Erstmals „Streitgespräche über Gott und die Welt“
Neues Format des Exzellenzclusters bringt Theologien, Geistes- und Naturwissenschaften ins Gespräch – 100 Jahre evangelische Theologie in Münster – „Kein Fach kann komplexe Zukunftsfragen allein beantworten“
Pressemitteilung des Exzellenzclusters vom 31. März 2014
Der Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Uni Münster will den Austausch zwischen Theologien, Geistes- und Naturwissenschaften fördern. Dazu lädt er gemeinsam mit der evangelischen Theologie erstmals zur öffentlichen Veranstaltungsreihe „Streitgespräche über Gott und die Welt“ ein. Theologe und Dekan Prof. Dr. Reinhard Achenbach vom Vorstand des Exzellenzclusters erläutert: „Unsere Gesellschaften stehen vor grundlegenden politischen, sozialen und ethischen Herausforderungen, wie die Diskussion um Sterbehilfe für Kinder oder die Folgen der Finanzkrise zeigen.“ Auf solche komplexen Fragen könne kein Fach mehr alleine antworten. „Die Disziplinen sollten gemeinsam darum ringen.“
Bei den Streitgesprächen vom 8. April bis 8. Juli werden dienstags je ein Theologe und ein Nicht-Theologe drängende Zukunftsfragen diskutieren, auch mit dem Publikum. „Der erste Schritt zum interdisziplinären Austausch ist der Streit“, so der Forscher. „Ohne Streit gibt es keine Wissenschaft. Er ist ebenso wichtig wie der Zweifel.“ Die neue Reihe steht im Zentrum des Jubiläumsjahres der Evangelisch-Theologischen Fakultät. Sie feiert ihr 100-jähriges Bestehen, zunächst mit einem Festakt am 24. April im Schloss. Es folgen zahlreiche Vorträge, Konzerte und Tagungen.
Hirnforschung, Kosmologie, Wirtschaftsethik
Die Themen der Streitgespräche reichen von den Ursprüngen des Universums und der Hirnforschung über Wirtschaftsethik und Friedenspolitik bis zum Miteinander der Religionen und ihrem Verhältnis zum Atheismus. Eingeladen sind renommierte Forscher der Uni Münster und anderer Hochschulen in Deutschland, Frankreich und der Schweiz: Evangelische, katholische und islamische Theologen debattieren mit Vertretern aus Philosophie, Physik, Medizin, Religionssoziologie und -wissenschaft, Judaistik, Rechts-, Politik- und Wirtschaftswissenschaften. Darunter sind der Freiburger Neurobiologe Prof. Dr. Robert-Benjamin Illing, der Präsident der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE), Landesbischof Friedrich Weber, die Münsteraner Medizinethikerin Prof. Dr. Bettina Schöne-Seifert, der Münsteraner Physiker Prof. Dr. Markus Donath, der Grünen-Politiker und Experte für Friedenspolitik, Winfried Nachtwei, und Dr. Michael Schmidt-Salomon vom Vorstand der Giordano-Bruno-Stiftung.
„Das Verhältnis zwischen Theologie und Nicht-Theologie – zwischen bekenntnisgebundener und bekenntnisneutraler Forschung – ist nicht spannungsfrei, der Austausch dafür aber umso spannender“, so Alttestamentler Reinhard Achenbach. „Die einen blicken von außen auf Religion, die anderen von innen.“ Dabei gehe es Theologen nicht darum, anderen Wissenschaftlern ihr Weltbild vorzuschreiben. Vielmehr bestehe die Chance, dass die Fächer gegenseitig voneinander lernen: „Bibelexegeten könnten ohne geschichtswissenschaftliche Methoden nicht arbeiten, Pastoraltheologen nicht ohne die Einsichten der Psychologie.“ Umgekehrt fragten Ökonomen, auch in Folge der Wirtschaftskrise, zunehmend die Expertise von Theologen nach, etwa zum Thema internationale Gerechtigkeit.
„Die Medizin wiederum hat ungeheure Fortschritte gemacht, Leben zu verlängern“, so der Theologe. „Doch bei Entscheidungen am Lebensende stößt sie an Grenzen und sucht das Gespräch mit der Ethik.“ Auch in der Hirnforschung könnten Fächer sich ergänzen. „In der Regel beschreiben Naturwissenschaftler nicht das Übersinnliche“, so Prof. Achenbach. „Aber seit einigen Jahren interessieren sich Neurologen für den Ursprung von Religion, sie untersuchen physiologische Reaktionen auf religiöse Erfahrungen.“ Auch hier könne der Dialog mit Theologen neue Perspektiven bieten. „Der Mensch ist nicht nur ein biologisches Wesen, er hat auch soziale, psychologische und religiöse Merkmale.“ Hier bestehe noch „viel Gesprächsbedarf“.
