Buchdeckel des Evangeliars der Äbtissin Theophanu
Herausragende Exponate der Ausstellung „Goldene Pracht“ - Teil 7
Der ungewöhnliche Buchdeckel, den die Essener Äbtissin Theophanu (997–1058) stiftete, erzählt in der Ausstellung „Goldene Pracht“ davon, dass Adlige im Mittelalter hochkarätige Goldschmiedearbeiten in Auftrag gaben, um Gott und die Heiligen zu ehren. Als Gegenleistung für wertvolle irdische Gaben erhofften sich Menschen wie Theopanu, dass Gott ihre Zeit im Fegefeuer verkürze. Die Sorge der Äbtissin um ihr Seelenheil bezeugt in der Ausstellung neben den sakralen Kunstwerken, die sie ihrem Konvent in dieser Absicht schenkte, auch ihr bis heute erhaltenes Testament.
Das kostbare Exponat aus der Mitte des 11. Jahrhunderts, das heute im Essener Domschatz verwahrt wird, ist im zweiten Raum der Ausstellung „Karl der Große und die Folgen“ zu sehen, der beispielhaft die Anfänge der Stiftung kirchlicher Kunst im westfälischen Raum im 10. bis 12. Jahrhundert präsentiert.
Der Buchdeckel gehörte ursprünglich zu einem ebenfalls erhaltenen und reich geschmückten Evangeliar. Im 18. Jahrhundert wurde der Vorderdeckel vom Evangeliar und vom rückwärtigen Einband getrennt. Vor einigen Jahrzehnten konnte mittels besonderer Analysemethoden wahrscheinlich gemacht werden, dass der Buchdeckel und das Borghorster Stiftskreuz vielleicht in derselben Werkstatt gefertigt wurden: Es besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass die Bienenwachsfüllungen in den Heiligenreliefs am Kreuz und im Buchdeckel Wachs enthielten, das von denselben Bienenvölkern stammt.
Die Äbtissin Theophanu gehörte als Tochter des Pfalzgrafen Ezzo (996–1034) und der ottonischen Kaisertochter Mathilde (979-1025) zu den Nachkommen der ottonischen Königsfamilie. Erzbischof Hermann von Köln (995–1056), ihr Bruder, sowie zahlreiche Schwestern, die gleichfalls Äbtissinnen im lothringisch-sächsischen Raum waren, profilierten sich als herausragende Stifterpersönlichkeiten in salischer Zeit, die mit Kaiser Heinrich III. (1017–1056) in engem Kontakt standen. (exc)