Glaube und Gender in TV-Nachrichten
Neues Buch aus der Graduiertenschule untersucht Umgang mit Religion in US-Medien
Das dynamische Verhältnis von Religion und Geschlechterordnung in den US-Medien steht im Mittelpunkt eines neuen Buches aus der Graduiertenschule des Exzellenzclusters. Unter dem Titel „Moral Leaders“ („Moralische Führungsfiguren“) untersucht Historiker Felix Krämer in seiner Dissertationsschrift den Wandel der politischen Öffentlichkeit in den USA zwischen 1969 und 1989. „Entlang der TV-Nachrichten führt die Geschichte von den Emanzipationsbewegungen der späten 1960er Jahre – etwa der Frauenbewegung, Black Power und Gay Liberation – über eine angebliche Krise der US-Männlichkeit bis in die politische Landschaft der 1980er Jahre“, so der Autor. Das Buch trägt den Untertitel „Medien, Gender und Glaube in den USA der 1970er und 1980er Jahre“ und ist im transcript Verlag erschienen.
Religion und Geschlechterordnung standen im untersuchten Zeitraum in enger Wechselwirkung, wie Krämer in der Promotionsstudie darlegt. Er betrachtet TV-Gottesdienste als Resonanzräume politischer Botschaften und ordnet das mediale Programm der Zeitgeschichte in den USA neu. Eine entscheidende Triebfeder diskursiven Wandels verortet er in einer dynamischen Fernsehöffentlichkeit. Den wachsenden Einfluss einer weißen evangelikalen Bewegung Ende der 1970er Jahre und die wachsende Bedeutung politischer Predigten analysiert der Historiker anhand der Abendnachrichten der wichtigsten drei Fernsehkanäle ABC, CBS und NBC. In den Blick nimmt die Untersuchung auch Führungsideale, die mediale Darstellung von Themen wie Abtreibung oder die Moralisierung von AIDS in der US-amerikanischen Öffentlichkeit.
Die Studie kommt zu dem Schluss, dass sich ein bestimmtes Ideal moralischer Führung um 1980 in der Öffentlichkeit in den USA ausbreitete. Politiker seien zunehmend zu Predigern geworden. Für die US-amerikanische Medienwelt der 1970er und 1980er Jahre gab es demnach keine klare Trennung in eine säkulare und religiöse Sphäre. Krämers Analyse der US-Zeitgeschichte zeigt auch, wie die Entwicklung zu einer televisualisierten Politik die soziale Ordnung der Präsidentenzeit Ronald Reagans (1981-1989) prägte.
Felix Krämer war von 2008 bis 2012 Doktorand an der Graduiertenschule des Exzellenzclusters. Seit Oktober 2013 arbeitet er als Postdoktorand am Graduiertenkolleg „Dynamiken von Raum und Geschlecht“ in Kassel und Göttingen. (han/vvm)