Die Streitgespräche sind dienstags von 18.15 bis 19.45 Uhr in Hörsaal F1 im Fürstenberghaus am Domplatz 20-22 in Münster zu hören, am Platz der regelmäßigen Ringvorlesung des Exzellenzclusters „Religion und Politik“. Das neue Format trägt den Untertitel „Disputationen zwischen Theologie, Natur- und Gesellschaftswissenschaften“. (vvm/ska)
Programm
Pluralität der Religionskulturen |
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08.04.2014 | Andreas Feldtkeller (Evangelische Theologie/ Religions- und Missionswissenschaft sowie Ökumenik, Berlin) und Perry Schmidt-Leukel (Religionswissenschaft und Interkulturelle Theologie, Münster) Moderation: Jutta Sperber (Religionswissenschaft, Münster) |
Eine Religion – viele Religionen |
15.04.2014 | Dorothea Sattler (Katholische Theologie, Münster) und Hans-Peter Großhans (Evangelische Theologie/ Ökumenische Theologie, Münster) Moderation: Jürgen Werbick (Katholische Theologie/ Fundamentaltheologie, Münster) |
Eine Kirche – viele Kirchen |
22.04.2014 | Eva Maria Hinterhuber (Soziologie, Berlin), Susanne Talabardon (Judaistik, Bamberg) und Milad Karimi (Islamische Philosophie/ Zentrum für Islamische Theologie, Münster) Moderation: Perry Schmidt-Leukel (Religionswissenschaft und Interkulturelle Theologie, Münster) |
Christen – Juden – Muslime |
Gott denken |
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29.04.2014 | Michael Schmidt-Salomon (Philosoph und Vorstand Giordano-Bruno-Stiftung, Oberwesel) und Armin Kreiner (Katholische Theologie/ Fundamentaltheologie, München) Moderation: Michael Beintker (Evangelische Theologie/ Reformierte Theologie, Münster) |
Atheismus und traditionelle Religion |
06.05.2014 | Markus Donath (Physik, Münster) und Samuel Vollenweider (Evangelische Theologie/ Neues Testament, Zürich) Moderation: Matthias Schleiff (Evangelische Theologie/ Reformierte Theologie, Münster) |
Gott – Mensch – Universum |
13.05.2014 | Karl-Heinz Ohlig (Religionswissenschaft, Saarbrücken) und Michael Beintker (Evangelische Theologie/ Reformierte Theologie, Münster) Moderation: Hans-Peter Großhans (Evangelische Theologie/ Ökumenische Theologie, Münster) |
Monotheismus – Polytheismus – Trinität? |
Naturwissenschaft und Theologie |
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20.05.2014 | Robert-Benjamin Illing (Neurologie, Freiburg) und Dirk Evers (Evangelische Theologie/ Systematische Theologie, Halle) Moderation: Traugott Roser (Evangelische Theologie/ Praktische Theologie, Münster) |
Neurologie und Kognitionswissenschaft: Entsteht die Religion im Gehirn? |
27.05.2014 | Bettina Schöne-Seifert (Medizinethik, Münster) und Reiner Anselm (Evangelische Theologie/ Theologische Ethik, Göttingen) Moderation: Thomas Gutmann (Rechtsphilosophie und Medizinrecht, Münster) |
Der Beginn des Lebens |
03.06.2014 | Hartmut Schmidt (Leiter der Transplantationsmedizin am Universitätsklinikum Münster) und Traugott Roser (Evangelische Theologie/ Praktische Theologie, Münster) Moderation: Christian Grethlein (Evangelische Theologie/ Praktische Theologie, Münster) |
Das Ende des Lebens |
Theologie und Gesellschaft |
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17.06.2014 | Matthias Casper (Rechtswissenschaft/ Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, Münster) und Traugott Jähnichen (Evangelische Theologie/ Christliche Gesellschaftslehre, Bochum) Moderation: Ludwig Siep (Philosophie, Münster) |
Internationale Gerechtigkeit: Herausforderungen an die Wirtschaftsethik |
24.06.2014 | Landesbischof Friedrich Weber (Präsident der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE), Braunschweig) und Ulrich Willems (Politikwissenschaft, Münster) Moderation: Reinhard Achenbach (Evangelische Theologie/ Altes Testament, Münster) |
Europa und die Verantwortung der Religionsgemeinschaften |
01.07.2014 | Hans-Georg Ziebertz (Katholische Theologie/ Religionspädagogik, Würzburg) und Bernhard Dressler (Evangelische Theologie/ Religionspädagogik, Marburg) Moderation: Detlef Pollack (Religionssoziologie, Münster) |
Religion und Bildung |
08.07.2014 | Wolfgang Lienemann (Evangelische Theologie/ Systematische Theologie, Bern) und Winfried Nachtwei (Mitglied des Bundestags a.D., Bündnis 90/ Die Grünen, Münster) Moderation: Karl Gabriel (Katholische Theologie/ Christliche Sozialwissenschaften, Münster) |
Friedensethik |
Streitgespräche über Gott und die Welt. Disputationen zwischen Theologie, Natur- und Gesellschaftswissenschaften
Sommersemester 2014
8. April bis 8. Juli 2014
dienstags 18.15 bis 19.45 Uhr
Hörsaal F1 im Fürstenberghaus
Domplatz 20-22
48143 Münster