Missionare und ihre Medien

Neuer Band untersucht Form und Funktion der Missionspropaganda des 19. Jahrhunderts

Buchcover „Missions and Media“

Buchcover „Missions and Media“

Mit Zeitschriften von Missionsgesellschaften des 19. Jahrhunderts befasst sich ein neues Buch aus dem Exzellenzcluster „Religion und Politik“. Der englischsprachige Sammelband „Missions and Media“, den die Historikerinnen Dr. Felicity Jensz und Hanna Acke von der Graduiertenschule des Forschungsverbundes herausgegeben haben, bietet ein breites Spektrum an Fallstudien. Geographisch reicht es von Europa, Nordamerika und Neuseeland als Heimat der Missionsorganisationen bis in die Zielregionen der Mission in Asien, Afrika und Ozeanien.

Das Buch bietet einen breitgefächerten Einblick in die Missionspropaganda des 19. Jahrhunderts und liefert neue Einsichten über Form und Funktionen von Missionszeitschriften. „Obwohl es darunter Zeitschriften gab, die höhere Auflagenzahlen hatten als große Tageszeitungen, erhielten sie bisher als eigenes Genre kaum Aufmerksamkeit“, schreibt Historikerin Jensz. Der Band zeigt, dass Missionszeitschriften im 19. Jahrhundert nicht nur eine wichtige Quelle für Informationen über außereuropäische Länder waren, sondern ihre Erforschung heute auch zu der laufenden Debatte beitragen kann, inwiefern Missionare als Kulturträger in andere Nationen hinein wirkten.

Das „fremde Andere“

Die Autoren des Bandes analysieren Magazine wie die deutsche „Allgemeine Missions-Zeitschrift“, die französischen „Lettres Édifiantes et Curieuse“ und Schriften, die über die Missionsarbeit in China berichteten. Untersucht werden auch Zeitschriften von Missionsgesellschaften wie der deutschen lutherischen Mission in Neuguinea oder der methodistischen „Indian Coolie Mission“ auf den Fidschi-Inseln. Die ausgewählten Fälle zeigen, wie Missionsorganisationen das Medium Zeitschrift nutzten, um gesellschaftlichen Rückhalt und finanzielle Unterstützung für die Missionsarbeit zu sichern.

„Häufig konstruierten sie effekthascherische und exotisierende Bilder eines ‚fremden Anderen‘, um das Interesse der Leserschaft daheim zu wecken“, erläutert Mitherausgeberin Hanna Acke. Diese Bilder hätten vielfach westliche Stereotype über Afrika, Asien und andere fremd erscheinende Regionen bedient oder gar neu begründet. Auch Organisationen, die in europäischen Ländern missionierten – etwa die „London Missionary Society“, die versuchte, die jüdische Bevölkerung in Polen zu evangelisieren – gaben solche Zeitschriften heraus. „Was die Leserschaft zu Gesicht bekam, hatte mehrere Zensurhürden überwunden, sei es die Selbstzensur des Verfassers, der Missionsgesellschaft oder auch durch die Landespolitik“, ergänzt Jensz. „Deswegen muss man diese Stereotype daraufhin befragen, was für Interessen dahinter standen.“

„Ein beliebtes Massenmedium“

Die Leserschaft der Missionszeitschriften war den Herausgeberinnen zufolge breit gefächert. „Neben dem christlichen Publikum in der Heimat der Organisationen richteten sich Missionszeitschriften an die neuen Christen vor Ort, die auch Beiträge in ihrer eigene Sprache schrieben.“ Manche Zeitschriften seien für spezielle Lesergruppen wie Kinder oder Frauen gemacht worden, etwa die britische Schrift „Chinese Bible Woman’s Mission“. Die Missionsgesellschaften nahmen den Historikerinnen zufolge neue Technologien wie das Druckverfahren Autotypie schnell auf. „Die Zeitschriften wurden ein beliebtes Massenmedium, das weitere Medien wie Fotos, Zeichnungen, Briefe und Berichte integrieren konnte.“

Das Buch mit dem Titel „Missions and Media. The Politics of Missionary Periodicals in the Long Nineteenth Century“ („Missionen und Medien. Die Politik von Missionszeitschriften im langen 19. Jahrhundert“) ist im Juli im Franz Steiner Verlag erschienen. Das Buch ist aus der Zusammenarbeit der Herausgeberinnen am Exzellenzcluster hervorgegangen, die beide zum Thema Missionierung forschen.

Dr. Felicity Jensz ist Mentorin an der Graduiertenschule des Forschungsverbundes und leitet das Projekt B2-11 „Educating the ‚Natives‘: Schools, missions, and governments in the British colonial world“ (Die „Eingeborenen“ erziehen: Schulen, Missionen und Regierungen im britischen Kolonialreich). Hanna Acke promoviert in der Graduiertenschule des Exzellenzclusters zum Thema „‚Bis ans Ende der Welt‘ – Eine diskursanalytische Untersuchung der Legitimierung christlicher Mission in den Publikationen des Schwedischen Missionsbundes um 1900“. (han/vvm)


Hinweis: Felicity Jensz, Hanna Acke (Hgg.): Missions and Media. The Politics of Missionary Periodicals in the Long Nineteenth Century, Missionsgeschichtliches Archiv – Band 20, Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2013, ISBN 978-3-515-10304-6, 263 Seiten, 46 Euro.

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