen im vorrömischen Griechenland und deren religiöse Fundierung vorgelegt, die am Exzellenzcluster „Religion und Politik“ entstanden ist. „Die integrative Kraft von Eiden als einem Fundament der inneren Ordnung griechischer Gemeinwesen wird von den antiken Quellen viel beschworen und von der modernen Forschung häufig konstatiert“, erläutert der Autor. „Was passierte jedoch, wenn der Eid die Grenzen einer Polis überschritt? Wie konnte der Eid in einem Kontext funktionieren, in dem das Recht des Stärkeren ganz offen zur Handlungsmaxime erklärt werden konnte?“ Der Wissenschaftler untersucht mit den Schwurgötterlisten griechischer Staatsverträge, dem Eidritual und der Praxis der Aufstellung von Verträgen in Heiligtümern genau die Elemente griechischer Religiosität, derer man sich bediente, um die zwischenstaatlichen Beziehungen abzusichern, die sich im antiken Griechenland vielerorts in einem dauerhaft prekären Zustand befanden.
„Über die Absicherung konkreter Verträge hinaus kam dem Eid eine immens wichtige Rolle in der Kommunikation zwischen Staaten zu“, so Scharff. Er analysiert in seiner Studie detailliert, wie, wann und warum man im zwischenstaatlichen Verkehr des antiken Griechenlands mit Eiden argumentierte. Quellengrundlage sind erstmals alle epigraphisch und historiographisch überlieferten griechischen Vertragseide von der archaischen Zeit bis zum Tag von Eleusis im Jahr 168 vor Christus. Das Buch ist im Franz Steiner Verlag erschienen. Es handelt sich um Band 241 der Reihe „Historia Einzelschriften“, die sich der Erforschung der Epoche der griechisch-römischen Antike widmet.
Sebastian Scharff war von 2008 bis 2013 wissenschaftlicher Mitarbeiter in den Projekten C2 „Parteiische Götter – konkurrierende Götter. Die Rolle von Kulten und Heiligtümern in antiken Staatsverträgen“ und B2-6 „Politisch-religiöse Interdependenzen in sakralen Räumen. Epigraphische Texte im Umfeld antiker griechischer Heiligtümer“ unter Leitung von Althistoriker Prof. Dr. Peter Funke. Danach war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Historischen Institut, Lehrstuhl für Alte Geschichte der Universität Mannheim. Derzeit hat er eine Fellowship am Center for Hellenic Studies der Harvard Universtiy in Washington DC inne. (exc/vvm)